2.1 Begrenzung des Gesamtleistungswertes – das Prinzip der Doppelbegrenzung (Satz 1 und Satz 2)

 

Rz. 8

Der sich aus der Grund- oder Vergleichsbewertung (§§ 72, 73) für den Versicherten ergebende günstigere Durchschnittswert wird für Zeiten wegen einer Berufs- oder Fachschulausbildung (§ 7 Abs. 2 SGB IV, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 4) oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ggf. zweifach begrenzt: Zum einen nach Satz 1 auf 75 % des individuellen Monatsdurchschnitts und darüber hinaus nach Satz 2 auf 75 % des Durchschnittsentgelts aller Versicherten; 0,0625 Entgeltpunkte dürfen pro Kalendermonat nicht überschritten werden.

 

Rz. 9

Den "sonstigen beitragsfreien Zeiten" in § 71 Abs. 2 ist – trotz ihrer Verschiedenartigkeit (vgl. z. B. die Auflistung bei Diel, in: Hauck/Noftz, SGB VI, , Stand: Einzelkommentierung 6/2013, § 71 Rz. 34) – gemeinsam, dass sie – im Gegensatz zu den Anrechnungszeiten wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder schulischer Ausbildung und auch den Zeiten wegen beruflicher Ausbildung – im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nach den §§ 74, 263, 263a keiner Begrenzung unterliegen; sie erhalten also den vollen (nicht begrenzten) Gesamtleistungswert (BSG, Urteil v. 16.6.2016, B 13 R 23/15 R, Rz. 36).

2.1.1 Beispielberechnung

 

Rz. 10

 
Praxis-Beispiel
 
Höherer Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung (§ 73) 0,09220 Entgeltpunkte
  1. Begrenzung auf 75/100 (§ 74 Satz 1)
0,06915 Entgeltpunkte
  1. Begrenzung (§ 74 Satz 2) auf
0,06250 Entgeltpunkte

2.1.2 Anwendungsbereich – abschließender Katalog

 

Rz. 11

Der sachliche Anwendungsbereich der begrenzten Gesamtleistungsbewertung ist auf die in Satz 1 genannten beitragsfreien Zeiten beschränkt; der Katalog ist abschließend (zu den erfassten Zeiten vgl. insbesondere auch GRA der DRV zu § 74 SGB VI, Stand: 1.3.2018, Anm. 2 ff.) und erfasst nur:

  • Zeiten einer beruflichen Ausbildung,
  • Zeiten der Fachschulausbildung und
  • Zeiten der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme.

2.1.2.1 Zeiten einer beruflichen Ausbildung

 

Rz. 12

Die Zeiten einer beruflichen Ausbildung sind begrifflich in § 54 Abs. 3 Satz 2 als beitragsgeminderte Zeiten erfasst. Der Begriff wird durch § 7 Abs. 2 SGB IV näher bestimmt. Berufsausbildung ist jede Beschäftigung, die zum Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen dient. Dies ist insbesondere bei einer beruflichen Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf im Rahmen rechtsverbindlicher Ausbildungsrichtlinien der Fall. Ziele und Begriffe der Berufsausbildung definiert insoweit § 1 BBiG; insbesondere in Abs. 3 findet sich eine weitergehende Definition des Begriffs Berufsausbildung; Berufsausbildung soll darauf abzielen, berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln (vgl. weitergehend auch GRA der DRV zu § 54 SGB VI, Stand: 15.2.2017, Anm. 3 ff.).

2.1.2.2 Zeiten der Fachschulausbildung

 

Rz. 13

Die Zeiten der Fachschulausbildung sind begrifflich in § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. mit Abs. 4a als Anrechnungszeit erfasst und gehören neben den Zeiten des Besuchs der Schule und der Hochschule zu den Zeiten einer schulischen Ausbildung. Die Fachschulausbildung ist eine Ausbildung mit vorwiegend berufsbildendem Charakter. Die praxisbezogenen Bildungsgänge werden dabei regelmäßig von Fachschulen oder Fachakademien angeboten. Ob solche Zeiten als Anrechnungszeiten zu qualifizieren sind, wenn sie mit der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zusammentreffen, richtet sich nach § 58 Abs. 4a und damit nach dem zeitlichen Aufwand (vgl. hierzu näher auch GRA der DRV zu § 58 SGB VI, Stand: 26.11.2019, Anm. 6.2).

2.1.2.3 Zeiten der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme

 

Rz. 14

Die Zeiten der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sind – wie die Zeiten der Fachschulausbildung – in § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. mit Abs. 4a als Anrechnungszeit erfasst und gehören damit ebenfalls zu den Zeiten einer schulischen Ausbildung (vgl. weiterführend zu dem insoweit weit auszulegenden Begriff der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme GRA der DRV zu § 58 SGB VI, Stand: 17.7.2018, Anm. 3.4).

2.1.3 Nicht mehr erfasste Zeit der schulischen Ausbildung

 

Rz. 15

Mit der Neufassung der Vorschrift durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) wurde die bisherige rentensteigernde Bewertung von Zeiten des Schul-, Fachschul- und Hochschulbesuchs auf Zeiten des Fachschulbesuches beschränkt. Mit Wirkung zum 1.1.2005 entfällt daher die bisherige rentensteigernde Bewertung von Zeiten des Schul- und Hochschulbesuchs nach dem 17. Lebensjahr. Der Gesetzgeber hat diese bisherige Begünstigung – wonach eine schulische Ausbildung generell bis zu 3 Jahren mit bis zu 0,75 Entgeltpunkten bewertet wurde – gerade bewusst aufgeben wollen (vgl. BT-Drs. 15/2149 S. 24). Bei einem Rentenbeginn ab dem 1.1.2005 werden daher Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr nach Satz 4 der Vorschrift nicht mehr bewertet (vgl. zur alten Rechtslage weitergehend GRA der DRV zu § 74 SGB VI, Stand: 1.3.2018, Anm. 2.2). Allerdings ist die Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 Satz 3 und 4 zu beachten. Nach der Tabelle in Satz 4 treten für die Übergangszeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 bei der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten...

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