Rz. 2

§ 33 Satz 1 bestimmt zwingend, dass die Senate in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Die Besetzung ist jedoch nicht bei allen Entscheidungen vorgeschrieben, sondern nur bei Entscheidungen durch Urteil (mit oder ohne mündliche Verhandlung) oder durch Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung. Eine Besetzung des Senates gemäß Satz 1 ist jedoch immer erforderlich, wenn durch Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG das BVerfG angerufen wird (BVerfG, Beschluss v. 23.7.1963, 1 BvL 6/61). Vorsitzender ist im Regelfall ein Vorsitzender Richter am Landessozialgericht, der in besonderem Maße richtungsweisenden Einfluss auf die Rechtsprechung des Senats haben soll. Deshalb ist ein Senat dann nicht mehr ordnungsgemäß besetzt, wenn der (planmäßige) Vorsitzende an weniger als 50 % der Entscheidungen beteiligt ist (BGH, Urteil v. 4.7.1963, III ZR 152/61 als absolute Untergrenze – eine Mitwirkung an 75 % der Entscheidungen wird regelmäßig zu fordern sein – BGH, Beschluss v. 20.11.1967, GSZ 1/67). Bei vorübergehender Verhinderung aus tatsächlichen (z. B. Krankheit, Urlaub) oder rechtlichen (Ausschluss wegen Besorgnis der Befangenheit) Gründen erfolgt die Vertretung des Vorsitzenden entsprechend der Regelung im Geschäftsverteilungsplan (regelmäßig durch den dienstältesten weiteren Berufsrichter). Eine Vertretung des Vorsitzenden durch einen abgeordneten Richter ist nicht möglich (§ 21f Abs. 2 GVG). Soweit die Verhinderung nicht nur vorübergehend ist, hat das Präsidium einen anderen Vorsitzenden Richter zu beauftragen. Stellenbesetzungssperren bedingen keine vorübergehende Verhinderung (BGH, Beschluss v. 11.7.1985, VII ZB 6/85; BGH, Beschluss v. 14.11.1985, BLw 23/84). Zwar stellt die Unterlassung der Nachbesetzung keinen verfassungsrechtlich relevanten Eingriff der Exekutive in die aus Art. 101 GG abgeleiteten Rechte dar, jedoch ist es Aufgabe des Präsidiums, die Vakanz durch Übertragung des Vorsitzes an einen anderen Senatsvorsitzenden zu schließen (BVerwG, Beschluss v. 11.7.2001, 1 DB 20.01).

 

Rz. 3

Die mitwirkenden zwei weiteren Berufsrichter sind im Normalfall Richter am Landessozialgericht. An ihrer Stelle können also auch abgeordnete (Lebenszeit) Richter mitwirken, nicht jedoch Richter auf Probe oder Richter kraft Auftrags. Die Anzahl der mitwirkenden abgeordneten Richter ist begrenzt. Es kann immer nur ein abgeordneter Richter mitwirken (Ausnahme: vom 1.3.1993 bis 1.3.1998 – in den neuen Bundesländern bis 31.12.2004 – zwei abgeordnete Richter – vgl. Kommentierung zu § 32).

 

Rz. 4

Die weiter an den Entscheidungen mitwirkenden ehrenamtlichen Richter werden vom Präsidium bestimmt und sind in der ebenfalls vom Präsidium festgelegten Reihenfolge zu beteiligen. Davon darf nur aus besonderen Gründen abgewichen werden, da ansonsten eine ordnungsgemäße Besetzung der Spruchkörper nicht gegeben ist. Hinsichtlich der in den einzelnen Fachsenaten mitwirkenden ehrenamtlichen Richter wird auf § 12 Abs. 2 bis 4 und die dortige Kommentierung (insbesondere nach der Änderung von § 12 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5) verwiesen.

 

Rz. 4a

Ein Urteil, das unter Verletzung der Besetzungsregelung in § 33 zustande gekommen ist, beruht auf einem wesentlichen Verfahrensfehler (BSG, Urteil v. 10.6.1975, 9 RV 390/74), der einen absoluten Revisionsgrund darstellt. Jedoch ist dieser Revisionsgrund nicht von Amts wegen zu prüfen, sondern muss – auch bei zugelassener Revision – ausdrücklich gerügt werden (BSG, Urteil v. 15.5.1985, 7 RAr 103/83). Zur ordnungsgemäßen Besetzung des Senats gehört auch die lückenlose Beteiligung sowie die Fähigkeit, der Verhandlung zu folgen (BSG, Urteil v. 22.5.1958, 1 RA 100/56). Das Gericht ist nicht ordnungsgemäß besetzt, wenn ein Richter nachgewiesen eingeschlafen ist (BVerwG, Urteil v. 12.3.2015, 2 WD 3/14). Etwas anderes gilt, wenn ein Richter zu spät zur Verhandlung erscheint (BFH, Urteil v. 17.6.2011, XI B 21/10) oder kurzfristig den Sitzungssaal verlässt (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 33 Rz. 7 m. w. N.).

 

Rz. 4b

Durch die Einfügung des § 33 Abs. 2 wird geregelt, dass bei den Landessozialgerichten in den Entschädigungsklagen wegen unangemessener Dauer von sozialgerichtlichen Verfahren ehrenamtliche Richter aus den für die Angelegenheiten der Sozialversicherung zuständigen Kreisen eingesetzt werden. Die Angelegenheiten der Sozialversicherung bilden den Kernbereich der Sozialgerichtsbarkeit. Entscheidend für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer sind Kenntnisse über Strukturen sowie Ablaufprozesse in der Verwaltung und in der Sozialgerichtsbarkeit, über die ehrenamtliche Richter aus den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber verfügen. Auch im Hinblick auf die praktische Umsetzbarkeit ist es sachgerecht, ehrenamtliche Richter jeweils aus dem Kreis der Versicherten, die häufig zugleich Arbeitnehmer sind, und aus dem Kreis der Arbeitgeber für die Mitwirkung in Entschädigungsverfahren einzusetzen...

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