Zusammenfassung

 
Begriff

Der Bundesfreiwilligendienst ist eine nach dem Aussetzen der Wehrpflicht (in Form des Wehr- oder des Zivildienstes) eingeführte neue Form des freiwilligen Dienstes. Er steht beiden Geschlechtern ohne Altersgrenze offen und dauert im Regelfall zwischen 6 und 18 Monate. In Ausnahmefällen kann er auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Ziel ist es, sowohl Möglichkeiten des sozialen und zivilgesellschaftlichen Engagements zu schaffen als auch den durch den Fortfall des Zivildienstes drohenden Mangel an Arbeitskräften in den verschiedenen Bereichen der sozialen Infrastruktur zu kompensieren.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Zentrale Vorschrift ist das Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) v. 28.4.2011, BGBl I S. 687. Anwendbar sind die Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes, des Jugendarbeitsschutzgesetzes, des Bundesurlaubsgesetzes. Nützliche Arbeitshilfen finden sich auf den Seiten des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben unter www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads.html.

Lohnsteuer: Lohnsteuerrechtlich sind die allgemeinen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpflichten zu beachten. Die Pflichten des Arbeitgebers regeln § 38 EStG sowie die dazugehörenden R 38.1-38.5 LStR und H 38.1-38.5 LStH. Welche Einnahmen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören, regeln § 19 Abs. 1 EStG, R 19.3-19.7 LStR sowie die zugehörigen H 19.3-19.7 LStH. Bundesfreiwillige werden nach den Regelungen in § 1 Abs. 2 LStDV sowie H 19.0 LStH als Arbeitnehmer tätig. Folglich sind ihre Einnahmen gemäß § 19 EStG als Arbeitslohn zu erfassen. Hiervon stellt § 3 Nr. 5 Buchst. f EStG das gezahlte Taschengeld steuerfrei.

Sozialversicherung: Bundesfreiwilligendienstleistende stehen in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis, daher gelten die grundsätzlich auch für Arbeitnehmer anzuwendenden Rechtsvorschriften. Besonderheiten ergeben sich beim Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung (§ 7 SGB V) und bei der Beitragstragung (§ 20 Abs. 3 SGB IV). Mit den versicherungs- und beitragsrechtlichen Auswirkungen in der Kranken- und Pflegeversicherung beschäftigte sich der Fachausschuss Beiträge beim GKV-Spitzenverband ausführlich (BE v. 28.6.2011: TOP 1). Im Besprechungsergebnis sind sämtliche Rechtsgrundlagen in deren thematischem Zusammenhang erläutert.

 
Kurzübersicht
 
Entgelt LSt SV
Taschengeld frei pflichtig
Verpflegung, Unterkunft in Höhe der vollen Sachbezugswerte (§ 2 SvEV) pflichtig pflichtig

Arbeitsrecht

1 Grundlagen des Bundesfreiwilligendienstes

Mit Wirkung ab 1.7.2011 ist die Wehrpflicht ausgesetzt. An ihre Stelle tritt der freiwillige, mindestens 6-, regelmäßig 12- und höchstens 18-monatige Bundesfreiwilligendienst.[1] Die Höchstdauer kann bei Vorliegen eines entsprechenden pädagogischen Konzepts auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Anders als der rein verteidigungspolitisch begründete Zivildienst (als Wehrersatzdienst), ist der Freiwilligendienst von vornherein sozial- und jugendpolitisch begründet und ähnelt einem Ehrenamt.[2] Dieses Verständnis des Freiwilligendienstes rechtfertigt u. a. Differenzierungen im Entgeltbereich gegenüber z. B. beruflich tätigen Pflegekräften. Dem entspricht die starke pädagogische Ausrichtung des Dienstes, die dem sozialen, ökologischen und (inter-)kulturellen Kompetenzerwerb dient und das gesamtgesellschaftliche Verantwortungsbewusstsein fördern soll. Zur Erreichung dieser pädagogischen Ziele ist die verbindliche Teilnahme an entsprechenden Seminaren im Umfang zwischen 13 und 37 Tagen in Abhängigkeit von der Dienstdauer vorgesehen.[3] Dabei gilt die Seminarzeit als Dienstzeit.

Der Freiwilligendienst wird in von der zuständigen Bundesbehörde[4] anerkannten, gemeinwohlorientierten Einsatzstellen ausschließlich im Inland geleistet. Da der Freiwilligendienst arbeitsmarktneutral auszugestalten ist, kommen vorwiegend unterstützende Tätigkeiten in Betracht. Hauptamtliche Kräfte sollen nicht ersetzt werden.

Freiwillige nach § 2 BFDG wählen als Vertretungsorgan auf Bundesebene einmal jährlich 7 Sprecher und 7 Stellvertreter nach den näheren Vorgaben der BFD-Wahlverordnung.[5]

[2] Vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 30.4.2019, L 20 AS 1122/18; VG Würzburg, Urteil v. 29.3.2021, W 8 K 20.1574.
[3] § 4 BFDG, bei einer 12-monatigen Dienstzeit mindestens 25 Tage, entsprechend weniger oder mehr in Abhängigkeit von der Länge der Dienstzeit.
[4] Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben; hilfreiche Informationen zum Freiwilligendienst auf der Homepage des Amtes unter www.bundesfreiwilligendienst.de.
[5] Als Mitglieder des Beirats für den Bundesfreiwilligendienst gemäß § 15 BFDG.

1.1 Der Freiwillige

Freiwillige im Sinne des BFDG sind Personen, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben und einen freiwilligen Dienst ohne Erwerbsabsicht und außerhalb einer Berufsausbildung leisten wollen.[1] Grundlage ist gemäß § 8 BFDG eine Vereinbarung zwischen dem Freiwilligen und dem Bund, in der sich der Freiwillige zur Tätigkeit in einer anerkannten Einsatzstelle verpflichtet...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge