Rz. 24

§ 7 Abs. 1 Satz 2 ordnet eine entsprechende Anwendung des § 20 SGB XII an. Über § 20 SGB XII wird auf § 36 SGB XII verwiesen.

 

Rz. 25

Im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 13/10155) finden sich zu § 7 Abs. 1 Satz 2 folgende Anmerkungen:

"Die bisherige Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 beschränkt sich hinsichtlich des Einkommens- und Vermögenseinsatzes nur auf Familienangehörige. Eheähnliche Lebensgemeinschaften fallen nicht darunter. Zur Vermeidung dieser Privilegierung des Personenkreises der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gegenüber Leistungsempfängern nach dem Bundessozialhilfegesetz wird § 7 Abs. 1 entsprechend ergänzt."

 

Rz. 26

Den Begriff der eheähnlichen Lebensgemeinschaft hat das BVerfG in einer Grundsatzentscheidung v. 17.11.1992 (BVerfGE 87 S. 234 = NDV 1993 S. 134) definiert und dargelegt, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nur vorliege, "wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen bestehen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann". Die Feststellung einer solchen "Einstandsgemeinschaft" ist im Hinblick auf die darin enthaltene subjektive Komponente der wechselseitigen Einstandbereitschaft häufig sehr schwierig und Gegenstand zahlloser Gerichtsentscheidungen im Bereich des SGB II und SGB XII, aber auch des Asylbewerberleistungsgesetzes. Indizien für das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft im Unterschied zur bloßen Wohngemeinschaft sind etwa die gemeinsame Pflege naher Verwandter, das gemeinsame Aufziehen von Kindern, die wechselseitige Möglichkeit, auf das Konto des Partners zuzugreifen, das Zusammenleben in einer Wohnung unter gemeinsamer Nutzung sämtlicher Räumlichkeiten über einen längeren Zeitraum (länger als ein Jahr; vgl. etwa § 7 Abs. 3a SGB II) sowie das wechselseitige Einsetzen in Verträgen über Vermögenswerte als Begünstigte. Im Einzelfall ist nach umfassender Ermittlung des Sachverhaltes, die auch eine Inaugenscheinnahme der Wohnung beinhalten kann, eine Abwägung der für und gegen die Einstandsgemeinschaft sprechenden Gesichtspunkte vorzunehmen. Dabei kommt auch eine Zeugenbefragung des – vermeintlichen – Partners in Betracht.

 

Rz. 27

Entgegen der früheren Rechtsprechung des BVerwG (Urteil v. 17.5.1995, 5 C 16/93) dürfte nicht mehr erforderlich sein, dass es sich um Partner unterschiedlichen Geschlechtes handelt. Nach Sinn und Zweck des Lebenspartnerschaftsgesetzes und unter Berücksichtigung der geänderten Anschauungen in der Gesellschaft dürften nunmehr auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften von dem Begriff der eheähnlichen Lebensgemeinschaft erfasst werden (so auch Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 7 AsylbLG Rz. 37; a. A. Hohm, AsylbLG, § 7 Rz. 80 Stand 2008).

 

Rz. 28

Im Rahmen des über die Kettenverweisung in § 7 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG i. V. m. § 20 Satz 2 SGB XII anwendbaren § 36 SGB XII ist vor allem bedeutsam, dass die Vermutung der Bedarfsdeckung durch die Familienangehörigen Anwendung findet. Dabei ist eine einschränkende Anwendung des § 36 SGB XII allerdings insoweit vorzunehmen, als nur der Einsatz des Einkommens bzw. Vermögens des Partners des Hilfebedürftigen zu fordern ist und daher auch die Vermutung nur insoweit eingreifen kann, als der Partner selbst betroffen ist. Hingegen bleiben die Einkünfte und Vermögenswerte der Angehörigen des nicht hilfebedürftigen Partners außer Betracht, auch dann, wenn sie in demselben Haushalt leben (so auch Hohm, AsylbLG, § 7 Rz. 88 f. Stand 2008; Birk, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 7 AsylbLG Rz. 3). Hinsichtlich der Angehörigen des nicht hilfebedürftigen Partners gilt auch nicht die Vermutung, dass diese den Bedarf des Hilfebedürftigen decken.

 

Rz. 29

Zu Bedenken ist, dass § 36 Satz 1 SGB XII nur eine Vermutung für die Bedarfsdeckung enthält. Das Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft wird hingegen nicht von der Vermutung umfasst.

 

Rz. 30

Die Vermutung nach § 36 Satz 1 SGB XII ist widerlegbar (vgl. nur Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl. 2008, § 36 Rz. 14).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge