Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Abrechnungsstreit zwischen Krankenkasse und Krankenhaus. Amtsermittlungspflicht des Gerichts. Nichtvorlage der Behandlungsunterlagen durch das Krankenhaus. Klagebefugnis eines Krankenhausträgers. Bedeutung der Kostenzusage für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses. Überprüfungsvorbehalt der Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gericht darf in einem Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse nur dann für das Krankenhaus nachteilige Schlüsse aus der Nichtvorlage der Behandlungsunterlagen ziehen, wenn sich aus den gesamten Umständen ergibt, dass die Vorlage dieser Unterlagen endgültig verweigert worden ist.

 

Orientierungssatz

1. Die Klage eines Krankenhausträgers auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl BSG vom 23.7.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3 2500 § 112 Nr 3; BSG und vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R = SozR 4-2500 § 39 Nr 12). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es um Ansprüche aus einer Sammelrechnung geht, gegen die die Krankenkasse mit einem Erstattungsanspruch aus einem früheren Behandlungsfall aufgerechnet hat.

2. Die Kostenzusage hat für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses kein eigenständig-konstitutives Gewicht, gleichwohl kann sie im Abrechnungsverfahren eine besondere Bedeutung erlangen. Denn mit einer vorbehaltslosen Kostenübernahmeerklärung werden bestimmte und den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses begründende Voraussetzungen bestätigt mit der Folge, dass die Krankenkasse mit bekannten oder zumindest erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen ist (vgl BSG vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr 2).

3. Die Krankenkassen sind nicht nach Bundesrecht verpflichtet, Krankenhausrechnungen auch dann in voller Höhe zu begleichen, wenn sie innerhalb angemessener Frist substantiierte und der Höhe nach bezifferte Einwendungen gegen die Abrechnung geltend machen (vgl BSG vom 22.7.2004 - B 3 KR 20/03 R = SozR 4 2500 § 112 Nr 3).

 

Normenkette

SGB 5 § 39 Abs. 1, § 109 Abs. 4 Sätze 2-3, § 112 Abs. 2, § 275 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1c; KHG § 17c; SGG § 54 Abs. 5, § 103 S. 1, § 106a Fassung: 2008-03-26

 

Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 16.01.2008; Aktenzeichen L 4 KN 92/04 KR)

SG Halle (Saale) (Urteil vom 07.10.2004; Aktenzeichen S 8 KN 90/04 KR)

 

Tatbestand

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte K. K. (im Folgenden: Versicherter) befand sich aufgrund fachärztlicher Überweisung vom 14. bis 26.8.2002 (Montag) wegen Apoplexie (Schlaganfall) zur stationären Behandlung im G.-Klinikum, dessen Trägerin die Klägerin ist. Im Kostenübernahmeantrag gab das Krankenhaus an, die stationäre Behandlung werde voraussichtlich bis zum 24.8.2002 dauern. Die Beklagte gab daraufhin eine Kostenübernahmeerklärung ohne weitere zeitliche Befristung ab.

Für die stationäre Behandlung des Versicherten stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 4.9.2002 insgesamt 2.605,26 Euro in Rechnung. Die Beklagte bezahlte den geforderten Betrag unter Vorbehalt und teilte der Klägerin am 18.9.2002 mit, es sei nicht plausibel, dass diese eine stationäre Behandlung bis einschließlich Sonntag abgerechnet habe. Um die Notwendigkeit der weiteren Krankenhausbehandlung ab 23.8.2002 überprüfen zu können, bitte sie um Übersendung einer medizinischen Begründung. Mit weiterem Schreiben vom 18.10.2002 stellte die Beklagte fest, dass die erbetene medizinische Begründung nicht erfolgt sei. Sie betrachte die Voraussetzungen des geltend gemachten Vergütungsanspruchs deshalb ab 23.8.2002 als nicht nachgewiesen; der Behandlungsfall sei deshalb nur mit 1.954,02 Euro abzurechnen. In der Folgezeit kürzte die Beklagte eine spätere Sammelrechnung der Klägerin um den Differenzbetrag von 651,24 Euro.

