Rz. 6

Anerkannte Träger der freien Jugendhilfe können an der Durchführung von Aufgaben entweder beteiligt werden oder ihnen können Aufgaben zur Ausführung übertragen werden.

Die Beteiligung an der Durchführung von Aufgaben bezieht sich nach ihrem Wortsinn auf Fälle, in denen der öffentliche Träger den freien Träger mit der Umsetzung von Teilen einer Aufgabe betraut. Diese kann unselbständig zur Erfüllung nach Weisung der Behörde erfolgen (Verwaltungshelfer) oder der freie Träger kann – dem Kooperationsprinzip eher angemessen – selbständig und weisungsfrei im Auftrag der öffentlichen Jugendhilfe auf vertraglicher Grundlage handeln und eingebunden sein (Erfüllungsgehilfe).

 

Rz. 7

Die Aufgabenübertragung zur Ausführung meint dagegen die Wahrnehmung des Vollzuges von Aufgaben im eigenen Namen. Der Umfang der Befugnisse, die von der öffentlichen Jugendhilfe mit übertragen werden können, wird vom Gesetzgeber nicht beschränkt. Die Ermächtigung schließt damit entgegen verbreiteter Auffassung auch die Übertragung obrigkeitlicher Verwaltungsbefugnisse mit ein (zutreffend Wiesner, SGB VIII, § 76 Rz. 12; ebenso schon Bless, ZfJ 1960 S. 321, 325 ff.; Neumann, Freiheitsgefährdung, S. 226 ff., insbesondere S. 229; a. A. Münder, in: Münder u. a., FK-SGB VIII, § 76 Rz. 3; Grube, in: Hauck-Noftz, SGB VIII, § 76 Rz. 5, Stand: 2009; Füßer/Wolfrum, SächsVBl. 2014 S. 101, 103). Das entspricht dem Verständnis entsprechender Formulierungen in anderen Gesetzen (siehe z. B. § 10 Abs. 5 BSHG = § 5 Abs. 5 Satz 1 SGB XII; § 7 Abs. 2 WaStrG; § 1 Abs. 2 Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz v. 30.8.1994, BGBl. I S. 2243 ff.). Eine so weitreichende Übertragung von Befugnissen ist mit der verbleibenden Verantwortlichkeit der öffentlichen Jugendhilfe nach Abs. 2 auch vereinbar. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel richten sich gegen diese. Im Innenverhältnis gelten Auftragsgrundsätze und die konkreten Regelungen des Übertragungsaktes (Verwaltungsakt oder Vertrag).

 

Rz. 8

Nicht umfasst sein dürfte dagegen die Beleihung, wie sich bereits aus der Gesetzesbegründung ergibt (BT-Drs. 11/5948 S. 99 zu § 68 Abs. 2; vgl. ausführlich Maas/Törnig, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Jugendhilferecht, § 76 Rz. 7). Sie setzt die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung im eigenen Namen voraus (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 23 Rz. 56). Der Gesetzgeber hat die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Aufgaben indessen nach Abs. 2 gerade beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe belassen (überzeugend Wiesner, SGB VIII, § 76 Rz. 12; so auch DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2010 S. 430). Der Erlass von Verwaltungsakten im eigenen Namen ist damit unvereinbar, weil ihr die jederzeitige unmittelbare Aufhebung von Rechtsakten damit nicht möglich wäre (vgl. BT-Drs. 16/9299 S. 18).

 

Rz. 8a

Eine davon zu unterscheidende Frage ist die, ob der Erlass von Verwaltungsakten (z. B. Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege) im Namen der Verwaltung möglich wäre. Das Gesetz steht dem nicht entgegen. Ausgeschlossen ist mit der Aufgabenübertragung nur zur Ausführung lediglich der Erlass im eigenen Namen. Die Aufgabenübertragung zur Ausführung geht gerade über die bloße Aufgabenumsetzung hinaus. Der Umfang der Aufgabenübertragung wird im Betrauensakt geregelt. In Abgrenzung zur Beleihung darf der Erlass von Verwaltungsakten allerdings nur im Namen der öffentlichen Jugendhilfe erfolgen. Diese bleibt verantwortlich und kann Weisungen zum Erlass oder zur Aufhebung des Verwaltungsaktes erteilen.

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