Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5. nachgehender Leistungsanspruch gilt nicht für freiwillig Versicherte. Ausschluss des Krankengeldanspruchs durch Satzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das bei Entstehung des streitigen Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als “Versicherter” einen Anspruch auf Krankengeld hat (stRspr, vgl. zuletzt BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 1 KR 9/06 R).

2. Soweit die Satzung einer gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherte ohne Beschäftigung vom Anspruch auf Krankengeld ausschließt, liegt darin kein Verstoß gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber hat mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V eine Regelung getroffen, die lediglich für versicherungspflichtige Mitglieder Lücken im Versicherungsschutz beseitigte. Auch die Regelung des § 19 Abs. 2 SGB V gilt für freiwillig Versicherte nach Wortlaut und dem Regelungssystem nicht.

 

Orientierungssatz

1. Der Gesetzgeber hat mit § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5 idF vom 24.12.2003 eine Regelung getroffen, die lediglich für versicherungspflichtige Mitglieder Lücken im Versicherungsschutz beseitigte, welche § 19 Abs 2 SGB 5 nicht abdeckt.

2. Für freiwillig Versicherte gilt die Regelung des § 19 Abs 2 SGB 5 nach ihrem klaren Wortlaut und dem Regelungssystem nicht (vgl BSG vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R - RdNr 12).

3. Soweit eine Satzung Versicherte vom Anspruch auf Krankengeld ausschließt, die nicht mehr gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, liegt darin kein Verstoß gegen höherrangiges Recht.

 

Normenkette

SGB 5 § 5 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 2003-12-24, § 19 Abs. 2, § 44 Abs. 1-2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 10.05.2006; Aktenzeichen L 5 KR 38/05)

SG Itzehoe (Urteil vom 19.01.2005; Aktenzeichen S 1 KR 199/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Krankengeld (Krg) vom 16.10.2002 bis 31.7.2003.

Der 1964 geborene Kläger, bei der beklagten Betriebskrankenkasse krankenversichert, war ab April 2002 bei der Firma P. mit einem beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt von monatlich 4.500 Euro beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Anstellungsverhältnis während der Probezeit am 24.9.2002 zum 15.10.2002. Am 27.9.2002 beantragte der Kläger bei der Bundesanstalt für Arbeit (BA; jetzt: Bundesagentur) Arbeitslosengeld (Alg). Er erhielt Urlaubsabgeltung für die Zeit bis zum 5.11.2002. Am 16.10.2002 erlitt er bei einem Privatunfall in der Türkei einen Bruch des rechten oberen Sprunggelenks . Ihn behandelten nach seinen Angaben die Klinik K., nach seiner Rückkehr ab 26.10.2002 das "A." (Hamburg) und in der Folgezeit die Vertragsärzte Orthopäden Dr. T. Sie hielten ihn für die Zeit bis zum 31.7.2003 für arbeitsunfähig. Wann genau der Beklagten die Arbeitsunfähigkeit (AU) gemeldet wurde, für welche Zeiträume ihr AU-Bescheinigungen vorgelegt wurden und ob die Beklagte dem Kläger mitteilte, es bedürfe keiner weiteren AU-Bescheinigungen über die vorliegenden hinaus, haben die Vorinstanzen nicht näher ermittelt. Die BA lehnte es ab, dem Kläger vom 16.10. bis 5.11.2002 Alg zu zahlen, da der Anspruch auf Leistungen nach § 143 Abs 2 SGB III ruhe (Bescheid vom 22.11.2002). Für die Folgezeit lehnte sie es ab, Alg zu gewähren, da § 126 SGB III nur dann eine Leistungsfortzahlung vorsehe, wenn AU während des Leistungsbezugs eingetreten sei. Leistungen könnten erst nach Beendigung der AU bei erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung erfolgen (weiterer Bescheid vom 22.11.2002). Die Beklagte berechnete ab 16.10.2002 die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers auf der Grundlage fiktiver beitragspflichtiger Mindesteinnahmen in Höhe des kalendertäglich 90. Teils der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV sowie des geminderten Beitragssatzes von 13,3 vH . Nach § 15 Abs 1 der seit 1.1.2002 geltenden Satzung der Beklagten (Satzung) ist für die in § 5 Abs 2 Satzung bezeichneten Versicherten, die nicht gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Anspruch auf Krg ausgeschlossen. § 5 Abs 2 Satzung erfasst freiwillige Mitglieder, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beitritt erfüllt sind. Die Beklagte lehnte es ab, ab 16.10.2002 Krg zu gewähren, da der Kläger freiwillig versichert gewesen sei und die Satzung einen Anspruch auf Krg ausschließe (Bescheid vom 30.12.2002; Widerspruchsbescheid vom 24.9.2003).

