Zusammenfassung

 
Begriff

Unter dem gesetzlich nicht definierten Begriff "freie Mitarbeit" versteht man unternehmerische Tätigkeit für ein anderes Unternehmen auf der Grundlage eines Dienstvertrags , seltener auch eines Werkvertrags.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Maßgeblich für die Abgrenzung von freier Mitarbeit zur Arbeitnehmerstellung ist § 611a BGB. Entscheidend ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit (BAG, Urteil v. 20.1.2010, 5 AZR 106/09) sowie die freie Gestaltung der Tätigkeit und Bestimmung der Arbeitszeit (BAG, Urteil v. 15.2.2012, 10 AZR 301/10).

Lohnsteuer: Für die Entscheidung, ob es sich um ein lohnsteuerpflichtiges Dienstverhältnis oder eine selbstständige Tätigkeit i. S. v. § 18 EStG handelt, sind die in § 19 Abs. 1 EStG und § 1 LStDV genannten Grundsätze und Aufzählungen zu beachten. Abgrenzungskriterien sind in H 19.0 LStH aufgelistet.

Sozialversicherung: § 7 SGB IV bestimmt, wann ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung vorliegt. § 2 SGB VI enthält (für die gesetzliche Rentenversicherung) Aussagen, wann eine selbstständige Tätigkeit rentenversicherungspflichtig ist. § 7a SGB IV sieht für Zweifelsfälle zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status ein Anfrageverfahren an die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund vor. Ergänzend hierzu haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in ihrem Rundschreiben v. 21.3.2019 weitergehende Erläuterungen zusammengefasst.

Arbeitsrecht

1 Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis

Die maßgebliche Norm für die Abgrenzung zwischen freier Mitarbeit und Arbeitnehmerstellung ist § 611a BGB, der eine Legaldefinition des Arbeitsvertrags und damit auch des Arbeitnehmerbegriffs enthält.

§ 611a BGB normiert im Wesentlichen die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).[1] Arbeitnehmer ist danach, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Wesentliche Kriterien hierbei sind die freie Gestaltung der Tätigkeit und Bestimmung der Arbeitszeit.

Die bisherige Rechtsprechung des BAG zu den genannten Merkmalen gilt trotz der gesetzlichen Regelung des § 611a BGB auch weiterhin fort.[2] Sie wird daher im Folgenden dargestellt.

[1] Vgl. etwa die nahezu inhaltsgleiche Definition im Leitsatz des Urteils des BAG v. 15.2.2012, 10 AZR 301/10.

1.1 Grad der persönlichen Abhängigkeit

Ausschlaggebend für die Abgrenzung zwischen freier Mitarbeit und Arbeitnehmerstellung ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet[1] und hierzu in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist.

Dementsprechend ist ein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des durch privatrechtlichen Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses ist.

Unterliegt der Beschäftigte einem Weisungsrecht[2] des Arbeitgebers, ist er daher regelmäßig als Arbeitnehmer anzusehen. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.[3]

Selbstständig und damit freier Mitarbeiter ist dagegen, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit[4] bestimmen kann.[5]

1.2 Art und Organisation der Tätigkeit

Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann auch aus Art oder Organisation der zu verrichtenden Tätigkeiten folgen.

Das BAG hat diesem Gedanken in mehreren Entscheidungen maßgebliche Bedeutung beigemessen, etwa für Orchestermusiker[1], für Lehrkräfte, die an allgemeinbildenden Schulen und in schulischen Lehrgängen unterrichten[2], für (studentische) Hilfspfleger im Krankenhaus[3] und für die Tätigkeit von Mitarbeitern fremdsprachlicher Dienste von Rundfunkanstalten mit routinemäßig anfallender Tätigkeit als Sprecher, Aufnahmeleiter und Übersetzer.[4] Auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern ist ein Arbeitsverhältnis insbesondere dann zu bejahen, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann.[5] Allerdings kann es die Art der Tätigkeit mit sich bringen, dass dem Dienstverpflichteten (Arbeitnehmer) ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit verbleibt.[6]

Für die Abgrenzung entscheidend sind in erster Linie die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung oder andere formelle Merkmale wie die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Die Bezeichnung im Vertrag als "freier Mitarbeiter" kann eine Auslegungshilfe...

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