Rz. 4

Bis zum 1.1.2002 galten über § 202 SGG von den §§ 567 bis 577a ZPO u. a. §§ 570, 572 Abs. 3, 574, 575, 577a ZPO; nicht anwendbar war grundsätzlich § 567 Abs. 2 ZPO. Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1887) sind die Beschwerdevorschriften der ZPO grundlegend umgestaltet worden. Grundnorm war § 567 ZPO a. F.; darin waren die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die "einfache" Beschwerde geregelt. Daneben sah § 577 ZPO a. F. die sofortige Beschwerde als Unterart der einfachen Beschwerde vor. Diese kam nur in den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen in Betracht. Von der einfachen Beschwerde unterschied sie sich insbesondere durch die Befristung; nach § 577 Abs. 2 ZPO a. F. musste sie binnen einer Notfrist von 2 Wochen ab Zustellung bzw. in den Fällen der §§ 336, 952 Abs. 4 ZPO ab Verkündung eingelegt werden. Schließlich war in § 621e ZPO a. F. die der Revision ähnliche Rechtsbeschwerde geregelt (hierzu BGH, Beschluss v. 17.10.2001, XII ZB 161/97, NJW 2002 S. 220).

 

Rz. 5

Durch das Zivilprozessreformgesetz v. 27.7.2001 ist das Beschwerderecht vereinfacht und gestrafft worden (Stackmann, NJW 2002 S. 781, 789 m. w. N.). Seit dem Inkrafttreten zum 1.1.2002 gibt es nur noch die befristete, als Tatsacheninstanz ausgestaltete sofortige Beschwerde (§§ 567 bis 573 ZPO) und die als Zweitbeschwerde ebenfalls befristete, der Zulassung bedürftige und als Rechtskontrollinstanz ausgestaltete Rechtsbeschwerde (§§ 574 bis 577 ZPO). Die bisherige Unterscheidung zwischen einfacher und sofortiger Beschwerde ist hinfällig (zur Rechtsbeschwerde vgl. Haentjens, NJW 2003 S. 2884). Den Beschwerdewert legt § 567 Abs. 2 ZPO neu fest. Gegen Entscheidungen über die Kosten (Gebühren und Auslagen) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (zum Begriff "Wert des Beschwerdegegenstands" vgl. Fischer, NJW 2002 S. 1551; Frehse, SGb 2005 S. 188), so auch § 66 Abs. 2 GKG. Eine (selbständige und unselbständige) Anschlussbeschwerde war bis zum Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes zum 1.1.2002 möglich (Peters/Sautter/Wolff, SGG, 10/1996, § 172 Rn. 11 ff.). Seither ist durch § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausdrücklich geregelt, dass der Beschwerdegegner sich der Beschwerde anschließen kann, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Das Gesetz sieht nach § 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO nur noch die unselbständige Anschlussbeschwerde vor (vgl. Kommentierung § 143 Rz. 6). Mit der Anschlussbeschwerde kann trotz Fristablaufs oder Rechtsmittelverzichts der Beschwerdegegner die Entscheidung zu seinen Gunsten zur Überprüfung stellen. Das Schicksal der Anschlussbeschwerde ist akzessorisch zur Hauptbeschwerde. Die Anschlussbeschwerde verliert ihre Wirkung, wenn Hauptbeschwerde zurückgenommen wird oder sich als unzulässig erweist. Die Abhängigkeit besteht auch dann, wenn die Anschlussbeschwerde als eigene Beschwerde erhoben wird; soll die Abhängigkeit vermieden werden, muss sie als selbständiges Rechtsmittels kenntlich gemacht und eingelegt werden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 567 Rn. 60).

 

Rz. 5a

Die Anschließung an eine Anschließung (Gegenanschließung) wird teilweise als zulässig angesehen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 567 Rn. 20 m. w. N.; a. A. BGH, Beschluss v. 18.12.1985, IVb ZB 677/81, NJW 1986 S. 1494 m. w. N.).

 

Rz. 5b

Die Beschwerde soll begründet werden (§ 571 Abs. 1 ZPO). Fehlt die Begründung, ist die Beschwerde zurückzuweisen (BT-Drs. 14/4722 S. 113). Die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) soll eine bundeseinheitliche Rechtsprechung in prozessualen Fragen ermöglichen; die Frage der Zulassung wird sich am ehesten im Kostenrecht stellen, weil insbesondere zur Erstattbarkeit von Anwaltskosten in Einzelfragen bundesweit die unterschiedlichsten Auffassungen vertreten werden (Stackmann, NJW 2002 S. 781, 788; Lappe, NJW 2002 S. 266, 267).

 

Rz. 6

Die Rechtsbeschwerde (§ 574 ff. ZPO) ist im SGG-Verfahren nicht vorgesehen.

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