Klage (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 19.1.2005 ) und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung ua ausgeführt, der freiwillig versicherte Kläger habe nach § 15 Abs 1 Satzung keinen Anspruch auf Krg. Das stehe mit § 44 Abs 2 SGB V in Einklang. Er sei ab 16.10.2002 nicht nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V versicherungspflichtig geworden. § 19 Abs 2 SGB V finde auf ihn als freiwilliges Mitglied keine Anwendung (Urteil vom 10.5.2006).

Zur Begründung seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 44 Abs 2 SGB V, § 15 Satzung, § 143 Abs 2 SGB III und Art 3 Abs 1 GG. § 143 Abs 2 SGB III ordne an, dass eine Urlaubsabgeltung als Urlaubsentgelt zu behandeln sei. Während des Bezugs von Urlaubsentgelt (§ 11 Bundesurlaubsgesetz) liege stets eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vor. In diesem Sinne sei § 15 Abs 1 Satzung zu verstehen. Eine andere Auslegung würde gegen das Willkürverbot des GG verstoßen. Der Gesetzgeber habe mit Sicherheit nicht anordnen wollen, dass für eine Urlaubsabgeltung für weniger als einen Monat kein Krg-Anspruch entstehen könne, wohl aber bei einer Urlaubsabgeltung für mehr als einen Monat. Hätte ein freiwillig Versicherter bei einer langen Erkrankung, die in dem in § 143 Abs 2 SGB III festgelegten Zeitraum beginne, tatsächlich keinen Anspruch auf Krg, wäre ihm eine Vorsorge zur Sicherstellung des Lebensunterhalts unmöglich. Die Absicherung eines solchen Risikos scheitere daran, dass hierfür keine Versicherung angeboten werde.

Der Kläger beantragt ,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10.5.2006 und des Sozialgerichts Itzehoe vom 19.1.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2003 zu verurteilen, ihm vom 16.10.2002 bis zum 31.7.2003 Krankengeld zu zahlen,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu einzuholen, dass § 44 Abs 2 SGB V und § 143 Abs 2 SGB III gegen Art 3 Abs 1 GG verstoßen,

ganz hilfsweise, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klageabweisende SG-Urteil zurückgewiesen, da dem Kläger kein Anspruch auf Krg für die Zeit vom 16.10.2002 bis zum 31.7.2003 zusteht. Der Kläger war in dieser Zeit zwar freiwillig (dazu 1.), nicht aber mit Anspruch auf Krg versichert (dazu 2.). § 15 Abs 1 der Satzung schließt einen Krg-Anspruch insoweit aus, ohne gegen höherrangiges Recht zu verstoßen (dazu 3.).

1. Der Kläger war vom 16.10.2002 bis zum 31.7.2003 bei der Beklagten freiwillig versichert. Das bei Entstehung des streitigen Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" einen Anspruch auf Krg hat (stRspr, vgl zuletzt zB BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 9/06 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung vorgesehen) : Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V haben "Versicherte" Anspruch auf Krg, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Als Angestellter der Firma P., dessen regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt (JAE) die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) überstieg, war der Kläger nach § 6 Abs 1 SGB V (idF des Art 4 Nr 2 Rentenreformgesetz vom 18.12.1989, BGBl I 2261) versicherungsfrei. Versicherungsfrei sind nach dieser Norm Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges JAE 75 vH der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Versicherungsfreiheit tritt danach mit sofortiger Wirkung ein, wenn eine Beschäftigung mit einem Entgelt über der JAE-Grenze aufgenommen wird. Ob die JAE-Grenze überschritten ist, muss in einer vorausschauenden Betrachtungsweise beurteilt werden (vgl BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 15 S 47; zur vorausschauenden Betrachtungsweise vgl näher BSG SozR 2200 § 165 Nr 65; BSG SozR 3-2200 § 165 Nr 9; Karl Peters in Kasseler Kommentar, Stand 1.3.2007, § 6 SGB V RdNr 11) . Die JAE-Grenze betrug im Jahre 2002 40.500 Euro. Das Bruttomonatsentgelt des Klägers von 4.500 Euro überstieg mithin bei vorausschauender Betrachtungsweise diese Grenze. Die Beklagte versicherte den Kläger danach - im Rahmen des § 9 SGB V - anlässlich der Aufnahme der Beschäftigung im April 2002 zu Recht als freiwilliges Mitglied.