Im März 2003 mahnte die Klägerin den oa Betrag bei der Beklagten zur Zahlung an. Daraufhin forderte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) von der Klägerin die Vorlage des Entlassungsberichts mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf. Hierauf reagierte die Klägerin zunächst nicht; erst mit der am 1.7.2003 erhobenen Zahlungsklage über 651,24 Euro zzgl Zinsen legte sie den Entlassungsbericht vom 4.9.2002 vor. Auf dessen Grundlage kam der SMD am 26.8.2003 zu dem Ergebnis, dass die Notwendigkeit der stationären Behandlung des Versicherten "über das Wochenende bis zum 26.8.2002" nicht nachzuvollziehen sei. Die Beklagte schloss sich dieser Einschätzung an und wies darauf hin, dass die Entlassung des Versicherten bei zügigem und gestrafftem Vorgehen spätestens am 24.8.2002 möglich gewesen wäre.

Im Klageverfahren hat die Klägerin unter Hinweis auf frühere Entscheidungen des erkennenden Senats die Auffassung vertreten, sie sei der Krankenkasse gegenüber nicht zum Nachweis der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung verpflichtet und habe deshalb zu Recht nicht auf die Schreiben der Beklagten reagiert. Zudem habe die Beklagte eine unbefristete Kostenübernahmeerklärung erteilt und innerhalb der Zahlungsfrist auch keine substantiierten Einwendungen erhoben, sodass sie mit Einwendungen gegen die Krankenhausabrechnung ausgeschlossen sei. Einer weiteren sozialgerichtlichen Beweiserhebung bedürfe es deshalb nicht.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch durch Erfüllung erloschen sei und es der Klägerin offen stehe, wegen ggf zu Unrecht gekürzter späterer Rechnungen eine neue Klage zu erheben (Urteil vom 7.10.2004). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.1.2008): Der Beklagten habe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 651,24 Euro zugestanden, weil die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung des Versicherten über den 23.8.2002 nicht nachgewiesen sei. Mit diesem Anspruch habe sie rechtswirksam gegen gleichartige und erfüllbare Forderungen der Klägerin aus einer späteren - inhaltlich und rechnerisch nicht umstrittenen - Sammelrechnung aufgerechnet. Zwar müsse das Gericht den Sachverhalt gemäß § 103 SGG grundsätzlich von Amts wegen erforschen und dazu auch alle in Betracht kommenden Beweise erheben, im vorliegenden Fall sei die Pflicht zur Amtsermittlung indes eingeschränkt, weil die Klägerin die erbetenen medizinischen Unterlagen des Versicherten nicht vorgelegt habe. Die Klägerin gehe zu Unrecht davon aus, dass die Beklagte mit ihren Einwendungen gegen die Rechnung vom 4.9.2002 ausgeschlossen sei.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 301 Abs 1 Nr 3 SGB V und von weiterem Bundesrecht sowie Abweichungen des Berufungsgerichts von früherer Rechtsprechung des erkennenden Senats. Durch die unbefristete Kostenübernahmeerklärung der Beklagten sei eine Umkehr der Beweislast eingetreten; hieran habe sich auch nach der Entscheidung des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.9.2007 - GS 1/06 - nichts geändert. Deshalb habe auch keine Pflicht zur Vorlage einer medizinischen Begründung für die Krankenhausbehandlung über den 23.8.2002 hinaus bestanden. Zudem würde ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Patientenunterlagen nur dem SMD und nicht der Beklagten selbst zustehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16.1.2008 - L 4 KN 92/04 KR - und das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7.10.2004 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 651,24 Euro nebst 4 % Zinsen ab dem 29.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin (s dazu 1.) ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) . Zu Unrecht allerdings wirft die Klägerin der Beklagten vor, dass sie sich rechtsmissbräuchlich verhalten und/oder zwingende Vorschriften des Abrechnungsverfahrens verletzt habe und deshalb einen Erstattungsanspruch nicht mehr geltend machen könne (s dazu 2.). Entgegen der Auffassung des LSG ist aber auch der Klägerin im Ergebnis nicht vorzuwerfen, dass sie ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und deshalb die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen eingeschränkt sei (s dazu 3.). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen zu der Frage, ob in dem streitigen Zeitraum tatsächlich noch eine Krankenhausbehandlung durchgeführt worden und diese notwendig iS von §§ 109 Abs 4 Satz 2, 39 SGB V gewesen ist, also die Aufrechnung der beklagten Krankenkasse rechtens war oder nicht, konnte der Senat entgegen § 170 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGG nicht in der Sache selbst entscheiden; die fehlenden Feststellungen wird das LSG unter Berücksichtigung der vom Senat bereits entwickelten Grundsätze (vgl Urteile vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R - ua, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) nachzuholen haben (s dazu 4.).

