0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die im 2. Kapitel des SGB VI verorteten Berechnungsgrundsätze zum Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 121 bis 124) sind mit Wirkung zum 1.1.1992 durch das RRG 1992 v. 19.12.1989 (BGBl. I S. 2261) in Kraft getreten, und zwar im 6. Abschnitt, 3. Unterabschnitt.

Mit Wirkung zum 1.1.2002 wurde der 3. Unterabschnitt wegen der Einführung des Rentensplittings unter Ehegatten (§§ 120a bis 120c) zum 4. Unterabschnitt (vgl. Art. 1 Nr. 35 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens – Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG v. 21.3.2001, BGBl. I S. 403).

Durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) v. 3.4.2009 (BGBl. I S. 700) wurden mit Wirkung zum 1.9.2009 weitere Regelungen zum Versorgungsausgleich eingefügt (§§ 120f bis 120h); dies hatte zur Folge, dass die Berechnungsgrundsätze in einen neuen 5. Unterabschnitt verschoben worden sind.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Soweit sich aus spezielleren Vorschriften nicht etwas anderes ergibt, sind im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung für Berechnungen die in §§ 121 bis 124 enthaltenen Berechnungsgrundsätze einschlägig. Im Einzelnen erstreckt sich der Anwendungsbereich dieser Vorschriften z. B. auf die

  • Zusammenstellung der Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten (§ 54),
  • Prüfung von Wartezeiten (§ 50) für Rentenansprüche sowie für Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
  • Ermittlung der Summe der für eine Rentenberechnung maßgebenden Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11),
  • Berechnung der Monatsrente (§ 64),
  • Anwendung von Anrechnungsvorschriften (§§ 93, 96a, 97, 97a).

Darüber hinaus gelten die Berechnungsgrundsätze des 2. Kapitels des SGB VI "Leistungen" (§§ 121 bis 124) gemäß § 189 grundsätzlich auch für die Berechnungen, die bei Anwendung der Vorschriften des 4. Kapitels des SGB VI "Finanzierung" durchzuführen sind (z. B. bei der Berechnung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung); dies gilt allerdings nicht, wenn in den dortigen Vorschriften eine von §§ 121 bis 124 abweichende Berechnungsmethode bestimmt ist.

§ 121 enthält "allgemeine Berechnungsgrundsätze". Dabei regelt Abs. 1, dass Berechnungen auf 4 Dezimalstellen durchzuführen sind, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist. Abs. 2 ergänzt Abs. 1 insoweit, als danach die letzte Dezimalstelle um 1 zu erhöhen ist, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Zahlen 5 bis 9 ergibt (= sog. kaufmännische Rundung). Die Berechnungen sind somit zunächst auf 5 Dezimalstellen durchzuführen; in Abhängigkeit von der Zahl, die sich danach in der 5. Dezimalstelle ergibt, ist schließlich die 4. Dezimalstelle ggf. um 1 zu erhöhen.

Abs. 3 bestimmt für Berechnungen, die auf volle Werte (z. B. volle Kalendermonate) vorzunehmen sind, dass der Wert vor der ersten Dezimalstelle um 1 zu erhöhen ist, wenn sich nach Anwendung von Abs. 1 und 2 in den ersten 4 Dezimalstellen eine der Zahlen 1 bis 9 ergibt.

Abs. 4 regelt schließlich, dass bei Berechnungen vor einer Division zunächst die anderen Rechengänge durchzuführen sind.

2 Rechtspraxis

2.1 Anzahl der zu berechnenden Dezimalstellen

 

Rz. 3

Nach Abs. 1 der Vorschrift sind Berechnungen grundsätzlich auf 4 Dezimalstellen vorzunehmen. Ergänzend hierzu regelt Abs. 2, dass zunächst 5 Dezimalstellen zu ermitteln sind und die 4. Dezimalstelle um 1 zu erhöhen ist, wenn sich in der 5. Dezimalstelle eine der Zahlen 5 bis 9 ergibt (= kaufmännische Rundung). Die Berechnungsmethode nach den Abs. 1 und 2 findet vor allem bei der Ermittlung von Entgeltpunkten nach §§ 70 bis 78a, 83 bis 88a, 256 bis 265a Anwendung.

 

Rz. 4

Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 ergeben sich z. B. Entgeltpunkte für Beitragszeiten, indem die jeweilige Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt (lt. Anlage 1 zum SGB VI) für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Die folgenden Beispiele sollen die Berechnung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten nach § 70 Abs. 1 unter Berücksichtigung der in § 121 Abs. 1 und 2 enthaltenen allgemeinen Berechnungsgrundsätze verdeutlichen.

 

Rz. 5

 

Beispiel 1:

 
Für den Versicherten A wurden im Jahr 1995 Beiträge von einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 54.370,10 DM gezahlt.
Die Beitragsbemessungsgrundlage des Jahres 1995 betrug für den Versicherten B 54.372,60 DM.
Das Durchschnittsentgelt des Jahres 1995 betrug lt. Anlage 1 zum SGB VI 50.665,00 DM. Zu ermitteln sind die Entgeltpunkte für Beitragszeiten, die sich für die Versicherten A und B bezogen auf das Kalenderjahr 1995 gemäß §§ 70 Abs. 1, 121 Abs. 1 und 2 ergeben.
Lösung:  

Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten für das

Jahr 1995 für den Versicherten A:
 
54.370,10 DM = 1,07312 = 1,0731 EP
50.665,00 DM
Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten für das Jahr 1995 für den Versicherten B:  
54.372,60 DM = 1,07317 = 1,0732 EP
50.665,00 DM
 

Beispiel 2:

 
Für den Versicherten C wurden in der Zeit vom 1.1.2019 bis zum 30.9.2019 Beiträge von einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 25.444,20 EUR...

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