0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Diese Vorschrift ist mit der Einführung des SGB IV durch Gesetz v. 23.12.1996 (BGBl. I S. 3845) erlassen worden und am 1.7.1997 in Kraft getreten. Sie wurde zwischenzeitlich mehrfach geändert und ergänzt. Erhebliche Veränderungen wurden mit dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse v. 24.2.1999 (BGBl. I S. 388) sowie mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) vorgenommen. Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2933) wurde Abs. 2 mit Wirkung zum 1.1.2009 um einen Satz ergänzt. Die Änderung und Ergänzung des Abs. 2 Satz 3 wurde mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 5.8.2010 (BGBl. I S. 1127) mit Wirkung zum 11.8.2010 vorgenommen. Durch Art. 1 des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung v. 5.12.2012 (BGBl. I S. 2474) wurde mit Wirkung zum 1.1.2013 die Geringfügigkeitsgrenze angehoben. Zugleich wurde die regelhafte Versicherungsfreiheit entgeltgeringfügiger Beschäftigungen in der Rentenversicherung aufgehoben. Durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz v. 11.8.2014 (BGBl. I S. 1348) wurde in § 115 eine befristete Erweiterung der für die Kurzfristigkeit maßgeblichen Zeiträume auf 3 Monate bzw. 70 Tage vorgenommen. Vom 1.3.2021 bis einschließlich 31.10.2021 wurden diese Zeiträume durch § 132 Satz 1 auf längstens 4 Monate oder 102 Arbeitstage erweitert, um Saisonbeschäftigungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie zu erleichtern. Durch das Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (Qualifizierungschancengesetz) v. 18.12.2018 (BGBl. I S. 2651) wurde die Erweiterung auf 3 Monate bzw. 70 Tage dauerhaft festgeschrieben. Zum 1.10.2022 ist die Vorschrift grundlegend durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (Mindestlohnerhöhungsgesetz) v. 28.6.2022 (BGBl. I S. 969) geändert worden. Die Entgeltgrenze von 450,00 EUR ist durch den Begriff der Geringfügigkeitsgrenze ersetzt worden. Diese Grenze wird in dem neu hinzugefügten Abs. 1a definiert als das auf einen Monat berechnete Produkt des geltenden Mindestlohns und einer Arbeitszeit von 10 Wochenstunden. Der ebenfalls neu geschaffene Abs. 1b regelt die Möglichkeit und Grenzen einer unvorhersehbaren Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Mit dieser Vorschrift sollte für alle Zweige der Sozialversicherung eine einheitliche Beurteilung von versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigungen erreicht werden. Das gilt mit Ausnahme der Rentenversicherung auch weiterhin. Zusätzlich sind mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt seit dem 1.4.2003 besondere Vorschriften für geringfügig entlohnte Beschäftigungen in Privathaushalten (vgl. § 8a) eingeführt worden. Der Grenzwert für die Versicherungsfreiheit der geringfügig entlohnten Beschäftigten ist zunächst 2003 auf 400,00 EUR und mit Wirkung zum 1.1.2013 auf 450,00 EUR erhöht worden. Zum 1.10.2022 ist eine an den jeweils geltenden Mindestlohn anknüpfende Dynamisierung der Geringfügigkeitsgrenze eingeführt worden. Mehrere Beschäftigungsverhältnisse sind für die Frage der Geringfügigkeit regelmäßig zusammen zu betrachten. Grundsätzlich sind von dem Arbeitgeber für geringfügig entlohnte Beschäftigte Beiträge zur Rentenversicherung, Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung sowie pauschale Lohn- und Kirchensteuern einschließlich des Solidarzuschlags zu entrichten. Weiterhin sind die Umlagen U1 und U2 (vgl. Rz. 43) und die Insolvenzgeldumlage (vgl. Rz. 35a) an die zuständige Einzugsstelle, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 28i Satz 5, vgl. Rz. 42) abzuführen.

Geringfügig entlohnte Beschäftigte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1) können sich von der seit 1.1.2013 grundsätzlich bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, § 6 Abs. 1b SGB VI.

Für den Bereich der sozialen Pflegeversicherung gibt es keine Bestimmung über die Versicherungsfreiheit von geringfügigen Beschäftigungen i. S. d. § 8, weil § 20 Abs. 1 SGB XI nur die krankenversicherungspflichtigen Mitglieder der Pflegeversicherungspflicht unterstellt. Diejenigen Beschäftigten, die nach § 7 SGB V wegen der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung krankenversicherungsfrei sind, bleiben mit Rücksicht auf § 20 Abs. 1 SGB XI auch versicherungsfrei in der sozialen Pflegeversicherung.

2 Rechtspraxis

2.1 Versicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigungen

 

Rz. 2

Geringfügige Beschäftigungen i. S. d. § 8 Abs. 1 sind nach § 7 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung und i. d. R. nach § 27 Abs. 2 SGB III nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungsfrei. Versicherungsfreiheit besteht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach wie vor für kurzfristige Beschäftigungen i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 2. Entgeltgeringfügige Beschäftigungen i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 sind dort hingegen seit dem 1.1...

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