Rz. 19

§ 96 gilt gemäß § 153 Abs. 1 auch im Berufungsverfahren, und zwar nach ganz h. M. auch dann, wenn die Berufung unzulässig ist oder die Prozessvoraussetzungen für den alten Verwaltungsakt nicht vorlagen (vgl. nur BSG, Urteil v. 9.2.2000, B 9 V 29/98 R, SGb 2000 S. 262; HVBG-INFO 2000 S. 2583 ff.; a. A. Zeihe, § 96 Rn. 4d). Das LSG entscheidet über den neuen Verwaltungsakt erstinstanzlich, was auch im Urteilstenor zum Ausdruck kommen muss. Über den neuen Verwaltungsakt darf es daher auch nicht durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 entscheiden (a. A. LSG BW, Urteil v. 29.12.1997, L 3 Ar 3550/96, Breithaupt 1998 S. 761 ff. = E-LSG B-114).

 

Rz. 20

Ergeht der neue Verwaltungsakt nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, aber noch vor der Berufungseinlegung, so wird er zwar noch Gegenstand des Klageverfahrens, einer Urteilsergänzung bedarf es aber nicht, wenn die Berufung tatsächlich eingelegt wird. Denn mit der Berufungseinlegung wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Berufungsverfahrens, so dass das LSG hierüber entscheiden kann (BSG, Urteil v. 6.10.1977, 7 RAr 82/76, BSGE 45 S. 49, 50 = SozR § 96 Nr. 6). Wird dagegen keine Berufung eingelegt, so ist das Urteil auf Antrag nach § 140 Abs. 1 zu ergänzen. Der Kläger kann auch die Frist nach § 140 Abs. 1 Satz 2 verstreichen lassen und gegen den neuen Verwaltungsakt neu Klage erheben. Der Kläger hat auch insoweit ein Wahlrecht, als er auch eine – wegen Ablaufs der Berufungsfrist – unzulässige Berufung einlegen kann. Das LSG müsste dann zwar die Berufung als unzulässig verwerfen, aber gleichwohl über den neuen Verwaltungsakt entscheiden. Das gilt aber nur für Folgebescheide, die vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils ergangen sind. Bescheide, die erst danach ergehen, können nicht mehr Gegenstand des Verfahrens werden, da das Verfahren rechtskräftig beendet ist (so auch Pawlak, in: Hennig, § 96 Rn. 63; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 96 Rn. 7a).

 

Rz. 21

Wird die Berufung im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zugelassen, so treten keine Besonderheiten auf. Lehnt das LSG die Berufungszulassung dagegen ab, wird der neue Verwaltungsakt nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da ein solches nicht anhängig war, sondern nur das Beschwerdeverfahren (so auch Pawlak, in: Hennig, § 96 Rn. 49; a. A. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 96 Rn. 7b; vgl. auch LSG BW, Urteil v. 24.6.1998, L 10 U 3625/97 NZ, Breithaupt 1998 728 ff. = HVBG-INFO 1998 S. 2813 ff.). Die Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung, das Gericht habe über einen neuen VA unter Nichtbeachtung des § 96 nicht entschieden, ist nicht zulässig, soweit ein Antrag auf Urteilsergänzung statthaft ist (BSG, SozR 3-1500 § 96 Nr. 9).

 

Rz. 22

Ergeht der Folgebescheid nach Verkündung des Berufungsurteils, so gilt grundsätzlich das Gleiche wie bei Bescheiden nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils. Der neue Verwaltungsakt wird Gegenstand des Berufungsverfahrens. § 171 Abs. 2 gilt erst ab Einlegung der Revision. Nach der Rechtsprechung des BSG ist aber § 171 Abs. 2 entsprechend anzuwenden, wenn die Revision eingelegt wird (BSGE 51 S. 54, 55; BSGE 59 S. 137, 141).

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