Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfeleistung. gemeine Gefahr. Unterbrechung des Weges

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage des zuständigen Versicherungsträgers bei einer Hilfe iS von § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO, die ein nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO Versicherter auf dem Wege von dem Ort der Tätigkeit nach Hause geleistet hat.

 

Leitsatz (redaktionell)

Abgrenzung des Unfallversicherungsschutzes für Hilfeleistungen bei gemeiner Gefahr (§ 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO) vom Unfallversicherungsschutz auf Wegen zu oder von der Arbeitsstätte (§ 550 Abs 1 RVO):

1. Das Entfernen eines Kraftfahrzeuges aus dem Bereich des fließenden Verkehrs dient bei schlechten Sicht- und Witterungsverhältnissen der Beseitigung einer gemeinen Gefahrensituation.

2. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Aufrechterhaltung des Unfallversicherungsschutzes auf Wegen zu oder von der Arbeitsstätte bei geringfügigen, privaten Zwecken dienenden Unterbrechungen sind auf Unterbrechungen wegen Hilfeleistungen bei gemeiner Gefahr nicht anwendbar.

3. Auf Wegen zu oder von der Arbeitsstätte "eingeschobene" Hilfeleistungen bei gemeiner Gefahr stehen unter Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO.

 

Orientierungssatz

1. Das Verabschieden von der Fahrerin des geborgenen Fahrzeuges ist noch der Hilfeleistung iS des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO zuzurechnen.

2. Die Frage, ob die Unterbrechung des nach § 550 Abs 1 RVO geschützten Weges erheblich oder unerheblich (geringfügig) war und deswegen der durch § 539 Abs 1 Nr 1 RVO begründete Versicherungsschutz entfallen war oder fortbestanden hat, ist zwar bei einer in die Zurücklegung des Weges eingeschobene privaten Zwecken dienenden Verrichtung von Bedeutung, nicht jedoch, wenn es sich bei der eingeschobenen Verrichtung um eine andere versicherte Tätigkeit handelt.

3. Die Beantwortung der Frage, ob Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO oder nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO gegeben ist, setzt die Prüfung voraus, welche Umstände rechtlich ins Gewicht fallen. Sind die für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO in Betracht zu ziehenden Umstände gegenüber denjenigen, welche die Anwendung des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO rechtfertigen, von so untergeordneter Bedeutung, daß sie als rechtlich unerheblich außer Betracht zu bleiben haben, richtet sich der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO (vgl BSG 15.12.1966 2 RU 66/65). Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, wie für die Abgrenzung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO gegenüber dem Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO (vgl BSG 26.4.1973 2 RU 77/70 = FamRZ 1973, 630).

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, Nr. 9 Buchst. a Fassung: 1963-04-30, § 655 Abs. 3, 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15.02.1984; Aktenzeichen L 3 U 160/82)

SG Mainz (Entscheidung vom 26.08.1982; Aktenzeichen S 3 U 202/81)

 

Tatbestand

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist streitig, wer die Folgen des Unfalls des Beigeladenen zu entschädigen hat.

Der Beigeladene befand sich am 26. Januar 1978 nachts gegen 1 Uhr 30 mit seinem Kraftfahrzeug auf dem Weg von der Spätschicht in einer Maschinenfabrik nach Hause. Dabei beobachtete er ein vor ihm fahrendes Kraftfahrzeug, das auf der schneeglatten Fahrbahn auf die linke Straßenseite geriet und mit beiden Vorderrädern im angrenzenden Graben quer zur Fahrbahn liegen blieb, wodurch die Gegenfahrbahn zu 2/3 blockiert wurde. Der Beigeladene hielt an und sicherte sein Fahrzeug. Da er wußte, daß noch zwei Arbeitskollegen mit ihren Fahrzeugen dieselbe Straße befuhren, wartete er, bis diese ebenfalls anhielten. Gemeinsam mit diesen Arbeitskollegen hob er das liegengebliebene Fahrzeug aus dem Graben und schob es zurück auf die rechte Fahrbahn. Im Augenblick, als der Beigeladene und seine Arbeitskollegen sich von der Fahrerin des von der Straße abgekommenen Fahrzeuges verabschiedeten, wurden sie von einem anderen herannahenden Fahrzeug angefahren. Der Beigeladene wurde schwer verletzt.

