Rz. 19

Eine weitere Offenbarungsbefugnis besteht zum Schutz eines höherwertigen Rechtsgutes. Hier gilt es, einen Abwägungsprozess vorzunehmen zwischen dem Schutz des Sozialgeheimnisses und der möglichen Gefährdung von Leib und Leben.

 

Rz. 20

 

Eigen- und Fremdgefährdung

Ein Arzt teilt die festgestellte Fahruntauglichkeit seines Patienten der Straßenverkehrsbehörde mit, damit diese den Einzug des Führerscheines veranlassen kann. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arzt vorher den Patienten auf seinen Gesundheitszustand und auf die Gefahren aufmerksam gemacht hat, die sich beim Steuern eines Kraftwagens ergeben, es sei denn, dass ein Zureden des Arztes wegen der Art der Erkrankung oder wegen der Uneinsichtigkeit des Patienten von vornherein zwecklos ist. Bloße Eignungszweifel berechtigen den Arzt jedoch nicht zur Benachrichtigung der Verkehrsbehörde (VG Schleswig, Urteil v. 21.3.1986).

Das Beispiel lässt sich auch auf die Stellen nach § 35 SGB I übertragen. Auch hier können sich – insbesondere aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen – in Einzelfällen konkrete Anhaltspunkte für eine Eigen- und/oder Fremdgefährdung ergeben. Es empfiehlt sich, dass ein ärztlicher Mitarbeiter der Stelle nach § 35 SGB I zunächst (persönlichen) Kontakt mit dem behandelnden Arzt der betroffenen Person aufnimmt und seine Einschätzung über die Gefährdung und das weitere Vorgehen mit diesem bespricht. Sollte dies nicht möglich sein oder erfolglos verlaufen, z. B., weil der behandelnde Arzt bereits selbst erfolglos versucht hat, auf die betroffene Person einzuwirken, kann Kontakt mit anderen zuständigen Stellen wie der Straßenverkehrsbehörde, dem sozialpsychiatrischen Dienst oder auch der Polizei (bei akuter Selbstmordgefährdung) aufgenommen werden.

 
Wichtig

Diese Datenübermittlung ist nach den Vorschriften des Zweiten Kapitels des SGB X weiterhin unzulässig, sie wird nur über § 34 StGB gerechtfertigt und dürfte straffrei bleiben. Verantworten muss sich der (ärztliche) Mitarbeiter der Stelle nach § 35 SGB I, der die Daten (unzulässig) übermittelt hat, im Falle einer Strafanzeige persönlich.

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