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung der Vergütung für erbrachte Krankenhausleistungen gegen die Beklagte zu Recht mit der (echten) Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers wie der Klägerin auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG, Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R -, RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) . Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es - wie hier - um Ansprüche aus einer Sammelrechnung geht, gegen die die Krankenkasse mit einem Erstattungsanspruch aus einem früheren Behandlungsfall aufgerechnet hat. Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch zudem mit 651,24 Euro konkret beziffert (zur Notwendigkeit der Bezifferung einer Vergütungsklage vgl BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, jeweils RdNr 6) .

2. Ob die Voraussetzungen des streitigen Anspruchs auf Vergütung der Krankenhausbehandlung über den 23.8.2002 hinaus erfüllt waren oder die Beklagte zu Recht eine spätere Sammelrechnung der Klägerin um diesen Betrag kürzen durfte, lässt sich mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen. Zu Unrecht wirft die Klägerin der Beklagten jedoch vor, diese habe sich rechtsmissbräuchlich verhalten und/oder zwingende Vorschriften des Abrechnungsverfahrens verletzt und könne schon deshalb einen Erstattungsanspruch nicht mehr geltend machen.

a) Nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG stand der Klägerin im Oktober 2002 ein - inhaltlich und rechnerisch nicht umstrittener - Zahlungsanspruch gemäß Sammelrechnung vom 29.10.2002 zu. Rechtsgrundlage dieses Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2002. Nähere vertragliche Regelungen iS von § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer gab es nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG im betroffenen Zeitraum in Sachsen-Anhalt nicht. Deshalb ist hier - soweit erforderlich - allein auf die insoweit maßgebliche Pflegesatzvereinbarung zurückzugreifen (vgl BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, jeweils RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1 RdNr 8) .