Seine freiwillige Mitgliedschaft erlosch nicht dadurch, dass sein Beschäftigungsverhältnis am 15.10.2002 endete (vgl dementsprechend BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R - RdNr 13, zur Veröffentlichung vorgesehen) . Nach § 191 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft, wenn die Voraussetzungen eines der dort abschließend genannten vier Tatbestände erfüllt sind. Von diesen kommt hier lediglich der Beginn einer Pflichtmitgliedschaft in Betracht. Der Kläger ist jedoch nicht ab 16.10.2002 Pflichtmitglied einer Krankenkasse geworden. Versicherungspflicht konnte für ihn ausschließlich nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V (hier anzuwenden idF des Art 3 Nr 1 Buchst a Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001, BGBl I 3443) eintreten. Danach sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Alg, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch ab Beginn des zweiten Monats bis zur zwölften Woche einer Sperrzeit (§ 144 SGB III) oder ab Beginn des zweiten Monats wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 143 Abs 2 SGB III) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist.

Diese Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V erfüllte der Kläger in der Zeit vom 16.10.2002 bis 31.7.2003 nicht. Er bezog in diesem Zeitraum keine der genannten Leistungen. Vielmehr hatte die BA die Zahlung von Alg abgelehnt (Bescheide vom 22.11.2002). Der Alg-Anspruch ruhte auch nicht mit Beginn des zweiten Monats wegen einer Urlaubsabgeltung (zur - von den Vorstellungen des Klägers abweichenden - Bedeutung der Urlaubsabgeltung für Krg vgl BSG SozR 4-2500 § 49 Nr 4 RdNr 11 - 19) . Vielmehr ruhte der Anspruch auf Alg nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses lediglich vom 16.10. bis 5.11.2002, also nicht einmal für einen vollen Monat. In dem sich anschließenden Zeitraum ab 6.11.2002 stand dem Anspruch auf Alg entgegen, dass der Kläger wegen AU nicht verfügbar war (vgl § 119 Abs 1 Nr 3 SGB III; zum Maßstab für die Beurteilung der krankheitsbedingten AU vgl BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) . Nur bei Eintritt von AU während eines Alg-Bezuges wird das Alg nach § 126 Abs 1 Satz 1 SGB III für sechs Wochen fortgezahlt, obwohl dem Grunde nach ein Anspruch auf Krg besteht ( vgl zum Verhältnis von Krg und Alg BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 9 RdNr 13 f, mwN) . In diesem Falle bleibt es bei der Mitgliedschaft aufgrund der Krankenversicherung der Arbeitslosen.

Der Gesetzgeber hat die Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V bewusst in der gesetzlichen Fassung ausgestaltet. Nach den Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Entwurf eines Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente - Job-AQTIV-Gesetz -, BT-Drucks 14/6944, S 52, zu Art 3 zu Nr 1 zu Buchst a) führte das bis dahin geltende Recht in den Fällen, in denen während des Ruhenszeitraums nach § 143 SGB III eine AU "nach Ablauf der allgemeinen krankenversicherungsrechtlichen Nachwirkung von einem Monat" eintrat dazu, dass kein Krankenversicherungsschutz kraft Gesetzes und damit kein Anspruch auf Krg bestand. Deshalb mussten sich "die Betroffenen ... selber gegen das Risiko der Krankheit versichern und hierfür Beiträge entrichten". Zur Vermeidung sozialpolitisch unbefriedigender Ergebnisse sollte die Gesetzesänderung künftig sicherstellen, dass das Ruhen einer Leistung nach dem SGB III wegen einer Urlaubsabgeltung - ebenso wie bei einer Sperrzeit - ab Beginn des zweiten Monats bis zum Ende des Ruhenszeitraums zur Versicherungspflicht in der Krankenversicherung führt.

