0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 114 ist mit Wirkung zum 1.1.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) v. 21.3.2001 (BGBl. I S. 403) eingefügt worden. Bereits vor dem Inkrafttreten änderte das Altersvermögensgesetz (AVmG) v. 26.6.2001 (BGBl. I S. 1310) Abs. 4 insoweit, als die Worte "ab dem 1. Juli 2002" gestrichen wurden. Eine weitere Änderung in Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 erfolgte durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) v. 20.4.2007 (BGBl. I S. 554) mit Wirkung zum 1.7.2007. Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze v. 5.8.2010 (BGBl. I S. 1127) sind in Abs. 4 die Nr. 2 und 3 mit Wirkung zum 11.8.2010 geändert worden. Das Fünfte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) hat mit Wirkung zum 1.7.2015 Abs. 2 und 4 geändert.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift beinhaltet eine Übergangs- und Bestandsschutzregelung für Bezieher einer Rente wegen Todes aus einem Sozialversicherungsverhältnis (Rentenversicherung, Unfallversicherung, Alterssicherung der Landwirte). Da mit Wirkung zum 1.1.2002 neben den bis dahin ausschließlich zu berücksichtigenden Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen weitere Einkommensarten (z. B. Vermögenseinkommen, Erwerbsersatzeinkommen auf privatrechtlicher Grundlage) angerechnet werden (§§ 18a ff.), bedurfte es unter Vertrauensschutzgesichtspunkten der Regelung in § 114; denn die Versicherten haben sich bei ihrer Lebensplanung an den bis zum 31.12.2001 geltenden Regelungen orientiert und können sich nach Ansicht des Gesetzgebers zumutbar nicht mehr auf die mit dem neuen Recht eingeführten Änderungen bei der Einkommensanrechnung einstellen (BT-Drs. 14/4595 S. 60). Deshalb soll es für die in § 114 genannten Personenkreise bei der bis zum 31.12.2001 geltenden Einkommensanrechnung verbleiben. Insoweit stellt § 114 eine Sonderregelung zu §§ 18a ff. dar.

 

Rz. 3

Abs. 1 gewährleistet Bestandsschutz für Witwen/Witwer, bei denen der Versicherungsfall vor dem 1.1.2002 eingetreten ist, sowie für Ehepaare, bei denen zumindest ein Ehepartner vor dem 2.1.1962 geboren ist, also beim Inkrafttreten der Neuregelung 40 Jahre alt war. Durch Abs. 2 wird dieser Bestandsschutz auf Erziehungsrenten für geschiedene Ehegatten erweitert. Abs. 2 gilt seit dem 1.7.2015 nicht mehr für Waisenrenten, da die Einkommensanrechnung auf Waisenrenten abgeschafft wurde (BR-Drs. 541/14 S. 37). Abs. 3 legt den Umfang des Bestandsschutzes fest. Abs. 4 bestimmt für besondere Erwerbsersatzeinkommen von § 18b Abs. 5 abweichende Abzugsbeträge, die durch die letzte Gesetzesänderung der höheren Belastung und Sozialabgaben angepasst worden sind. Demgegenüber enthält Abs. 5 in einem zeitlich befristeten Umfang bis zum 30.6.2002 für sog. Bestandsrenten nochmals modifizierte Abzugsregelungen.

2 Rechtspraxis

2.1 Erfasster Personenkreis

 

Rz. 4

Die Einkommensanrechnung gemäß § 18a i. d. F. ab dem 1.1.2002 findet keine Anwendung in folgenden Fällen:

1. Witwen-/Witwerrenten

  • Tod des versicherten Ehegatten vor dem 1.1.2002 (und nach dem 31.12.1985, da bei zuvor verstorbenen Ehegatten eine Einkommensanrechnung generell ausgeschlossen ist, soweit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen sind – § 314 SGB VI; Gleiches gilt, soweit die in § 314 Abs. 1 SGB VI genannte Erklärung abgegeben worden ist)
  • Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen, mindestens ein Ehepartner vor dem 2.1.1962 geboren und Tod des versicherten Ehegatten nach dem 31.12.2001 (damit verbleibt es für einen längeren Zeitraum im Regelfall bei der Einkommensanrechnung alten Rechts)

2. Erziehungsrenten (§ 47 SGB VI)

  • Tod des geschiedenen Ehegatten vor dem 1.1.2002
  • Eheschließung vor dem 1.1.2002, mindestens ein Ehepartner vor dem 2.1.1962 geboren und Tod des geschiedenen Ehegatten nach dem 31.12.2001

3. Waisenrenten

Aufgrund der Abschaffung der Einkommensanrechnung auf Waisenrenten ist die Regelung obsolet geworden (BR-Drs. 541/14 S. 37). Soweit die Auffassung vertreten wird, dass auch die Bezieher einer sog. Geschiedenenwitwen-/-witwerrente gemäß § 243 SGB VI von der Regelung in Abs. 2 erfasst werden (Sehnert, in: Hauck, SGB IV, § 114 Rz. 10), kann dem nicht gefolgt werden (ebenso Maier, in: Kasseler Kommentar, SGB IV, § 114 Rz. 11); denn für eine derartige Auslegung des gesetzgeberischen Willens ist kein Raum, da Wortlaut und Sinnzusammenhang nicht nur keinen Anhaltspunkt geben, sondern eher dagegensprechen. Von der Regelung sind nur geschiedene Witwen/Witwer erfasst, deren Ehe nach dem 30.6.1977 geschieden worden ist (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

Der Bestandsschutz gilt hingegen auch bei Witwen-/Witwerrenten an einen überlebenden Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, wenn der verstorbene Lebenspartner entweder vor dem 1.1.2002 verstorben ist oder bei einem Tod nach dem 31.12.2001 die Lebenspartnerschaft vor dem 1.1.2002 begründet wurde und der Lebenspartner vor dem 2.1.1962 geboren ist.

2.2 Einkommen

 

Rz. 5

Die Vorschrift...

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