b) Gegen diesen Zahlungsanspruch hat die Beklagte mit dem umstrittenen Erstattungsanspruch in Höhe von 651,24 Euro aufgerechnet. Hieran ist sie nicht schon durch ihre schriftliche Kostenzusage vom 20.8.2002 gehindert. Grundsätzlich entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer schriftlichen Kostenzusage, die nur als deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen ist (vgl BSGE 86, 166, 170 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 5) , unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem - wie hier - zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Die Kostenzusage hat also für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses kein eigenständig-konstitutives Gewicht, gleichwohl kann sie im Abrechnungsverfahren eine besondere Bedeutung erlangen. Denn mit einer vorbehaltslosen Kostenübernahmeerklärung werden bestimmte und den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses begründende Voraussetzungen bestätigt mit der Folge, dass die Krankenkasse mit bekannten oder zumindest erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen ist (vgl BSGE 89, 104, 106 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 12 f) . Zudem kann in bestimmten Fällen eine Umkehr der Beweislast eintreten (vgl BSGE 86, 166, 170 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 6) . Entscheidend kommt es dabei auf den Inhalt einer Kostenzusage an, die ihrerseits durch den jeweiligen Kostenübernahmeantrag eines Krankenhauses mitbestimmt wird (vgl auch Urteil des Senats vom 24.1.2008 - B 3 KR 6/07 R - RdNr 28) . Im vorliegenden Fall hat das Krankenhaus in seinem Kostenübernahmeantrag als voraussichtliche Verweildauer selbst "bis 24.8.2002" angegeben; für die Beklagte bestand deshalb - entgegen der Auffassung der Klägerin - keine Notwendigkeit, ihre Kostenzusage weiter zu befristen. Außerdem ist die Übernahme der Behandlungskosten ausdrücklich nur "für die ärztlicherseits als medizinisch notwendige Verweildauer" zugesagt worden. Zu Recht hat das LSG der Kostenübernahmeerklärung der Beklagten deshalb keine darüber hinausgehende Bedeutung im Sinne einer vorbehaltslosen Kostenzusage beigemessen.

c) Die Aufrechnung scheitert auch nicht daran, dass die Beklagte rechtsmissbräuchlich gehandelt hat oder aus anderen Gründen mit ihren Einwendungen aus dem früheren Behandlungsfall ausgeschlossen ist.

aa) Der Beklagten kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie im Prüfungsverfahren schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen habe und sich folglich gegenüber dem Zahlungsanspruch nicht mehr auf die fehlende Erforderlichkeit der damaligen Krankenhausbehandlung berufen dürfe. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, kann es zwar Fälle geben, in denen die Berufung auf Einwendungen nach Würdigung aller Umstände gegen Treu und Glauben verstieße und damit rechtsmissbräuchlich wäre (§ 242 BGB analog) . Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Krankenkasse ist aber auf gravierende Fälle vertragswidrigen Verhaltens zu beschränken; der erkennende Senat hat eine solche Konstellation bislang nur einmal angenommen ( BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 - "Berliner Fälle"; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 13 ). Eine unzulässige Rechtsausübung war damals anzunehmen, weil die Krankenkasse unter Verstoß gegen ein vertraglich vereinbartes Prüfungsverfahren routinemäßig und pauschal die Begleichung von Krankenhausrechnungen verweigert hatte, da angebliche Erfahrungswerte zur erforderlichen Verweildauer überschritten worden seien. Um einen solch gravierenden Vorgang handelt es sich hier indes nicht. Schon am 18.9.2002 - also nur zwölf Tage nach Eingang der Rechnung der Klägerin - hatte die Beklagte diese Rechnung vollständig bezahlt, zudem die Klägerin um eine detaillierte medizinische Begründung nebst aussagekräftigen Unterlagen gebeten und diese Bitte mit Schreiben vom 18.10.2002 noch einmal wiederholt - von einem pauschalierten und begründungslosen Vorgehen kann deshalb keine Rede sein.

bb) Der Beklagten kann des Weiteren nicht entgegengehalten werden, dass sie ein landesvertraglich vereinbartes Verfahren nicht eingehalten habe - vertragliche Regelungen iS von § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer gab es nach den unangegriffenen und für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG im betroffenen Zeitraum in Sachsen-Anhalt nicht. Damit ist auch die Rüge hinfällig, die Beklagte habe gegen ein landesvertraglich vereinbartes Beschleunigungsgebot verstoßen. Allerdings hat der Senat in anderem Zusammenhang schon entschieden, dass landesrechtlichen Verträgen iS von § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V ein generelles Gebot zur zügigen Abwicklung aller verwaltungsmäßigen Vorgänge (Beschleunigungsgebot) immanent ist (BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 13) ; eine entsprechende Regelung findet sich nunmehr speziell für Überprüfungen in Krankenhäusern auch in § 275 Abs 1c SGB V, der mit Wirkung vom 1.4.2007 (Art 1 Nr 185 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) eingeführt worden ist und Einzelheiten und besondere Pflichten sowie eine sechswöchige Ausschlussfrist für die Einleitung einer Einzelfallprüfung normiert, im hier streitigen Zeitraum indes noch nicht galt. Da die beklagte Krankenkasse - wie unter Punkt 2 c aa) dargelegt - zügig die Übersendung einer detaillierten medizinischen Begründung nebst Unterlagen angemahnt und innerhalb von zwölf Tage den geforderten Rechnungsbetrag vollständig beglichen hat, kann ihr eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht vorgeworfen werden.

