[1] [akt.] Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sollen bei Eintritt des versicherten Risikos (Erwerbsminderung, Alter, Tod) grundsätzlich das ausfallende Arbeitsentgelt ersetzen (Entgelt- und Unterhaltersatzfunktion der Rente). Unter diesem Blickwinkel müssen die verschiedenen Hinzuverdienstgrenzen für die einzelnen Rentenarten gesehen werden. Damit wird auch verständlich, warum z.B. zu einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ein Hinzuverdienst ausdrücklich erwartet wird, während ein solcher zu einer Rente wegen voller Erwerbsminderung eingeschränkt ist und zu einer Regelaltersrente unbegrenzt hinzuverdient werden kann. Bei den Renten wegen Todes soll die Rente den fehlenden Unterhalt durch den verstorbenen Versicherten ersetzen. Das RRG 1992 hat für alle Renten wegen Todes die Einkommensanrechnung eingeführt mit dem Ziel, diese Renten nur in dem Umfang zu zahlen, wie der Berechtigte nicht durch eigenes Einkommen für seinen Unterhalt sorgen kann.

[2] Nachfolgend werden die Hinzuverdienstgrenzen für die einzelnen Rentenarten aufgezeigt. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten beziehen sich im Übrigen auf Einkünfte aus Arbeit, also aus Arbeitnehmerbeschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit. Im Übrigen sind die Einkünfte aus mehreren Beschäftigungen und/oder selbstständigen Tätigkeiten zusammenzurechnen.

Hinweis

Anmerkung der Redaktion:

Vorgezogene Altersrente:

Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten wurde zum 1.1.2023 aufgehoben. Mit dem Bezug einer Altersrente kann seitdem – unabhängig vom Erreichen der Regelaltersgrenze – hinzuverdient werden, ohne dass es zu einer Anrechnung auf die Rente kommt.

Durch die Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand kann ein Beitrag geleistet werden, dem bestehenden Arbeits- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird durch den Wegfall das bestehende Recht vereinfacht und Bürokratie insbesondere bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung abgebaut.

Erwerbsminderungsrenten:

Ferner wurden zum 1.1.2023 die Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrentnern angepasst. Die jährlichen Hinzuverdienstgrenzen knüpfen seitdem an die monatliche Bezugsgröße an und verändern sich damit entsprechend der Lohnentwicklung.

Rente wegen voller Erwerbsminderung:

Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wird das eingeschränkte Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich berücksichtigt und beträgt nach § 96a Abs. 1c Nr. 2 SGB VI 3/8 des 14-fachen der Bezugsgröße. Für 2023 ergibt sich daraus eine Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 17.823,75 EUR (West) bzw. 17.272,50 EUR (Ost).

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung:

Die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beträgt nach § 96a Abs. 1c Nr. 1 SGB VI das 9,72-fache der monatlichen Bezugsgröße, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Mindestens beträgt die Hinzuverdienstgrenze jedoch seit dem 1.1.2023, angelehnt an das Restleistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich, 6/8 des 14-fachen der monatlichen Bezugsgröße und damit entsprechend das Doppelte wie bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Für 2023 ergibt sich daraus eine Hinzuverdienstgrenze in Höhe von mindestens 35.647,50 EUR (West) bzw. 34.545,00 EUR (Ost).

Die Regelungen zum Hinzuverdienstdeckel, der bisher eine zusätzliche Höchstgrenze beim Hinzuverdienst darstellt, wurden aufgehoben.

Die höheren Hinzuverdienstmöglichkeiten ermöglichen es erwerbsgeminderten Personen im Rentenbezug, innerhalb ihres verbliebenen Leistungsvermögens einen höheren Verdienst als bisher zu erzielen. Sie können damit eine Brücke zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bilden. Angesichts der höheren Hinzuverdienstgrenzen ist es erforderlich, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mehr als bisher in geeigneter Weise darüber informieren, dass grundsätzlich nur im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens hinzuverdient werden kann.

Eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen führt – wie bisher – zu einer Kürzung der Rente um 40 % des Betrages, der die Hinzuverdienstgrenze überschreitet.

Beispiel:

Die monatliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beträgt 700,00 EUR. Der kalenderjährliche Hinzuverdienst beträgt 36.400,00 EUR. Die Mindesthinzuverdienstgrenze ist maßgebend.

Lösung:

Mit dem kalenderjährlichen Hinzuverdienst in Höhe von 36.400,00 EUR wird die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 35.647,50 EUR (2023, West) um 752,50 EUR überschritten. 1/12 von 752,50 EUR sind 62,71 EUR. Von diesem Betrag werden 40 % (= 25,08 EUR) von der Monatsrente (700,00 EUR) abgezogen. Die gekürzte Rente beträgt 674,92 EUR.

Bisher galt für den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Stichtag 1.7. gesetzlich ein festes Datum für die neue Prognose des jährlichen Hinzuverdienstes. Dieses Datum war ebenfalls für die Prüfung, ob der tatsächliche Hinzuverdienst des Vorjahres der Prognose...

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