Die Klägerin trug als der zuerst angegangene Unfallversicherungsträger die Kosten für die ärztliche Behandlung des Beigeladenen in Höhe von 63.335,69 DM. Ferner gewährte sie dem Beigeladenen durch Bescheid vom 14. Juli 1980 als vorläufige Leistung Verletztenrente, und zwar vom 12. November 1979 bis 27. Februar 1980 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH und vom 28. Februar 1970 bis auf weiteres nach einer MdE von 40 vH.

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die auf Erstattung der aus Anlaß des Unfalls des Beigeladenen entstandenen Kosten und auf Feststellung der Leistungspflicht des Beklagten gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26. August 1982). Für die Entschädigung des Unfalls bei der in den Heimweg eingeschobenen Hilfeleistung des Beigeladenen bleibe die Klägerin leistungspflichtig. Die Klägerin habe daher keinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin die Aufwendungen für den Unfall des Beigeladenen zu erstatten, sowie festgestellt, daß für den Unfall des Beigeladenen der Beklagte der leistungspflichtige Versicherungsträger ist (Urteil vom 15. Februar 1984). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Der Beigeladene habe den Heimweg, auf dem er nach § 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert gewesen sei, in der Absicht unterbrochen, die durch das verunglückte Kraftfahrzeug für die Allgemeinheit entstandene Gefahr zu beseitigen. Dabei sei er nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO versichert gewesen, weil es sich nicht um eine nur geringfügige Unterbrechung des Heimweges gehandelt habe. Obwohl der Unfall sich erst nach der eigentlichen Hilfeleistung bei der Verabschiedung von der Fahrerin des verunglückten Kraftfahrzeuges ereignet habe, gehöre dies zur Hilfeleistung und nicht schon zur Fortsetzung des Heimweges. Für die nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO versicherten Personen sei gem § 655 Abs 2 Nr 3 RVO der Beklagte der zuständige Versicherungsträger. Dieser habe der Klägerin die Aufwendungen aus Anlaß des Unfalls des Beigeladenen zu erstatten und sei der leistungspflichtige Unfallversicherungsträger.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Er trägt vor, daß der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO iVm § 655 Abs 3 RVO subsidiär sei und nur dann vorliege, wenn nicht schon aufgrund anderer Vorschriften Versicherungsschutz bestehe. Das Herausschieben des in den Graben geratenen Kraftfahrzeuges sei für den Unfall nicht ursächlich gewesen; der Beigeladene sei vielmehr einer typischen Gefahr seines Heimweges erlegen, als er auf der Fahrbahn und somit im Verkehrsbereich seines Heimweges angefahren worden sei. Zu einer Unterbrechung des Heimweges habe die 10 bis 15 Minuten dauernde Hilfeleistung nicht geführt.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 1984 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Mainz vom 26. August 1982 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist nicht begründet.

Der Beigeladene hat am 26. Januar 1978 einen von dem Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten. Der Beklagte hat der Klägerin die von ihr dem Beigeladenen aus Anlaß dieses Arbeitsunfalles erbrachten Leistungen zu erstatten.

Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Bei der zum Unfall führenden Tätigkeit war der Beigeladene nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO gegen Arbeitsunfall versichert, denn er hat bei gemeiner Gefahr Hilfe geleistet. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, gegen die zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden sind (s § 163 SGG), hat der Beigeladene durch das Herausschieben des von der Straße abgekommenen Fahrzeuges die Absicht verfolgt, eine durch das Querstehen des Fahrzeuges entstandene Gefahr zu beheben. Es herrschte Schneetreiben mit Schneeglätte der Fahrbahn, und der Beigeladene wollte die naheliegenden Möglichkeiten eines Körperschadens für unbestimmt viele Personen, die in absehbarer Zeit die Unfallstelle passieren würden, ausräumen. Diese Tatsachen kennzeichnen die von dem Beigeladenen vorgefundene Situation als eine gemeine Gefahr (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl S 473c; Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl § 539 Anm 57; Gitter, Sozialgesetzbuch-Sozialversicherung-Gesamtkommentar, § 539 Anm 21) und seine Tätigkeit als eine Hilfeleistung iS des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO. Die Hilfeleistung war auch noch nicht abgeschlossen, als der Beigeladene, neben dem geborgenen Fahrzeug auf der Straße stehend, von einem herannahenden Kraftfahrzeug angefahren und verletzt wurde. Bei lebensnaher Betrachtung ist das Verabschieden von der Fahrerin des geborgenen Fahrzeuges noch der Hilfeleistung zuzurechnen.

