Rz. 6

Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 beinhaltet 3 Anrechnungszeitentatbestände, und zwar

  • die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit,
  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Als Ursache für die Arbeitsunfähigkeit i. S. d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 kommt nach dem Wortlaut der Vorschrift nur eine Krankheit in Betracht. Nach der für die gesetzliche Krankenversicherung entwickelten Legaldefinition ist unter einer Krankheit jeder regelwidrige Zustand des Körpers, des Geistes oder der Seele zu verstehen, der ärztlicher Behandlung bedarf und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit hat die Rechtsprechung eine Definition entwickelt. Arbeitsunfähigkeit liegt danach vor, wenn ein Versicherter infolge Krankheit nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, weder seine bisherige noch eine ähnlich geartete Erwerbstätigkeit auszuüben (BSG, Urteil v. 30.5.1967, 3 RK 15/67; BSG, Urteil v. 15.11.1984, 3 RK 21/83). Als Beweismittel für das Vorliegen von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kommen entsprechende ärztliche Bescheinigungen oder Meldungen der zuständigen Krankenkasse in Betracht.

Für im Versicherungskonto gespeicherte Zeiten des Krankengeldbezuges i. S. v. § 44 Abs. 1 SGB V kann das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich unterstellt werden. Wurde allerdings während einer Arbeitsunfähigkeit kein Krankengeld gezahlt (z. B. weil der höchstmögliche Anspruch bereits ausgeschöpft war, Aussteuerung gemäß § 48 SGB V), ist das Vorliegen von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit durch entsprechende Bescheinigungen/Meldungen der Krankenkasse nachzuweisen.

Nach Ablehnung eines Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 16.9.1986, 3 RK 27/85, und v. 7.8.1991, 1/3 RK 28/89) Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht vor, wenn der Versicherte noch andere Tätigkeiten verrichten kann, die seiner bisherigen Erwerbstätigkeit nach Art und Entgelt entsprechen, wenn solche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden und für den Versicherten zumutbar zu erreichen sind.

 

Rz. 7

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation i. S. d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 werden bewilligt, um Krankheiten zu verhüten (Prävention), die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu erhalten oder wiederherzustellen. Sie werden i. d. R. von einem Arzt veranlasst und überwacht. Neben den Rentenversicherungsträgern kommen als Träger von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, Versorgungsämter sowie die Agenturen für Arbeit in Betracht.

 

Rz. 8

Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herstellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern (§ 49 Abs. 1 SGB IX). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zielen darauf ab, den Rehabilitanden dauerhaft in den – nach Möglichkeit – ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen gemäß § 49 Abs. 3 SGB IX insbesondere

  • Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes,
  • Berufsvorbereitung,
  • individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen unterstützter Beschäftigung,
  • berufliche Anpassung und Weiterbildung,
  • berufliche Ausbildung,
  • Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit,
  • sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurden durch das Inkrafttreten des SGB IX mit Wirkung zum 1.7.2001 eingeführt. Das bis zum 30.6.2001 geltende Recht sah vergleichbare Leistungen als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation vor.

 

Rz. 9

Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, des Bezuges von medizinischen Leistungen zur Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wurden bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Anerkennung als Anrechnungszeit nach dem bis zum 30.9.1974 geltenden Recht ausschließlich als beitragsfreie Zeiten i. S. v. § 54 Abs. 4 anerkannt.

Erst durch das Inkrafttreten des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes v. 7.8.1974 (BGBl. I S. 1881) konnte mit Wirkung zum 1.10.1974 bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen der Bezug von Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auslösen (§ 1227 Abs. 1 Nr. 8a RVO a. F., § 2 Abs. 1 Nr. 10a AVG a. F., § 29 Abs. 1 Nr. 4 RKG a. F.).

Durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 v. 22.12.1983 (BGBl. I S. 1532) wurde für Zeiten ab 1.1.1984 anstelle der Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Nr. 8a RVO a. F., § 2 Abs. 1 Nr. 10a AVG a. F., § 29 Abs. 1 Nr. 4 RKG a. F. für Bezieher von Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld und Übergangsgeld eine Beitragspflicht (§ 1385b RVO, § 112b AVG, § 130b RKG) eing...

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