Die Leistungen der häuslichen Krankenpflege sind nicht auf den Haushalt des Versicherten begrenzt. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen dort notwendig ist. Dazu zählen Orte, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann. Dort müssen des Weiteren für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen. Orte in diesem Sinne können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.[1]

7.1 Behandlungspflege in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

Häusliche Krankenpflege kann auch in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen verordnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass

  • die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und
  • die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund des § 10 SchwbWV verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen.

7.2 Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen

Für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden.[1]

Abweichend davon ist eine Verordnung von Behandlungspflege aber für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben.[2] Dies ist der Fall, wenn die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich ist, insbesondere weil[3]

  • behandlungspflegerische Maßnahmen in ihrer Intensität oder Häufigkeit unvorhersehbar am Tag und in der Nacht erfolgen müssen oder
  • die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes am Tag und in der Nacht erforderlich ist.

Die Höhe der Kostenübernahme ist in solchen Fällen identisch mit der Höhe der Kostenübernahme für außerklinische Intensivpflege in stationären Pflegeeinrichtungen.[4]

7.3 Behandlungspflege in Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen i. S. d. § 43a SGB XI Leistungen der Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert. Dieser seit 1.1.2017 bestehende Anspruch besteht unabhängig von den Verträgen der Eingliederungshilfe.

Für die sog. "einfachsten" Maßnahmen der Behandlungspflege ist weiterhin die Eingliederungshilfe als Finanzierungsträger zuständig.

Darüber hinaus ist die Eingliederungshilfe auch für weitergehende Maßnahmen der Behandlungspflege zuständig, sofern sich dies aus ihren Verträgen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenspektrum auch unter Berücksichtigung ihrer Zielgruppe und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung ergibt. Dies gilt nur, wenn es sich nicht um Maßnahmen der Behandlungspflege mit Bedarf nach einer ständigen Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft handelt.

Dies ist durch die Krankenkasse im Einzelfall zu prüfen. Ansonsten ist die gesetzliche Krankenversicherung leistungspflichtig.[1]

 
Hinweis

Einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege

Dies sind Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt grundsätzlich von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können, keine medizinische Fachkunde erfordern und nicht mit nennenswerten Infektions- oder Verletzungsgefahren verbunden sind.

Dazu zählen z. B.

  • Medikamentengabe nach ärztlicher Anweisung,
  • An- und Ablegen von einfach handhabbaren stützenden Verbänden,
  • Messung von Blutdruck und Blutzucker,
  • An- und Ausziehen von "Thrombosestrümpfen"
  • Einreiben mit Salben (soweit es sich nicht um eine schwierige Wundversorgung handelt),
  • Verabreichung von Bädern u. Ä.

7.4 Behandlungspflege in Kurzzeitpflegeheimen/Tages- oder Nachtpflegeeinrichtungen

Die Regelung des § 1 Abs. 6 HKrPflRL, wonach häusliche Krankenpflege für die Zeit des Aufenthaltes u. a. in Pflegeheimen nicht verordnet werden kann, hat in der Praxis zu folgender Frage geführt: Ob und ggf. in welchen Fällen besteht ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Kurzzeitpflegeeinrichtungen und in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege?

Vor diesem Hintergrund wird anknüpfend an die Gesetzesbegründung in § 1 Abs. 2 Satz 4 HKrPflRL klargestellt, dass Versicherte, die nicht nach § 14 SGB XI pflegebedürftig sind, einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege während eines Aufen...

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