Für die Entschädigung des Arbeitsunfalls des Beigeladenen am 26. Januar 1978 ist der Beklagte nach § 655 Abs 2 Nr 3 RVO der zuständige Versicherungsträger. Er hat gem § 102 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X, s Art II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 - BGBl I 1450) der Klägerin die von ihr dem Beigeladenen nach § 1735 RVO bisher gewährten Leistungen zu erstatten und die weiteren Leistungen zu erbringen.

Die Zuständigkeit des Beklagten als Träger der Unfallversicherung ist im vorliegenden Fall nicht durch § 655 Abs 3 RVO ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt § 655 Abs 2 Nr 3 RVO nicht für Unternehmen, die Bestandteil eines anderen der Unfallversicherung unterliegenden Unternehmens sind. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR Nr 46 zu § 537 RVO aF), findet § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO keine Anwendung, wenn die Tätigkeit auch nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO unter Versicherungsschutz steht. Das war vorliegend nicht der Fall. Der Beigeladene hatte, als er den Unfall erlitt, seinen mit der nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versicherten Tätigkeit bei einer Maschinenfabrik zusammenhängenden Weg von dem Ort der Tätigkeit nach Hause (§ 550 Abs 1 RVO) unterbrochen, als er bei dem von der Fahrbahn abgekommenen Kraftfahrzeug anhielt, um mit seinen auf derselben Straße herangekommenen Arbeitskollegen das in den Graben geratene Fahrzeug wieder auf die Straße zu schieben und dadurch die entstandene Gefahr zu beseitigen. Die Unterbrechung des Weges trat in dem Augenblick ein, als sich der Beigeladene auf seinem Weg von dem Ort der Tätigkeit nicht mehr in Richtung auf den anderen Grenzpunkt des Weges - hier sein Zuhause - fortbewegte (vgl Brackmann, aaO, S 486y). Die Frage, ob diese Unterbrechung erheblich oder unerheblich (geringfügig) war und deswegen der durch § 539 Abs 1 Nr 1 RVO begründete Versicherungsschutz entfallen war oder fortbestanden hat, ist zwar bei einer in die Zurücklegung des Weges eingeschobene privaten Zwecken dienenden Verrichtung von Bedeutung (vgl Brackmann aaO S 487a ff), nicht jedoch, wenn es sich bei der eingeschobenen Verrichtung um eine andere versicherte Tätigkeit handelt. Die vom LSG in der angefochtenen Entscheidung zitierten Urteile des Bundessozialgerichts -BSG- (vom 16. April 1957 SozR Nr 5 zu § 543 RVO aF, vom 28. Februar 1964 BSGE 20, 219, vom 30. September 1964 BSGE 22, 7, vom 18. Dezember 1974 - 2 RU 37/73 - und vom 25. Januar 1977 BSGE 43, 113) betrafen in die versicherte Tätigkeit eingeschobene private Verrichtungen. Dadurch, daß der erkennende Senat durch Beschluß vom 18. Dezember 1979 (2 BU 171/77) die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8. Juni 1977 (L 2 Ua 1874/76) zurückgewiesen hat, in welchem das LSG den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO iVm § 550 Abs 1 RVO für einen Fall bejaht hat, in dem ein Versicherter tödlich verunglückte, nachdem er auf der Autobahn angehalten hatte und die Fahrbahn überquerte, um vermutlich eine auf der Fahrbahn liegende Blattfeder eines Kraftfahrzeuges aufzuheben, hat der Senat nicht bejaht, daß bei einer, wie das LSG angenommen hat, nur geringfügigen Unterbrechung des Weges von dem Ort der Tätigkeit, ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO ausgeschlossen ist. In dem Beschluß ist ausdrücklich erwähnt, daß die Frage, ob die Entscheidung des LSG richtig ist, keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Revision nicht allein deshalb zuzulassen ist, weil das Berufungsgericht - nach Auffassung des damaligen Beschwerdeführers - die Sache falsch entschieden hat. Der 10. Senat des BSG hat - im wesentlichen aus Rechtsgründen - entschieden, daß durch die Hilfeleistung (§ 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO) eines Soldaten auf einem versorgungsrechtlich geschützten Weg der Versorgungsschutz nicht ausgeschlossen wird (BSGE 50, 80). Der 10. Senat hatte in seiner Entscheidung davon auszugehen, daß der sich auf einem Dienstweg befindende Soldat von seinem Dienstweg nicht Abstand genommen hatte, als er auf der Autobahn andere Kraftfahrer mit Armbewegungen vor einem verunglückten und auf der Fahrbahn liegengebliebenen Kraftfahrzeug warnte und dann das liegengebliebene Kraftfahrzeug von der Fahrbahn auf den Seitenstreifen schieben wollte; seine Hilfeleistung habe auch dazu gedient, die Fahrbahn in Richtung zum Dienstort freizumachen, damit er und die nachfolgenden Kraftfahrer die Unfallstelle gefahrlos passieren konnten. Da die Hilfeleistung, bei der der Soldat den Unfall erlitten hatte, zum Dienstweg gehörte und zugleich ihrer Art nach eine versicherungsrechtlich geschützte Tätigkeit war, sei, so führt der 10. Senat aus, nur noch zu prüfen, ob infolge der Hilfeleistung der Versorgungsschutz durch den Versicherungsschutz verdrängt werde. Das Verhältnis von Versorgungs- und Versicherungsschutz sei in § 541 Abs 1 Nr 2 RVO in der Weise geregelt, daß Personen hinsichtlich der Arbeitsunfälle, für die ihnen Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz oder solchen Gesetzen gewährt werde, die das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklären, versicherungsfrei seien. Daher habe das beklagte Land kraft Versorgungsschutz für die Unfallfolgen des Soldaten einzutreten.

