Rz. 43

Unterbleibt eine einfache Beiladung, ist dies unschädlich (BSG, Urteil v. 23.3.2011, B 6 KA 8/10 R, GesR 2011 S. 616). Das Revisionsgericht kann nach § 168 Abs. 2 SGG eine Beiladung nachholen, ist hierzu aber nicht verpflichtet (vgl. BSG, Urteil v. 26.10.2004, B 7 AL 16/04 R, BSGE 93 S. 283, 286 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Ist eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 unterblieben, ist dies ein von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel, der die Möglichkeit der Berufung oder Revision eröffnet (§ 144 Abs. 2 Nr. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG) und – sofern nicht die Möglichkeit der Nachholung der Beiladung nach § 168 SGG besteht – zur Zurückverweisung führt (BSG, Urteil v. 20.10.2009, B 5 R 5/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 8; Beschluss v. 12.3.1974, 2 S 1/74, SozR 1500 § 75 Nr. 1; Urteil v. 4.4.1979, 12 RK 8/78, SozR 1500 § 75 Nr. 21). Eine Zurückverweisung ist dann entbehrlich, wenn die Klage in jedem Fall abgewiesen werden muss und der Beizuladende damit nicht benachteiligt werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 23.2.2011, B 11 AL 11/10 R; Urteil v. 2.8.2001, B 7 AL 18/00 R, SozR 3-1500 § 55 Nr. 34; Urteil v. 18.1.1990, 4 RA 4/89, BSGE 66 S. 144, 146 = SozR 3-5795 § 6 Nr. 1). Anders gewendet: Von einer Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren (§ 168 Satz 2 SGG) ist abzusehen, wenn eine Zurückverweisung aus anderen Gründen unausweichlich ist (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 14/06 R, BSGE 97 S. 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1). Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass eine Beiladung zu Unrecht erfolgt sei (BSG, Urteil v. 13.8.1981, 11 RA 56/80, SozR 1500 § 75 Nr. 38).

 

Rz. 44

Ein Urteil bei unterbliebener notwendiger Beiladung kann zwar den zu Unrecht nicht Beigeladenen nicht binden, erwächst aber für die Prozessbeteiligten in formeller und materieller Rechtskraft (ebenso Leitherer, SGG, § 75 Rn. 13f, differenzierend für stattgebende Gestaltungsurteile Rn. 13g; Zeihe, SGG, § 75 Rn. 13c; a. A. LSG Saarland, Urteil v. 19.12.2006, L 5b VG 9/99).

 

Rz. 45

Der Verfahrensmangel der unterlassenen Beiladung ist in den Fällen des § 75 Abs. 2 Alt. 2 nur auf Rüge hin beachtlich, weil diese Beiladung nicht im öffentlichen Interesse liegt, sondern lediglich aus prozessökonomischen Gründen vorgeschrieben ist (vgl. BSG, Urteil v. 18.10.1995, 9/9a RVg 4/92, BSGE 77 S. 1, 7; BSG, Urteil v. 29.1.1986, 9b RU 68/84, BSGE 59 S. 284, 290). Beruft sich ein Beteiligter im Rahmen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG auf den Verfahrensmangel, muss er darlegen, dass er bereits in der letzten Tatsacheninstanz auf die unterlassene Beiladung hingewiesen hat (BSG, Beschluss v. 19.10.2007, B 11a AL 169/06 B). Kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz eine Leistungspflicht des zu Unrecht nicht beigeladenen Versicherungsträgers ausgeschlossen werden, trifft das Revisionsgericht eine Sachentscheidung (vgl. BSG, Urteil v. 26.9.1996, 2 RU 12/96, SozR 3-2200 § 539 Nr. 36).

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