Zusammenfassung

 
Begriff

Die Eingliederungshilfe ist ein eigenständiges Leistungssystem für Menschen mit Behinderungen. Sie soll den Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördern. Die Betroffenen sollen durch die Leistungen befähigt werden, ihre Lebensplanung und Lebensführung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Das Eingliederungshilferecht ist in den §§ 90 bis 150 SGB IX geregelt. Die hinzutretenden Leistungen zum Lebensunterhalt richten sich nach den §§ 27 ff. SGB XII oder ggf. nach den Regelungen des SGB II.

1 Struktur des Eingliederungshilferechts

Das Leistungssystem der Eingliederungshilfe wurde mit dem Bundesteilhabegesetz im Jahr 2016 grundlegend neu geordnet. Ziel der Neuausrichtung war es, die Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem der Sozialhilfe herauszulösen und zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln. Die zuvor maßgeblich an der Wohnform ausgerichteten Leistungen orientieren sich nunmehr in erster Linie an den Bedarfen der leistungsberechtigten Person. Kern der Reform war deshalb die Trennung der sog. Fachleistungen für den behinderungsspezifischen Unterstützungsbedarf und für die Alltagsbewältigung von den existenzsichernden Leistungen zum Lebensunterhalt.

Nach einer Übergangsphase bis Ende des Jahres 2019, in der bereits im Sozialhilferecht Leistungsverbesserungen erfolgten, ist das reformierte Eingliederungshilferecht seit 1.1.2020 als Teil 2 im SGB IX – "Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen (Eingliederungshilferecht)" – zusammengefasst. Die Leistungen zum Lebensunterhalt einschließlich des Wohnens richten sich, wie bei Menschen ohne Behinderungen, nach dem Sozialhilferecht (Drittes und Viertes Kapitel des SGB XII), das mit der Reform ebenfalls in wichtigen Punkten angepasst wurde sowie, bei noch erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, ggf. nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Die nach dem SGB IX zu erbringenden Fachleistungen der Eingliederungshilfe umfassen

  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
  • Leistungen sozialen Teilhabe.[1]

Die im Regelfall nach dem SGB XII zu erbringenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt umfassen insbesondere

  • den Regelsatz für den notwendigen Lebensunterhalt zur Gewährleistung des Existenzminimums (nach Maßgabe der Regelbedarfsstufen),
  • spezifische Mehrbedarfe, z. B. für voll erwerbsgeminderte Menschen oder für Personen in einer Werkstatt für behinderte Menschen,
  • einmalige Bedarfe, z. B. für Erstausstattung einer Wohnung oder für Bekleidung,
  • ggf. angemessene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und
  • Bedarfe für Unterkunft und Heizung[2].

2 Grundsätze für die Leistungserbringung

Für die steuerfinanzierte Eingliederungshilfe gilt weiterhin grundsätzlich das Nachrangprinzip, d. h. Eingliederungshilfe erhält nicht, wer die erforderlichen Leistungen von anderen, insbesondere von Rehabilitationsträgern erhält. Dementsprechend gilt, dass andere Träger von Sozialleistungen ihre Leistungen nicht unter Verweis auf die Eingliederungshilfe versagen dürfen.[1] Dem o. a. Grundsatz der Trennung von Fachleistungen und Lebensunterhaltsleistungen folgend, bleiben auch die Leistungen anderer Rechtsbereiche zur Sicherung des Lebensunterhalts aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II, Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld) oder der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung[2] unberührt.[3] Dasselbe gilt für die Vorschriften zur Hilfe und Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten[4], zur Altenhilfe oder der Blindenhilfe.[5]

Wichtige Abgrenzungsfragen bestehen zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und den Leistungen der Pflegeversicherung[6] bzw. der Hilfe zur Pflege.[7] Die Leistungen der Eingliederungshilfe bleiben danach durch die Leistungen der Pflegeversicherung unberührt, d. h. sie sind im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig. Danach ist die notwendige Hilfe in Einrichtungen einschließlich der Pflegeleistungen durch die Eingliederungshilfe zu gewähren.[8] Beim Zusammentreffen von Leistungen der Eingliederungshilfe mit Leistungen der Pflegeversicherung vereinbaren die zuständigen Träger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten, dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger die (durch Bescheid der Pflegekasse festgestellten) Leistungen der Pflegeversicherung zu übernehmen hat und ihm die entsprechenden Kosten durch die Pflegekasse erstattet werden.[9] Ziel ist die Leistungserbringung "aus einer Hand".[10] Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind im Grundsatz weiterhin von der Bedürftigkeit abhängig. Von den Leistungsberechtigten wird deshalb im Rahmen gesetzlicher Grenzen gefordert, sich an den Leistungen zu finanziell zu bet...

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