Wenn der selbstständige Gewerbetreibende für mindestens 18 Jahre, d. h. für 216 Monate Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat, wird er auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreit. Er kann unter Einschätzung seiner persönlichen Situation entscheiden, ob die Sicherung, die er in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat, ausreicht.

Die Befreiung erstreckt sich nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf die jeweilige Handwerkertätigkeit, für die sie ausgesprochen wurde, nicht hingegen auf eine daneben ausgeübte Versicherungspflicht, z. B. aufgrund einer zeitgleichen abhängigen Beschäftigung.

Recht vor 1992

Nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Rentenversicherungsrecht stellte sich die Situation für Handwerker umgekehrt dar; der Handwerker schied nach Zahlung des 216. Rentenversicherungsbeitrags aus dem Kreis der Pflichtversicherten aus und konnte die Versicherungspflicht auf Antrag fortsetzen.

7.1 Anrechenbare Pflichtbeiträge

Für die mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge zählen Zeiten

  • als Arbeitnehmer,
  • als selbstständig Tätiger, auch wenn die Pflichtbeiträge nicht als selbstständiger Handwerker/Gewerbetreibender gezahlt wurden,
  • wegen Kindererziehung,
  • mit ausländische Pflichtbeitragszeiten, soweit zwischenstaatliche[1] oder überstaatliche[2] Regelungen eine Gleichstellung der ausländischen Beiträge mit den nach Bundesrecht für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu zahlenden Beiträge vorsehen.

7.2 Befreiung nur auf Antrag

Die Befreiung wird vom Vorliegen der Voraussetzungen an wirksam, wenn der Befreiungsantrag innerhalb von 3 Monaten nach dem Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen gestellt wird.[1] Fällt das Ende der 3-Monatsfrist auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet sie erst mit dem folgenden Werktag. Wird der Antrag nach Ablauf der Frist gestellt, wird die Befreiung erst vom Zeitpunkt der Antragstellung an wirksam.

Erstattung der über 18 Jahre hinaus gezahlten Pflichtbeiträge

Kommt es zur Befreiung von der Versicherungspflicht und wurden anschließend noch Pflichtbeiträge gezahlt, sind diese zu Unrecht gezahlten Beiträge ggf. im Rahmen des § 26 Abs. 2 und 3 SGB IV zu erstatten.

 
Praxis-Beispiel

Fristen bei Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht

 
a) 216. Pflichtbeitrag für April 2024
  Befreiungsantrag 10.6.2024
  Der Antrag ist innerhalb der 3-Monatsfrist (1.5.2024 bis 31.7.2024 ) gestellt worden. Die Befreiung wird ab 1.5.2024 wirksam. Ggf. nach April 2024 gezahlte Pflichtbeiträge sind zu Unrecht gezahlt und ggf. zu erstatten.[2]
b) 216. Pflichtbeitrag für April 2024
  Befreiungsantrag 12.8.2024
  Der Antrag ist nach Ablauf der 3-Monatsfrist (1.5.2024 bis 31.7.2024) gestellt worden. Die Befreiung wird erst mit dem 12.8.2024 wirksam. Bis zum 11.8.2024 besteht Versicherungspflicht.

7.3 Beginn der Befreiung

Die Befreiung setzt voraus, dass der 216. Pflichtbeitrag auch tatsächlich gezahlt worden ist. Der selbstständige Gewerbetreibende, der mit der Zahlung der Beiträge im Rückstand ist, kann nur dann befreit werden, wenn er den 216. Pflichtbeitrag gezahlt hat. Werden die rückständigen Pflichtbeiträge spätestens innerhalb von 3 Monaten nach dem 216. Pflichtbeitrag eingezahlt und wird auch der Befreiungsantrag rechtzeitig gestellt, kann die Befreiung ab dem Monat erfolgen, zu dessen Beginn die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen. Werden die Beiträge später eingezahlt, wirkt der Befreiungsantrag erst vom Zeitpunkt der Einzahlung der Beiträge an.

 
Praxis-Beispiel

Wirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht bei Beitragsrückständen

 
Der 216. Pflichtbeitrag ist zu zahlen für April 2024
Beitragsrückstand für November 2023 bis April 2024
Befreiungsantrag 17.5.2024

Die Befreiung wird ab 1.5.2024 wirksam, wenn die für November 2023 bis April 2024 rückständigen Beiträge innerhalb der 3-Monatsfrist (1.5.2024 bis 31.7.2024) gezahlt werden. Erfolgt ihre Zahlung hingegen später, z. B. am 22.8.2024, wirkt die Befreiung ab diesem Tag. Zudem sind noch Pflichtbeiträge für die Zeit vom 1.5.2024 bis 21.8.2024 zu zahlen; dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Befreiung.

Wäre der Befreiungsantrag bei einer Zahlung am 22.8.2024 nach 3 Monaten, also nach dem 22.11.2024 gestellt, so würde die Befreiung erst ab dem Tag des verspäteten Befreiungsantrags wirken. Entsprechend würden dann noch länger Pflichtbeiträge zu zahlen sein.

7.4 Hinweis auf die Befreiungsmöglichkeit

Auf die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht wird der selbstständige Gewerbetreibende von dem für ihn zuständigen Regionalträger hingewiesen. Dies geschieht mit dem Bescheid, mit dem seine Versicherungspflicht festgestellt wird, und noch einmal vor Erreichen des 216. Pflichtbeitrags. Gewerbetreibende, die sich von der Rentenversicherungspflicht haben befreien lassen, können als selbstständig tätige Gewerbetreibende nicht mehr rentenversicherungspflichtig in dieser Tätigkeit werden, solange sie jene Tätigkeit ausüben. Wird die selbstständige Tätigkeit hinge...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge