Rz. 2

Das Gericht kann einem Beteiligten ganz oder teilweise die durch eine Verzögerung oder den Missbrauch verursachten Kosten auferlegen (§ 192 Abs. 1). Die Vorschrift gilt in allen nach § 1983 gerichtskostenfreien Verfahren, einschließlich der Beschlussverfahren (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.12.2010, L 19 AL 285/10 B ER zu Verfahren nach § 86b), in denen § 197a nicht anwendbar ist

2.1 Kostenschuldner

 

Rz. 3

Kostenschuldner kann ein Beteiligter des Verfahrens (§ 69) sein. Das Handeln seines gesetzlichen Vertreters (§ 72) oder seines Bevollmächtigten (§ 73) muss sich ein Beteiligter zurechnen lassen (§ 192 Abs. 1 Satz 2), er hat für die Prozessführung seines Vertreters einzustehen (vgl. Rz. 8). Die Auferlegung der Verschuldenskosten erfolgt gegen den Beteiligten, ggf. hat dieser einen Schadensersatzanspruch gegen seinen Vertreter.

Gegen einen Beteiligten, der nach § 184 Abs. 3 von der Zahlung der Pauschgebühr befreit ist, können Kosten nach § 192 verhängt werden. Dies gilt auch für den Bund und die Länder, wenn sie Träger der Gerichtshaltungskosten sind (LSG Bayern, Urteil v. 15.3.2005, L 18 SB 93/04). Einem gesetzlichen Vertreter, besonderen Vertreter, Bevollmächtigten sowie einer unbeteiligten Person am Verfahren (Zeuge, Sachverständiger) können keine Verschuldenskosten auferlegt werden. Gegen einen vollmachtslosen Vertreter ist die Verhängung der Verschuldenskosten möglich.

2.2 Kostengläubiger

 

Rz. 4

Kostengläubiger kann der Staat oder ein anderer Beteiligter sein. Nach dem Wortlaut der Neufassung des § 192 kann zweifelhaft sein, ob im Rahmen einer Entscheidung nach § 192 einem Beteiligten Kosten auferlegt werden können, die er einem anderen Beteiligten durch sein Verhalten verursacht hat. In § 192 a. F. war eindeutig geregelt, dass einem Beteiligten neben den Kosten, die er einem Gericht verursacht hat, auch die Kosten eines anderen Beteiligten auferlegt werden können. Bei der Neufassung der Vorschrift ist aber kein abändernder Wille des Gesetzgebers erkennbar gewesen (a. A. LSG Thüringen, Beschluss v.16.2.2015, L 6 SF 1636/14 E).

2.3 Verzögerungsgebühr

 

Rz. 5

Nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 können einem Beteiligten Kosten auferlegt werden, wenn durch sein schuldhaftes Verhalten oder das seines Vertreters ohne Mitverschulden des Gerichts eine mündliche Verhandlung vertagt oder ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden ist. Die Vorschrift ist an § 38 GKG angelehnt (BT-Drs. 14/5943 S. 28; vgl. Komm. zu § 197a Rz. 63 f.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 30.11. 2017, L 4 P 4479/17 B). Der Begriff der Vertagung setzt voraus, dass eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist und das Verfahren nicht zum Abschluss gebracht werden konnte; die Anberaumung eines neuen Termins ist nicht erforderlich. Es genügt, dass ein neuer Termin geplant ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 30.9.2003, L 4 B 6/03 SF; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 5.1.2005, L 4 B 10/04 U; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 14.6.2007, L 7 B 42/07 AS: Erlass des Beschlusses erst nach Beendigung des Verfahrens).

Als Verhalten kommt in Betracht:

  • das Nichterscheinen zum Termin, insbesondere bei Anordnung des persönlichen Erscheinens,
  • die Stellung eines offensichtlich unbegründeten Ablehnungsantrages (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 5.1.2005, L 4 B 10/04 U; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.6.1984, 18 U 203/83),
  • ein verspäteter Vertagungsantrag,
  • die ungenügende Beantwortung einer Anfrage des Gerichts,
  • ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht,
  • die verspätete Bestellung eines Bevollmächtigten,
  • das verspätete Einreichen von Unterlagen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 25.2.2005, L 2 RJ 120/02),
  • ein verspäteter Beweisantrag,
  • die Nichterfüllung von Auflagen.
 

Rz. 6

Das Verhalten des Beteiligten oder seines Vertreters muss schuldhaft sein. Im Gegensatz zu der bisherigen Regelung ist eine bewusste, vorsätzliche Verzögerung nicht mehr erforderlich, es genügt die Außerachtlassung der im Prozess gebotenen Sorgfalt, die Verletzung der im Prozess notwendigen Sorgfalt. Ein Verhalten, dass einem Beteiligten freisteht, reicht nicht aus (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.7.1995, 2 WF 156/95). Zwischen dem schuldhaften Verhalten des Beteiligten und der Vertagung bzw. Neuanberaumung des Termins muss ein Kausalzusammenhang bestehen.

 

Rz. 7

Das Verhalten des Beteiligten oder seines Vertreters muss für eine tatsächliche sachliche Verzögerung des Rechtsstreites ursächlich sein. Das Gericht muss durch das Verhalten des Beteiligten oder seines Vertreters gehindert werden, den Rechtsstreit sachlich zu fördern. Dabei hat es in Ausübung seiner Prozessförderungspflicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen, eine Verzögerung zu verhindern (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.5.2010, L 31 R 52/09).

2.4 Missbrauchsgebühr nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

 

Rz. 8

§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 eröffnet die Möglichkeit, einem Beteiligten Kosten entsprechend § 34 BVerfGG aufzuerlegen, wenn die Einlegung des Rechtsbehelfs oder sonstige Verfahrenshandlungen als Missbrauch des kostenfreien sozialgerichtlichen Rechtsschutzes anzusehen sind (BT-Drs. 14/5943 S. 28). Di...

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