Rz. 1

Ein Urteil, das unbeabsichtigt einen Teil des Streitgegenstands unbeschieden lässt, ist fehlerhaft, es verstößt gegen § 123 (vgl. dazu Rz. 7 zu § 123). Ein derart fehlerhaftes Urteil kann grundsätzlich mit dem jeweils gegebenen Rechtsmittel (Berufung, Revision, Nichtzulassungsbeschwerde) angefochten werden. Bei einer bestimmten Art des Zustandekommens des Fehlers ist jedoch statt des Rechtsmittelverfahrens das Urteilsergänzungsverfahren nach § 140 vorgesehen, wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten erhobener Anspruch bzw. die Kostenfolge bei der Entscheidung versehentlich nicht beschieden worden ist. So ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gegeben, soweit ein Antrag auf Urteilsergänzung statthaft ist (vgl. BSG, Beschluss v. 18.8.1999, B 4 RA 25/99, SozR 3-1500 § 96 Nr. 9; BSG, Beschluss v. 16.7.2004, B 2 U 41/04 B; siehe dazu aber auch unten bei Rn. 4 und 6). Denn die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a sei keine Untätigkeitsbeschwerde gegen den Nichterlass eines Urteils durch das Berufungsgericht. Da die Revision und die sie ggf. erst eröffnende Nichtzulassungsbeschwerde keine originären Rechtsbehelfe, sondern Rechtsmittel seien, müsse sich die Entscheidung des BSG als Revisionsgericht auf den Streitgegenstand beschränken, der auch Gegenstand des angefochtenen Urteils war. Daher stehe die Nichtzulassungsbeschwerde in den Fällen nicht offen, in denen eine Urteilsergänzung nach § 140 Abs. 1 beansprucht werden kann (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 96 Nr. 9). § 140 ergänzt die §§ 138, 139. Während diese Vorschriften die Berichtigung eines bereits erlassenen Urteils betreffen, geht es bei § 140 darum, eine Entscheidungslücke zu schließen (vgl. BGH, NJW 1980 S. 840, 841). Aber auch § 140 tangiert insofern den Grundsatz der Selbstbindung des Gerichts (§ 318 ZPO), als er dem Gericht ermöglicht, sich erneut mit einem von ihm als beendet betrachteten Streitfall zu befassen (vgl. Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 120 Rn. 1). Die Regelungen des § 140 weichen von denen der entsprechenden Vorschriften der ZPO (§ 321) und der VwGO (§ 120) teilweise (insbesondere hinsichtlich der Fristen) ab.

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