Aus der Rechtsprechung des BSG kann somit nicht entnommen werden, daß bei einer in die Zurücklegung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs 1 RVO) eingeschobenen Hilfeleistung der Fortbestand oder Wegfall des nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO auf dem Weg bestehenden Versicherungsschutzes davon abhängt, ob die Unterbrechung des Weges zum Zwecke der Hilfeleistung unerheblich (geringfügig) oder erheblich war. Auch eine aufgrund eines sekundenschnell gefaßten Entschlusses geleistete Hilfe führt zum Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO (vgl BSGE 44, 22, 24). Die Beantwortung der Frage, ob Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO oder nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO gegeben ist, setzt die Prüfung voraus, welche Umstände rechtlich ins Gewicht fallen. Sind die für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO in Betracht zu ziehenden Umstände gegenüber denjenigen, welche die Anwendung des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO rechtfertigen, von so untergeordneter Bedeutung, daß sie als rechtlich unerheblich außer Betracht zu bleiben haben, richtet sich der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO (vgl BSG Urteil vom 15. Dezember 1966 - 2 RU 66/65). Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, wie für die Abgrenzung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO gegenüber dem Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO (vgl BSG Urteile vom 27. April 1972 - 2 RU 94/68 - USK 7250, vom 22. Februar 1973 - 2 RU 125/70 - und vom 26. April 1973 - 2 RU 77/70 - FamRZ 1973, 630). Das LSG hat dazu im angefochtenen Urteil festgestellt, daß die Hilfeleistung des Beigeladenen von der Zurücklegung des Weges von dem Ort der Tätigkeit abgrenzbar ist. Der Beigeladene hat sich bewußt von der Zurücklegung seines Weges ab- und der Gefahrenbeseitigung zugewandt. Diese Hilfeleistung war mit erheblichem körperlichen Einsatz und mit erkennbarem Unfallrisiko verbunden. Die Verknüpfung mit dem Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen in einer Maschinenfabrik ist dabei von so untergeordneter Bedeutung, daß sie hier als rechtlich unwesentlich außer Betracht zu bleiben hat.

Aus den zuvor dargelegten Gründen kommt im vorliegenden Fall auch keine Tätigkeit wie ein Beschäftigter (§ 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO) für den Halter des von der Straße abgekommenen privaten Kraftfahrzeuges (§ 658 Abs 2 Nr 2 RVO) in Betracht.

Die Revision des Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665340

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