0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist am 1.7.1977 in Kraft getreten. Eine Vorgängervorschrift gab es nicht, jedoch war in bestimmten Normen für einzelne Versicherungsträger die Rechtsfähigkeit festgelegt (z. B. § 4 RVO a. F.) bzw. die Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestimmt (z. B. § 7 Satz 2 RKG, § 16 Abs. 2 GAL, § 1 Abs. 2 BfA ErrG). Mit Wirkung zum 1.1.1997 ist Abs. 4 durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) geändert worden. Dieser Abs. 4 ist dann durch das Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz (HZvNG) v. 21.6.2002 (BGBl. I S. 2167) mit Wirkung zum 1.1.2003 gestrichen worden. Diese Änderung war aufgrund der Errichtung einer Unfallkasse des Bundes notwendig (BR-Drs. 214/02). Seit dem 19.11.2009 gilt § 29 i. d. F. der Bekanntmachung v. 12.11.2009 (BGBl. I S. 3710).

1 Allgemeines

 

Rz. 2

§ 29 ist die Grundnorm hinsichtlich der Organisation der Sozialversicherung und ihrer Träger. Er legt die Grundsätze für die Rechtsstellung sowie die innere Ordnung fest. Anders als in den Normen, die im früheren Recht lediglich Teilkodifikationen darstellten, hat der Gesetzgeber im SGB IV die für alle Sozialversicherungszweige geltenden organisationsrechtlichen Vorschriften ähnlich wie die Normen über den versicherten Personenkreis und das Sozialversicherungsverhältnis als allgemeine Norm "vor die Klammer" gezogen. Abs. 1 enthält eine Legaldefinition des Versicherungsträgers und bestimmt seine Rechtsnatur. Der Grundsatz der paritätischen Selbstverwaltung wird in Abs. 2 normiert. Abs. 3 verpflichtet die Versicherungsträger zur gesetzeskonformen Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

2 Rechtspraxis

2.1 Träger der Sozialversicherung

 

Rz. 3

Die Träger der Sozialversicherung sind in den §§ 21 bis 23 SGB I genannt. In diesen Vorschriften erfolgt zugleich eine Aufgabenübertragung durch Benennung eines Leistungskatalogs. Bis zur Errichtung einer Unfallkasse des Bundes durch das HZvNG v. 21.6.2002 nahmen die Ausführungsbehörden bis zum 31.12.2002 eine Sonderstellung ein. Sie waren keine Sozialversicherungsträger i. S. v. Selbstverwaltungskörperschaften, sondern Bundesbehörden zur Wahrnehmung der im Rahmen der öffentlichen Verwaltung zu erfüllenden Versicherungsaufgaben (§ 115 SGB VII i. d. F. bis zum 31.12.2002). Mit der Errichtung einer Unfallkasse des Bundes gemäß § 218b SGB VII ist diese Besonderheit ab 1.1.2003 obsolet.

 

Rz. 4

Zu den Sozialversicherungsträgern zählen

  • Krankenversicherung: Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See sowie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Träger der Krankenversicherung (§ 4 Abs. 2 SGB V);
  • Pflegeversicherung: Pflegekassen bei den Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 46 SGB XI);
  • Unfallversicherung: gewerbliche Berufsgenossenschaften einschließlich der See-Berufsgenossenschaft, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften), Unfallkassen und Gemeindeunfallversicherungsverbände (§ 114 SGB VII);
  • Rentenversicherung: die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 125 SGB VI);
  • Alterssicherung der Landwirte: Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (landwirtschaftliche Alterskassen – §§ 49, 111 ALG).

Obwohl die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 als Versicherungsträger i. S. d. SGB IV gilt, sind die §§ 29 bis 42 (Verfassung der Sozialversicherungsträger) kraft ausdrücklicher Bestimmung in § 1 Abs. 1 Satz 2 auf die Bundesagentur für Arbeit nicht anwendbar. Vielmehr sind die erforderlichen Regelungen spezialgesetzlich im SGB III §§ 367 ff. enthalten. Die Künstlersozialkasse ist kein selbständiger Versicherungsträger (mehr), sondern eine unselbständige Abteilung der Unfallkasse des Bundes (§ 37 KSVG). Keine Versicherungsträger sind die übrigen in § 12 SGB I genannten Leistungsträger und die privaten (Pflege-)Versicherungsunternehmen. Bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen ist dies umstritten (Winkler, in: LPK-SGB IV, § 29 Rz.4 m.w.N.).

 

Rz. 5

Selbstverwaltungsorgane haben auch die Dachorganisationen der Versicherungsträger wie die Landesverbände der Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (§§ 207 ff. SGB V), die kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigungen (§ 79 SGB V) und die landwirtschaftlichen Kassenverbände (§§ 53, 55 ALG).

 

Rz. 6

§ 29 geht davon aus, dass die Sozialversicherungsaufgaben von selbständigen Trägern im Sinne von Rechtssubjekten durchgeführt werden. Besonderheiten bestehen bei den Sozialversicherungsträgern, die entweder für mehrere Versicherungszweige zuständig sind oder ihre Aufgaben in einer Verwaltungsgemeinschaft wahrnehmen (landwirtschaftliche Sozialversicherungsträger, Kranken- und Pflegekassen).

2.2 Rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts

 

Rz. 7

Körperschaften des öffentlichen Rechts sind mitgliedschaftlich organisierte, rechtsfähige Verbände, die staat...

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