Rz. 3

§ 197a bestimmt abschließend, in welchen Verfahren der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens durchbrochen wird. Wenn Kläger und Beklagter eines Verfahrens nicht zu den in § 183 genannten Personen in einem Rechtszug i. S. d. kostenrechtlichen Vorschriften gehören sowie in Verfahren nach § 202 Satz 2 (Verfahren wegen überlanger Dauer des Gerichtsverfahrens) finden

  • im Verhältnis zwischen dem Staat und den Beteiligten die Vorschriften des GKG und
  • im Verhältnis der Beteiligten untereinander bei der Kostengrundentscheidung die in § 197a aufgezählten Vorschriften der VwGO

Anwendung.

Für die Bestimmung des anzuwendenden Kostenrechts ist entscheidend, in welcher Eigenschaft die Hauptbeteiligten (der Kläger und der Beklagte) an dem Verfahren teilnehmen (BSG, Urteil v. 31.3.2022, B 2 U 5/20 R). Die Zugehörigkeit eines Beigeladenen zu dem kostenprivilegierten Personenkreis i. S. v. § 183 ist unerheblich. Es ist auf die Beteiligtenrolle im jeweiligen Rechtszug abzustellen (BSG, Beschluss v. 12.1.2022, B 12 R 26/21 B). In jeder Instanz ist zu prüfen, ob der Kläger bzw. der Rechtsmittelführer oder der Beklagte bzw. der Rechtsmittelgegner der Vorschrift des § 183 unterfällt. Entscheidend ist die formale Stellung der Beteiligten und ihre Eigenschaft im Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung (BSG, Urteile v. 3.8.2006, B 3 KR 24/05 R, v. 5.10.2006, B 10 LW 5/05 R; Beschluss v. 13.4.2006, B 12 KR 21/05 B, und Urteile v. 17.2.2009, B 2 U 38/06 R, und v. 28.6.2022, B 12 R 3/20 R). Bei Verneinung der Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 183 ist § 197a anzuwenden. Diese Grundsätze gelten auch in selbstständigen Antragsverfahren, wie. z. B. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b, oder gesondert geregelten Beschwerdeverfahren, an denen eine kostenprivilegierte Person nicht teilnimmt, z. B. Verfahren nach § 192 Abs. 4 (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 3.3.2017, L 18 KN 92/16 B; LSG Thüringen, Beschluss v. 17.1.2017, L 5 SB 1136/15 B), Verfahren von Sachverständigen (BSG, Beschluss v. 1.3.2022, B 10 SF 3/21 S, vgl. Rz. 6).

 

Rz. 4

Das anzuwendende Kostenrecht während eines mehrere Instanzen umfassenden Verfahrens kann wechseln. Ein Wechsel des Kostenrechts tritt z. B. im Fall des § 183 Satz 2 ein, wenn ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren in der nächsten Instanz fortführt (BSG, Urteil v. 3.8.2006, B 3 KR 24/05 R; BSG, Beschluss v. 22.10.2015, B 13 R 190/15 B). Falls ein nach § 183 kostenrechtlich privilegierter Beigeladener Rechtsmittel einlegt und damit Rechtsmittelführer des nächstinstanzlichen Verfahrens wird, findet § 197a auf das Rechtsmittelverfahren keine Anwendung. Es gelten die §§ 184 bis 195 für das Rechtsmittelverfahren (BT-Drs. 14/5943 S. 29; BSG, Beschluss v. 13.4.2006, B 12 KR 21/05 B). Im Fall des Wechsels des Kostenrechts sind für jede Instanz getrennt Kostenentscheidungen zu treffen.

 

Rz. 5

Im Fall der objektiven Klagehäufung (§ 56) eines Klägers oder Rechtsmittelführers, bei der ein Streitgegenstand von § 183 und der andere von § 197a erfasst wird, finden bei der einheitlichen Kostenentscheidung (siehe hierzu Kommentierung zu § 193 Rz. 4) sowohl die Vorschriften der §§ 184 bis 195 als auch die Vorschrift des § 197a Anwendung (sog. kombinierte Kostenentscheidung; BSG, Urteil v. 26.9.2006, B 1 KR 1/06 R). Durch die verschiedenen und damit teilbaren Streitgegenstände entstehen sowohl bei den Kosten der Gerichtshaltung als auch bei den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten differenzierbare Kosten, die den jeweiligen Streitgegenständen zugeordnet werden können (zum Begriff des Streitgegenstandes vgl. Komm. zu § 94 Rz. 13, § 123 Rz. 3). Bei einer objektiven Klagehäufung werden zwei oder mehrere Klagen eines Klägers, die an sich in getrennten Verfahren behandelt und kostenmäßig abgerechnet werden könnten, in einem einheitlichen Verfahren verhandelt und entschieden. Fallen die Streitgegenstände unter verschiedene Kostenregelungen, besteht kein Anlass, einer Kostenregelung den Vorzug zu geben. Vielmehr können beide Kostenregelungen nebeneinander angewandt werden, wie es auch bei getrennter Verfahrensführung zu geschehen hätte. Dies gilt im Fall der kumulativen Klagehäufung wie auch im Fall der Eventualhäufung, wenn über den Hauptanspruch und den Hilfsanspruch entschieden worden ist und die Streitgegenstände unterschiedlichen Kostenregelungen unterliegen. Denn auch im Fall der Eventualhäufung entstehen abtrennbare, den jeweiligen Streitgegenständen zurechenbare Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten. Der Aufwand der Beteiligten und des Gerichts bei einer Entscheidung über Haupt- und Hilfsanspruch ist ebenso groß, als wären beide Ansprüche nebeneinander (kumulativ) geltend gemacht worden. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob Haupt- und Hilfsanspruch wirtschaftlich gesehen "denselben Gegenstand" oder verschiedene Gegenstände betreffen (BSG, Beschluss v. 26.7.2006, B 3 KR 6/06 B, und Urteil v. 26.9.2006, B 1 KR 1/06 R).

Wenn in einem Rechtszug mehrere Persone...

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