cc) Zudem hat die Beklagte nicht gegen die zwischen den Beteiligten getroffene Zahlungsabrede (§ 9 Pflegesatzvereinbarung) verstoßen, da sie die Rechnungsbegleichung schon wenige Tage nach Rechnungsstellung vorgenommen hat. Damit ist die ursprüngliche Forderung der Klägerin in vollem Umfang erfüllt worden und erloschen; auf etwaige Einwendungen der Beklagten dagegen kann es nicht mehr ankommen. Streitbefangen ist vorliegend ein im Aufrechnungswege geltend gemachter Erstattungsanspruch der Beklagten gegen eine - nach Art und Höhe unstreitige - Sammelrechnung der Klägerin. In diesem Verfahren ist die Beklagte trotz der Zahlung nicht mit Einwendungen aus dem ursprünglichen Abrechnungsstreit präkludiert, soweit es um die Begründung des Erstattungsanspruchs nach § 812 BGB analog geht. Denn der Krankenkasse bleiben etwaige Einwendungen gegen Grund und Höhe der geltend gemachten Behandlungskosten trotz der Zahlung erhalten; die Rückforderung und die Möglichkeit späterer Aufrechnung gegen unbestrittene Forderungen des Krankenhauses aus anderen Behandlungsfällen werden durch die Zahlung nicht ausgeschlossen (so schon BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 und SozR 4-2500 § 109 Nr 1) . Für diesen Erstattungsanspruch trägt indes die Beklagte die materielle Beweislast - nach dem Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl schon BSGE 6, 70, 72 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 19a mwN) .

dd) Zu Recht durfte die Beklagte von der Klägerin eine medizinische Begründung für die Krankenhausbehandlung über den 23.8.2002 hinaus verlangen. Schon in der Kostenzusage hatte sich die Beklagte eine zwischenzeitliche Prüfung über die weitere Notwendigkeit der stationären Behandlung ausdrücklich vorbehalten. Ein derartiger Überprüfungsvorbehalt ist allgemein üblich, da der Gesetzgeber den Krankenkassen die Überprüfung der Leistungserbringung besonders auferlegt hat, wie sich aus § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V und nunmehr auch - speziell für den Krankenhausbereich - aus § 275 Abs 1c SGB V ergibt. Die frühere Rechtsprechung des erkennenden Senats steht dem nicht entgegen: Zwar hat der Senat wiederholt entschieden, dass es den Krankenkassen nicht erlaubt ist, die Bezahlung von Krankenhausrechnungen mit der Begründung zu verzögern, dass zunächst die Richtigkeit der Abrechnung oder die wirtschaftliche Leistungserbringung geprüft werden müsse (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1;BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3;BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) . Ferner wurde ein Recht der Krankenkassen verneint, in die Behandlungsunterlagen Einsicht zu nehmen und insoweit ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Bezahlung der Krankenhausrechnung auszuüben (BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3) . Daraus folgt aber nicht, dass die Krankenkassen nach Bundesrecht verpflichtet wären, Krankenhausrechnungen auch dann in voller Höhe zu begleichen, wenn sie innerhalb angemessener Frist substantiierte und der Höhe nach bezifferte Einwendungen gegen die Abrechnung geltend machen (BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 3) . Deshalb muss es ihnen auch gestattet sein, detaillierte medizinische Begründungen und aussagekräftige Unterlagen anzufordern, um überhaupt Einwendungen erheben zu können; andernfalls könnten sie ihren Prüfaufträgen aus § 275 Abs 1 SGB V und § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) gar nicht nachkommen (vgl auch BT-Drucks 16/3100 S 171 zur Einfügung des neuen § 275 Abs 1c SGB V, wobei ausdrücklich auf die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG Bezug genommen wird) . Die oa gesetzlichen Regelungen erlegen den Krankenkassen geradezu die Pflicht auf, bei der Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einzuholen; die Funktion des MDK nimmt dabei in der knappschaftlichen Krankenversicherung der SMD wahr (vgl Tösmann, Kompass, 1977, 360; Kammler/Klapthor/Blohm/Hallerberg, Kompass, 1990, 216) .

