Zusammenfassung

 
Begriff

Leistungsminderungen im SGB II treten bei Pflichtverletzungen ein. Es handelt sich dabei um eine befristete Minderung des Anspruchs auf Bürgergeld.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Rechtsgrundlagen für Leistungsminderungen bestimmen die §§ 31, 31a, 31b und 32 SGB II. § 10 SGB II ist für die Frage der Zumutbarkeit von Stellenangeboten zu beachten. Bei Leistungsminderungen, die auf eine Sperrzeit nach dem SGB III zurückzuführen sind, ist auch § 159 SGB III zu beachten. Zu beachten ist zudem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil v. 5.11.2019, 1 BvL 7/16).

1 Systematik

Personen müssen für einen Anspruch auf Bürgergeld u. a. erwerbsfähig sein. Dabei wird lediglich geprüft, ob sie nicht infolge einer Krankheit oder Behinderung für länger als 6 Monate gehindert sind, eine marktübliche Erwerbstätigkeit von mindestens 3 Stunden täglich auszuüben. Anders als bei der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld nach dem SGB III wird also nicht im Vorhinein geprüft, ob Arbeitsbereitschaft besteht. Nach dem Konzept des SGB II hat eine fehlende Arbeitsbereitschaft erst im Falle eines konkreten pflichtwidrigen Verhaltens in Form einer Leistungsminderung Konsequenzen. Dies entspricht dem Wesen einer Fürsorgeleistung, die darauf ausgerichtet ist, den Lebensunterhalt auf der Grundlage des Existenzminimums zu sichern. Für den Fall einer vollständigen Arbeitsverweigerung ist zudem der Entzug des gesamten Regelbedarfs vorgesehen.[1]

2 Pflichtverletzungen

Eine Leistungsminderung kann nur denjenigen treffen, der eine Pflichtverletzung begeht. Die Ansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft werden aufgrund der Leistungsminderung nicht abgesenkt.

Vor der Feststellung der Minderung der Leistungen ist eine Anhörung der Leistungsberechtigten erforderlich. Diese soll auf Verlangen der Leistungsberechtigten persönlich erfolgen. Bei wiederholten Pflichtverletzungen oder Meldeversäumnissen soll die Anhörung auch dann persönlich erfolgen, wenn dies nicht von der leistungsberechtigten Person verlangt wurde.

2.1 Leistungsminderung wegen Verweigerung als Pflichtverletzung

Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte

  • sich weigern, einer Aufforderung aus dem Kooperationsplan nachzukommen; eine Pflichtverletzung liegt auch vor, wenn kein Kooperationsplan besteht und eine Aufforderung mit Rechtsfolgebelehrung ergangen ist,
  • sich weigern, eine zumutbare Arbeit anzunehmen; das gilt auch für eine Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit,
  • die Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme verweigern, abbrechen oder Anlass für den Abbruch geben.

In diesen Fällen ist eine vorherige Rechtsfolgenbelehrung erforderlich. Eine solche ist erfolgt, wenn der Leistungsberechtigte vorher informiert wurde, dass das konkrete Verhalten zu einer Minderung des Anspruchs auf Bürgergeld führt, ihm also die Folgen des Verhaltens bekannt waren. In diesen 3 Fällen tritt eine Leistungsminderung nicht ein, wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

 
Praxis-Beispiel

Arbeit nicht zumutbar

Ein wichtiger Grund liegt beispielsweise vor, wenn die angebotene Arbeit nach § 10 SGB II nicht zumutbar wäre. Das könnte der Fall sein, wenn die Betreuung eines Kleinkindes während der Arbeitszeit nicht sichergestellt werden kann.

2.2 Leistungsminderung wegen Vermögensminderung

Darüber hinaus liegt auch eine Pflichtverletzung vor, wenn

  • Einkommen oder Vermögen vermindert wird, um die Hilfebedürftigkeit herbeizuführen oder zu erhöhen,
  • zur Hilfebedürftigkeit führendes unwirtschaftliches Verhalten fortgesetzt wird,
  • der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Sperrzeit ruht oder erlischt,
  • die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nach dem SGB III erfüllt werden.

Eine Leistungsminderung wegen Vermögensminderung tritt nur ein, wenn diese nach dem vollendeten 18. Lebensjahr des Leistungsberechtigten erfolgt ist. Wegen unwirtschaftlichen Verhaltens tritt die Leistungsminderung nur ein, wenn anlassbezogen eine vorherige Belehrung über die Rechtsfolgen durchgeführt wurde. Für die beiden Fälle des Herbeiführens der Hilfebedürftigkeit durch Einkommens- oder Vermögensreduzierung und unwirtschaftlichen Verhaltens ist naturgemäß eine vorherige Rechtsfolgenbelehrung nicht erforderlich; auch gibt es hierfür keinen ausdrücklichen wichtigen Grund. Läge der vor, wäre das Verhalten ja nicht unwirtschaftlich (z. B. Behandlungskosten für ein krankes Kind).

2.3 Leistungsminderung wegen einer Sperrzeit nach dem SGB III

Der Fall einer Sperrzeit nach dem SGB III liegt beispielsweise vor, wenn die Hilfebedürftigkeit durch die Aufgabe einer Beschäftigung eintritt.

Die Einbeziehung der Sperrzeiten nach dem SGB III bedeutet, dass jemand, dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld (immer vollständig) für eine bestimmte Zeit ruht, bei Hilfebedürftigkeit unter fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten Anspruch auf Bürgergeld haben kann, der dann aber im Umfang der Leistungsminderung abgesenkt ist.

 
Praxis-Beispiel

Bezug von Bürgergeld während Sperrzeit im Arbeitslosengeld

Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III ruht wegen einer Sperrzeit für 12 Wochen. Es...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge