Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Anspruch des Versicherten auf Unterstützungsleistungen bei einem Verdacht auf ärztlichen Behandlungsfehler

 

Orientierungssatz

1. Unterstützung iS des § 66 SGB 5 zielt darauf ab, dem Versicherten Leistungen zu gewähren, die ihm die Beweisführung erleichtern, dh ihm die für eine Rechtsverfolgung essentiellen Informationen zugänglich zu machen. Unterstützungsleistungen beschränken sich regelmäßig auf die Verschaffung von Auskünften über die vom Arzt gestellten Diagnosen, die angewandte Therapie, die Namen der Behandler, die Anforderung ärztlicher Unterlagen einschließlich Röntgen-Aufnahmen etc von der Behandlung und die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) nach § 275 Abs 3 Nr 4 SGB 5.

2. Dieser Pflicht genügt die Krankenkasse, wenn sie durch den Sozialmedizinischen Dienst, der die Aufgaben des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Bereich Knappschaft-Bahn-See übernommen hat, ein Gutachten nach Beiziehung der relevanten medizinischen Unterlagen erstellen lässt und dem Versicherten alle Unterlagen zur Verfügung stellt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 5. November 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Unterstützungsleistungen der Krankenkasse bei einem Verdacht auf ärztliche Behandlungsfehler im Rahmen seiner medizinischen Behandlung.

Der 1941 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger befand sich vom 23. November 2010 bis zum 2. Dezember 2010 stationär im Klinikum K., wo eine radikale Prostatovesikulektomie mit regionaler Lymphadenektomie erfolgte. Im September 2012 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Unterstützung bei seinem Verdacht auf Vorliegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers im Rahmen seiner medizinischen Behandlung. Zur Begründung wies der Kläger u.a. darauf hin, dass er vor der Operation nur unzureichend über die Risiken einer Prostata-Operation aufgeklärt worden sei, äußerte den Verdacht auf Verletzung des Schließmuskels und des Lymphgefäßsystems von außen durch die Prostata-Operation und rügte eine fehlende Nachsorge nach der Prostata-Operation. So leide er u.a. unter einer starken Harninkontinenz, schweren Hautschäden an den Beinen und im gesamten Genitalbereich. Die Beklagte forderte medizinische Unterlagen bei dem Klinikum K., der F-Klinik, Fachklinik für Lymphologie, H. und von dem Hausarzt des Klägers, Dr. C., an und holte im Anschluss daran eine medizinische Stellungnahme des Zentralen Beratungsdienstes - Sozialmedizin -, Dr. D., ein. Dr. D. kam in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 2013 nach Auswertung der medizinischen Unterlagen zu dem Ergebnis, dass aus seiner Sicht keine belastbaren Indizien für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers welcher Art auch immer als Ursache oder Verschlimmerungsfaktor der in der Tat sehr ungewöhnlichen und leider schweren und stark beeinträchtigenden Komplikation bestünden. Dies teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27. Februar 2013 mit, wies darauf hin, dass eine weitere Hilfe von Seiten der Beklagten nicht mehr erfolgen könne, es dem Kläger aber freistehe, die Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen bei der Landesärztekammer Hessen einzuschalten oder die Schadensersatzansprüche durch Erhebung einer Schadensersatzklage geltend zu machen und übersandte dem Kläger die medizinischen Unterlagen. Am 6. März 2013 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2013 als unzulässig zurückwies. Das aufklärende Schreiben vom 27. Februar 2013 habe lediglich der Erläuterung des Ergebnisses der Prüfung der medizinischen Unterlagen durch den Sozialmedizinischen Dienst zu dem vermuteten Behandlungsfehler gedient. Es stelle keinen Verwaltungsakt dar, da eine rechtsverbindliche Entscheidung nicht getroffen worden sei, so dass der Widerspruch als unzulässig einzustufen sei.

Hiergegen hat der Kläger am 18. April 2013 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben und ausgeführt, dass der Behandlungsfehler bei der Operation und in der Nachsorge von Fachärzten, z.B. im Wege seiner persönlichen Vorstellung bei diesen, überprüft werden müsse. Er leide mittlerweile u.a. unter einer Belastungsinkontinenz II - III, einem ausgeprägten Lymphödem beider Beine, der Hoden und des Penis und chronischen Harnröhrenentzündungen. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Kläger einen Arztbrief von Dr. E. vom 10. April 2013 und Schreiben der Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen bei der Landesärztekammer Hessen vom 4. Juli 2013 und vom 29. August 2013 vorgelegt. Mit Beschluss vom 30. April 2013 hat sich das Sozialgericht Kassel für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Gießen verwiesen. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung festgehalten u...

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