Rz. 2

Die Gesetzesbegründungen finden sich in der BT-Drs. 19/18473 S. 12, 36 ff. und in der BR-Drs. 85/20 S. 2, 33 ff., wobei diese beiden Erwägungen identisch sind, und in der BT-Drs. 19/20711 (Beschlussempfehlung und Bericht).

 

Rz. 3

Mit der Grundrente wird eine steuerfinanzierte (Zusatz-)Leistung in das System der deutschen Rentenversicherung aus sozialen Erwägungen eingeführt. § 76g ist dabei die zentrale Anspruchsregelung. Das Instrument hat große praktische Relevanz, die Deutsche Rentenversicherung geht davon aus, dass etwa 1,3 Mio. Menschen in Deutschland von der Grundrente profitieren werden (vgl. auch Haufe News vom 15.12.2020: "Der Grundrentenzuschlag als janusköpfige Hybridleistung", online abrufbar unter der Adresse: https://www.haufe.de/sozialwesen/versicherungen-beitraege/die-grundrente-im-faktencheck_240_532500.html, zuletzt abgerufen am 4.3.2024). Der Begriff Grundrente wird dabei selbst nicht verwendet, da die Rente nicht als eigenständiger Rententyp (das betont auch die DRV, vgl. DRV-Rundschreiben 3/2020 v. 8.7.2020 S. 1; vgl. auch Berdysz, Kompass/KBS 2021, Nr. 3/4, 3) umgesetzt wurde, sondern als Zuschlagsregelung; Grundrentenzuschlag. Die Grundrente steht damit als steuerfinanzierte (Zusatz-)Leistung dem im Rentenrecht beherrschenden Grundprinzip des § 63 Abs. 1 entgegen. § 63 Abs. 1 schreibt das rentenrechtliche Prinzip der Lebensleistung –das Äquivalenzprinzips – fest. Das prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz, nach der die Rangordnung der Rentenleistung grundsätzlich der Rangordnung der versicherten Einkommen folgt, wird durch den Grundrentenzuschlag ein gutes Stück ausgehebelt. Wer lange hohe Beiträge zahlt, erhält regelmäßig eine höhere Rente. Ausdruck findet diese eigene Beitragsleistung in den persönlichen Entgeltpunkten (§ 66). Dieses Prinzip durchbricht § 76g. Flankiert wird das Lebensleistungsprinzip aber schon seit jeher auch durch ergänzende Elemente des sozialen Ausgleichs, wie z. B. durch die Rente nach Mindesteinkommen (§ 262 SGB VI), durch die Bewertung von beitragsfreien Zeiten (§ 63 Abs. 3) oder insbesondere auch durch die sog. Mütterrente – also die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach §§ 56, 249 (für Neurentner) und § 307d (der eine Zuschlagsregelung für Bestandsrentner enthält).

 

Rz. 4

Der Gesetzgeber hat dabei die Grundrente – als eine Art eines existenzsichernden Grundeinkommens – herausgelöst aus den Regeln des Fürsorgesorgesystems des SGB XII, das in seinem Vierten Kapitel in den §§ 41 ff. SGB XII die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt und dessen Anspruch grundsätzlich den Einsatz von Einkommen und Vermögen i. S. einer echten Bedürftigkeitsprüfung vorsieht (§ 43 SGB XII). Der Anspruch auf Grundrentenzuschlag wird zwar mit einer Einkommensprüfung- und anrechnung nach § 97a verknüpft (vgl. zur Einkommensanrechnung auch die gesetzgeberischen Erwägungen; BT-Drs. 19/20711 – Beschlussempfehlung und Bericht S. 3). Dabei handelt es sich aber gerade nicht um eine Bedürftigkeitsprüfung, wie sie die Fürsorgesysteme kennen (eine solche Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung war noch Gegenstand des Koalitionsvertrags v. 12.3.2018; auch eine Zusammenarbeit der Rentenversicherung mit den Grundsicherungsämtern war vorgesehen). Der Grundrentenzuschlag sollte gerade von einer Bedürftigkeitsprüfung unabhängig sein (BT-Drs. 19/18473 S. 2, BR-Drs. 85/20 S. 2, BT-Drs. 19/20711 – Beschlussempfehlung und Bericht S. 2). Darüber hinaus ist der Grundrentenzuschlag vollständig losgelöst von einer Berücksichtigung von Vermögen; eine Vermögensanrechnung findet nicht statt (vgl. insoweit zusammenfassend auch Ruland, NZS 2021, 241).

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