Rz. 19

§ 105 Abs. 2 sieht als Rechtsmittel die Berufung und die Revision vor, als Rechtsbehelf zusätzlich den Antrag auf mündliche Verhandlung. Nach überwiegender Auffassung kann auch eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 eingelegt werden (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 105 Rn. 16; Pawlak, in: Hennig, § 105 Rn. 78, 95 ff.; Peters/Sautter/Wolff, § 105 Rn. 61; a. A. Zeihe, § 105 Rn. 14b). Nach der abweichenden Auffassung ist eine Rechtsbehelfsbelehrung i. S. d.§ 66 Abs. 2 unrichtig, wenn sie über die Nichtzulassungsbeschwerde belehrt. Wird gleichzeitig ein zulässiger Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt und Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.12.2010, L 7 AS 65/10 NZB; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 26.11.2008, L 20 B 225477/98 AS NZB, Beschluss v. 14.1.2008, L 25 B 795/07 AS NZB; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 5.9.2008, L 1 KR 13/08 NZB; zur Auslegung eines Rechtsmittelersuchens LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.12.2010, L 7 AS 65/10 NZB, NZS 2011, 239).

 

Rz. 20

Es sind folgende Rechtsbehelfe in folgenden Fällen gegeben:

Ist die Berufung (ohne oder durch Zulassung) statthaft, kann nur die Berufung eingelegt werden. Ein gleichwohl gestellter Antrag auf mündliche Verhandlung kann eventuell in eine Berufung umgedeutet werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn in der Rechtsbehelfsbelehrung in unzutreffender Weise auf den Antrag auf mündliche Verhandlung hingewiesen worden ist (LSG Niedersachsen, Urteil v. 26.9.1995, L 7 Ar 251/95, E-LSG Ar-109; a. A.: LSG Hessen, Urteil v. 11.3.2017, L 8 P 4/15, juris, wonach ein Antrag auf mündliche Verhandlung als der umfassendere Rechtsbehelf in ein Rechtsmittel nicht umgedeutet werden kann). Nach dem Beschluss des BSG v. 17.11.2015 (B 1 KR 130/14 B, juris) geht der Antrag auf mündliche Verhandlung jedenfalls als umfassenderer Rechtsbehelf vor.

Hat das SG die Sprungrevision zugelassen, kann anstelle der Berufung die Sprungrevision eingelegt werden, Abs. 2 Satz 1.

Ist die Berufung nicht statthaft, kann entweder ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden oder (nach der h. M.) eine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden (hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.8.2014, L 2 AS 1169/14 NZB, juris).

 

Rz. 21

Gegen einen Gerichtsbescheid des BSG kann ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden, Abs. 2 Satz 2.

Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet eine mündliche Verhandlung statt, Abs. 2 Satz 3. Ein Antrag, "das Verfahren neu aufzurollen" ist als Antrag auf mündliche Verhandlung auszulegen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.8.2014, L 2 AS 1169/14 NZB, juris).

Auch der Antrag auf mündliche Verhandlung muss binnen Monatsfrist gestellt werden, wenngleich § 105 dies nicht ausdrücklich festschreibt. Dies ergibt sich aber bei einer systematischen Auslegung des § 105, denn Abs. 3 setzt einen fristgerechten Eingang des Antrags voraus.

Der Antrag muss schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gestellt werden. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist auf beide Möglichkeiten hinzuweisen (BSG, SozR § 105 Nr. 1).

Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller beschwert ist. Er kann jederzeit wieder zurückgenommen werden. War er rechtzeitig gestellt, so gilt der Gerichtsbescheid bei einer Rücknahme gleichwohl nach § 105 Abs. 3 HS 2 als nicht ergangen. Eine Auslegung der Rücknahmeerklärung kann aber auch ergeben, dass die Klage ebenfalls zurückgenommen wird.

Streitig ist, wie bei einem verspäteten Antrag auf mündliche Verhandlung zu verfahren ist, wenn keine Wiedereinsetzung nach § 67 gewährt werden kann. Nach einer Auffassung wird der Antrag durch Beschluss verworfen (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 105 Rn. 24; Pawlak, in: Hennig, § 105 Rn. 117 f.). Nach anderer Meinung ist durch Urteil zu entscheiden, dass das Verfahren durch Gerichtsbescheid beendet worden ist (Zeihe, § 105 Rn. 15f, der aber bei Begehren einer mündlichen Verhandlung und eines Urteils andererseits eine Ablehnung der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung durch Beschluss vorschlägt, § 105 Rn. 20b; GK-Bley, § 105 Anm. 10c). Nicht vorgesehen ist eine Entscheidung durch Urteil, mit dem festgestellt wird, der Antrag auf mündliche Verhandlung sei unzulässig (LSG Niedersachsen, Urteil v. 26.9.1995, L 7 Ar 251/95, E-LSG Ar-109). Das gilt vor allem dann, wenn an sich das Rechtsmittel der Berufung gegeben war, aber falsch belehrt worden ist. Ein daraufhin gestellter Antrag auf mündliche Verhandlung ist als Berufungseinlegung auszulegen.

 

Rz. 22

Gegen einen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, § 172. Im Falle eines Urteils kann das hiergegen vorgesehene Rechtsmittel, also i. d. R. die Berufung, eingelegt werden.

Hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid als unzulässig abgewiesen, weil der Sozialrechtsweg nicht gegeben ist und kein Verweisungsantrag gestellt worden ist, so verweis...

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