Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise zwecks Stärkung der Kundenbindung. Skiabfahrt. sachlicher Zusammenhang. Geschäftsführer. eigenwirtschaftlicher Zweck. keine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Nichtanrechnung auf den Jahresurlaub

 

Orientierungssatz

1. Zum Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles eines Geschäftsführers, der im Rahmen einer mehrtätigen Dienstreise zwecks Stärkung der Kundenbindung bei einer Skifahrt verunglückte.

2. Die Freistellung des Geschäftsführers für die Skifahrt durch seine Arbeitgeberin ohne Anrechnung auf seinen Jahresurlaub ist unerheblich. Es steht nicht zur Disposition von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den gesetzlichen Versicherungsschutz auf beliebige Sachverhalte mit eigenwirtschaftlichem Charakter auszudehnen.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 27. September 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung eines Skiunfalls als Arbeitsunfall.

Der 1970 geborene Kläger war Geschäftsführer der D. GmbH - DX. - aus D-Stadt, deren Rechtsnachfolgerin ab 1. Januar 2017 die E. - DX. eG - aus E-Stadt ist. Für Kunden des Unternehmens führte die Firma regelmäßig Reisen durch, u. a. eine Skifahrt nach Aspen, Colorado, USA, vom 29. Februar bis zum 7. März 2016, an der auch der Kläger teilnahm. Es handelte sich dabei um eine Veranstaltung zur Intensivierung der Kundenbindung, zu der die D. GmbH ausgewählte Kunden eingeladen hatte. Der Einladungsflyer sah eine sechstägige Skireise nach Aspen Mountain, Aspen Highlands, Buttermilk und Snowmass vor, die täglich Orientierungsskikurse mit Kennern der Gegend beinhaltete. Die Kosten der Skireise wurden überwiegend von der D. GmbH getragen. Ein über das Skifahren hinausgehendes Programm enthielt der Flyer nicht. Neben dem Kläger nahmen an der Skifahrt ein weiterer Mitarbeiter der D. GmbH, ein Mitarbeiter der E. F-Stadt sowie vier Kunden von Dachdeckerfirmen teil.

Ausweislich der Unfallanzeige der D. GmbH vom 10. März 2016 erlitt der Kläger am 4. März 2016 um 11.20 Uhr einen Unfall, als beim Umsetzen seine Skier verkanteten, er daraufhin stürzte und einen Hang hinunterrutschte. Dabei zog sich der Kläger eine Oberschenkelfraktur rechts zu, die im Aspen Valley Hospital in Aspen, Colorado, USA operativ versorgt wurde. Der Rücktransport des Klägers nach Deutschland erfolgte durch den ADAC. Den Durchgangsarzt Dr. G. konsultierte der Kläger erstmalig am 8. März 2016. Jener diagnostizierte einen Zustand nach Femurnagel bei Femurschaftfraktur rechts (Durchgangsarztbericht vom 14. März 2016).

Nachdem die Beklagte zunächst verschiedene Leistungen bewilligt hatte (u. a. für Physiotherapie, Fahrtkosten und den Krankenrücktransport durch den ADAC sowie Verletztengeld, das die Krankenkasse für die Zeit vom 18. April 2016 bis zum 1. Juni 2016 ausgezahlt hatte), forderte sie die D. GmbH mit Schreiben vom 5. Mai 2017 zur Beantwortung verschiedener Fragen auf, um zu klären, ob es sich bei der von dem Kläger durchgeführten Tätigkeit um eine versicherte Tätigkeit gehandelt habe. Die Beantwortung der Anfrage erfolgte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Juli 2017. Danach habe der Kläger als Geschäftsführer der D. GmbH entschieden, diese Kundenveranstaltung durchzuführen. Die Veranstaltung sei dafür gedacht gewesen, die Kundenbindung zu intensivieren. Der Arbeitgeberin sei die Teilnahme an den Aktivitäten, auch an der Skiabfahrt, wichtig gewesen. Es sei zu jeder Zeit um die Pflege geschäftlicher Kontakte gegangen, sei es bei dem gemeinsamen Frühstück oder einer - auch teilweise zufälligen - gemeinsamen Pause auf einer Berghütte. Zweck dieser Reise sei es gewesen, gemeinsam Skivergnügen zu erleben und dies mit geschäftlichen Gesprächen zu verbinden. Einen Verantwortlichen während der Reise habe es nicht gegeben, einzig die Voraborganisation sei von der D. GmbH übernommen worden.

Mit Bescheid vom 11. August 2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt eine eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit ausgeübt. Bei der Skireise hätten Freizeit und Unterhaltung im Vordergrund gestanden, so dass es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang gefehlt habe. Skifahren selbst gehöre erkennbar nicht zu den arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten als Geschäftsführer der Firma. Überdies habe es der Kläger selbst in der Hand gehabt, die konkreten Aktivitäten zur Kundenbindung nach seinem Interesse frei zu wählen und damit keinerlei Veranlassung gehabt, am Unfalltag die Skipiste zu befahren, um einen geschäftlichen Kontakt fortzusetzen.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. September 2017 Widerspruch ein, den er mit dem Konzept der Veranstaltung begründete, das gerade auf das gemeinsame Skifahren mit den Kunden zwecks Kundenbindung ...

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