Der Gesetzgeber traf damit eine Regelung, die lediglich für versicherungspflichtige Mitglieder Lücken im Versicherungsschutz beseitigte, welche § 19 Abs 2 SGB V nicht abdeckt. Nach § 19 Abs 2 SGB V (idF des Art 1 des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477) besteht Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet. Für freiwillig Versicherte gilt diese Regelung nach ihrem klaren Wortlaut und dem Regelungssystem (vgl zum Regelungssystem auch Senat, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R - RdNr 12 f, zur Veröffentlichung vorgesehen) nicht. Denn das Ende eines Beschäftigungsverhältnisses beendet ein freiwilliges Versicherungsverhältnis nicht. Der Gesetzgeber ging vielmehr für die freiwillig Versicherten davon aus, dass sie für die Fälle der Erkrankung nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses Eigenvorsorge treffen, sei es zB durch Kapitalrücklage oder eine Krankentagegeldversicherung.

2. Für Versicherte wie den Kläger, die (zunächst) durch Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Bruttoarbeitsentgelt über der JAE-Grenze versicherungsfrei wurden, und sich deshalb freiwillig versichert haben, schließt § 15 Abs 1 Satzung den Anspruch auf Krg aus, wenn sie nicht (mehr) gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die Beklagte musste auch nicht vor Entstehung des streitigen Krg-Anspruchs durch Verwaltungsakt förmlich feststellen, dass sich unmittelbar kraft Satzung der Leistungsumfang der freiwilligen Versicherung geändert hatte, um den Einwand durchgreifen zu lassen, der Versicherungsschutz umfasse kein Krg (mehr). Der zu beanspruchende Leistungsumfang ergab sich vielmehr von selbst aufgrund Gesetz und Satzung. Es genügte zur Klarstellung, dass die Beklagte den Antrag des Versicherten auf Krg durch Bescheid ablehnte. Von einer ordnungsgemäß bekannt gemachten Satzung - ein untergesetzliches Regelungswerk - gehen regelmäßig normative Wirkungen auch für die Krankenkassenmitglieder aus. Dass die Beklagte - über die Regelungen der Satzung hinaus - dem Kläger mit vorrangig zu würdigenden Bescheiden Versicherungsschutz mit Krg-Berechtigung für die Zeit ab dem 16.10.2002 rechtswidrig, aber bindend zugesichert oder gar zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.

3. Die Satzungsregelung ist entgegen der Ansicht des Klägers mit höherrangigem Recht vereinbar. Nach § 44 Abs 2 SGB V kann die Satzung für freiwillig Versicherte den Anspruch auf Krg ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen. Von der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung geht der Senat in ständiger Rechtsprechung aus (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 44 Nr 4 S 7; zuletzt BSG, Urteil vom 14.2.2007 - B 1 KR 16/06 R - RdNr 10 mwN) . Das beruht auf der geringeren Schutzbedürftigkeit freiwillig Versicherter (vgl BSGE 70, 13, 19 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6) , die typischerweise bei Eintritt einer Arbeitsverhinderung den Wegfall des Arbeitseinkommens aus eigenen Mitteln jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum überbrücken können (vgl BSG SozR 3-2500 § 44 Nr 4; BSGE 76, 1, 5 = SozR 3-2500 § 45 Nr 1 S 6; zuletzt BSG, Urteil vom 14.2.2007 - B 1 KR 16/06 R - RdNr 10 mwN).

Auch soweit die Satzung in § 15 Abs 1 Versicherte wie den Kläger vom Anspruch auf Krg ausschließt, die nicht mehr gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, liegt darin kein Verstoß gegen höherrangiges Recht. Die Regelung trägt der Entgeltersatzfunktion des Krg Rechnung. Krg kann grundsätzlich nach der Rechtsprechung des Senats nur als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der AU bzw vor Beginn der stationären Behandlung als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen (vgl BSGE 92, 260 = SozR 4-2500 § 47 Nr 1, jeweils RdNr 6; zuletzt BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 11/06 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung vorgesehen) . Kann nach diesen Grundsätzen ein Versicherter kein Krg beanspruchen, führt der formelle Ausschluss des Krg-Anspruchs in der Satzung lediglich dazu, dass der verringerte Beitragssatz für freiwillige Mitglieder gilt, deren Anspruch auf Krg ausgeschlossen ist (§ 11 Abs 3 Satzung; § 243 Abs 1 SGB V). Diese Regelung widerspricht nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz, da der verringerte Beitragssatz dem geringeren Leistungsumfang Rechnung trägt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1779873

SGb 2007, 484

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