Rz. 43

Keine aufschiebende Wirkung haben Rechtsbehelfe weiterhin in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrecht und der Bundesagentur für Arbeit in Fällen der eine laufende Leistung entziehenden oder herabsetzenden Verwaltungsakte. Mit § 86a Abs. 2 Nr. 2 sollte eine dem früheren Recht entsprechende Regelung getroffen werden (vgl. die Begründung der Bundesregierung im Entwurf des 6. SGGÄndG in BT-Drs. 14/5943 zu § 86a SGG S. 25). Nach § 86 Abs. 3 Satz 1 a. F. war die Entziehung laufender Leistungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit stets sofort vollziehbar; im Gegensatz dazu hatte in der Sozialversicherung der Widerspruch gegen solche Entziehungsbescheide aufschiebende Wirkung (vgl. § 86 Abs. 2 a. F.). Die Bundesanstalt für Arbeit konnte den Vollzug nach § 86 Abs. 3 Satz 1 a. F. einstweilen aussetzen. Auch im Klageverfahren bestand die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehungs- und Herabsetzungsbescheide weiter; derartige Bescheide in der Sozialversicherung waren nunmehr ebenfalls sofort vollziehbar. Allerdings konnte das Gericht den Vollzug solcher Bescheide nach § 97 Abs. 2 a. F. einstweilen aussetzen. Soweit die Entziehung eine Rückforderung nach sich zog, hatte der Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid nach § 86 Abs. 2 stets aufschiebende Wirkung. Diese aufschiebende Wirkung setzte sich im Klageverfahren fort (vgl. § 97 Abs. 2 Nr. 2), wobei der Bundesanstalt für Arbeit ab 1.1.1998 durch § 330 Abs. 5 SGB III die Möglichkeit eröffnet war, die sofortige Vollziehung der Erstattungsbescheide anzuordnen und damit die aufschiebende Wirkung entfallen zu lassen. Leistungsentziehung und Herabsetzung in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit waren also mit der Möglichkeit der Aussetzung des Vollzugs stets sofort vollziehbar (zu den Einzelheiten vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 9.1.2003, L 13 AL 4260/02 ER-B). Sollte sonach die die zuvor in § 86 Abs. 3 a. F. enthaltende Systematik fortgeschrieben werden, folgt hieraus im Umkehrschluss, dass es im Fall der Anfechtung eines Entziehungsbescheids, der eine einmalige Leistung betrifft, wie z. B. die Kosten für ein Hilfsmittel, bei der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage bleibt (vgl. Kummer, SGb 2001 S. 705, 712).

Absatz 2 Nr. 2 kommt dann nicht zum Zuge, wenn Arbeitslosengeld gemäß § 140 SGB III wegen verspäteter Meldung in geringerem Umfang bewilligt wird (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 21.5.2007, L 4 B 578/06 AL ER).

 

Rz. 44

Von "Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit" im Sinne des SGG werden Leistungen der Grundsicherung nicht erfasst. Das ergibt sich durch systematische Auslegung unter Berücksichtigung des § 51 Abs. 1 Nr. 4 und 4a SGG. Dort ist die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit festgelegt für Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschl. sonstiger Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit (Nr. 4) und für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Nr. 4a). Daraus wird deutlich, dass von "Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit" im Sinne des SGG gerade nicht Leistungen der Grundsicherung erfasst werden (LSG Sachsen, Beschluss v. 18.5.2009, L 2 AS 181/09 B ER; Keller, SGG, § 86a Rn. 14; Krodel, NZS 2009 S. 18, 19). Für Leistungen nach dem SGB II enthält § 39 SGB II eine Spezialregelung, auch soweit die Bundesagentur für Arbeit Leistungsträger ist. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt unter den dort genannten Voraussetzungen keine aufschiebende Wirkung.

 

Rz. 45

Bei einem verbundenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid ist zu beachten, dass zwar Widerspruch und Klage gegen die Aufhebung nach §§ 45 ff. SGB X keine aufschiebende Wirkung haben, sofern Abs. 2 Nr. 2 eingreift, hinsichtlich der vielfach im selben Bescheid enthaltenen Rückforderung (§ 50 Abs. 1 SGB X) indes Abs. 1 anwendbar ist (vgl. LSG Sachsen, Beschluss v. 18.5.2009, L 2 AS 181/09 B ER; Beschluss v. 10.12.2007, L 2 B 422/07 AS-ER). So hat die Klage gegen die Aufhebung einer Leistungsbewilligung (damalige Arbeitslosenhilfe) keine aufschiebende Wirkung, denn es handelt sich um eine Entziehung laufender Leistungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit i. S. v. § 86a Abs. 2 Nr. 2, auf welchen § 336a Satz 2 SGB III ausdrücklich verweist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 9.1.2003, L 13 AL 4260/02 ER-B). Soweit die Anfechtungsklage auf Beseitigung der Erstattung und der Aufrechnung abzielt, hat sie hingegen nach § 86a Abs. 1 Satz 1 und 2 aufschiebende Wirkung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 6.2.2006, L 13 AL 4566/05 ER-B).

 

Rz. 46

Laufende Leistung (zum Begriff vgl. Zeihe, SGb 2000 S. 203) ist eine wiederkehrende Leistung, die in einem früherem Zeitpunkt bewilligt und dann ganz oder teilweise entzogen worden ist; sie muss nicht notwendig zu regelmäßigen Terminen gezahlt werden, es darf sich aber nicht um die Teilzahlung eines Gesamtbetrages handeln (Keller, SGG, § 86 Rn. 14). Eine laufende Leistung i. S. d. § 86a Abs. 2 Nr. 2 liegt nur vor, wenn die Leistung zum Ze...

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