Die Tatsache, dass sich die beklagte Krankenkasse zur Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme nicht zunächst unmittelbar an den SMD gewandt, sondern das Krankenhaus um sachdienliche Behandlungsunterlagen gebeten hat, anhand derer der SMD dann tätig werden sollte, lässt nicht - anders als die Klägerin meint - den Schluss zu, die Anforderung der Beklagten sei von § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht gedeckt. Denn diese Regelung schreibt den Krankenkassen keinen bestimmten Weg vor, in welcher Weise das gesetzliche Begutachtungsverfahren einzuleiten ist. Die Beklagte hat zwar - anders als in dem vom Senat ebenfalls am 20.11.2008 entschiedenen Parallelfall B 3 KN 1/08 KR R - in ihren Schreiben an die Klägerin nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, die medizinischen Unterlagen nach Eingang unmittelbar an den SMD zur Prüfung der medizinischen Notwendigkeit weiterer stationärer Behandlung bis einschließlich Montag weiterleiten zu wollen. Dies ist im Ergebnis aber nicht zu beanstanden, denn für den Senat besteht kein Anlass zu zweifeln, dass die Beklagte keine eigene Überprüfung des medizinischen Sachverhalts vornehmen, sondern den SMD einschalten wollte, der sodann eine abschließende sozialmedizinische Beurteilung erstellen sollte. Dies wird auch durch den späteren Verfahrensablauf dokumentiert, denn nach Eingang der Mahnung der Klägerin vom 11.3.2003 ist seitens der Beklagten ein Prüfauftrag an den SMD erteilt worden, auf Grund dessen dieser den Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf angefordert und später auch erhalten hat.

Auch die Pflicht der Klägerin zur Mitwirkung an der Überprüfung der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung des Versicherten in der streitigen Zeit steht außer Zweifel. Nach § 276 Abs 1 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, dem MDK/SMD die für die Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. In Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 dieser Regelung ist klargestellt, dass die Leistungserbringer bei Veranlassung einer gutachtlichen Stellungnahme oder Prüfung durch den MDK nach § 275 Abs 1 bis 3 SGB V verpflichtet sind, Sozialdaten auf Anforderung des MDK unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist. Daraus hat der erkennende Senat hergeleitet, dass die Krankenkasse vom Krankenhaus die Herausgabe von Behandlungsunterlagen an den MDK für die im Gesetz genannten Zwecke beanspruchen kann (BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, jeweils RdNr 16 ff) . Diesem Herausgabeanspruch hätte die Klägerin nachkommen müssen.

Die Beklagte hat auch die Prüfungsvoraussetzungen gemäß § 275 Abs 1 SGB V beachtet. Ihr bot der Umstand der Entlassung der Versicherten am Montagvormittag hinreichenden Anlass, um in eine Überprüfung der Behandlungsbedürftigkeit über den vorangegangenen Freitag hinaus einzutreten, zumal im Kostenübernahmeantrag selbst nur eine voraussichtliche Behandlungsdauer von zehn Tagen (bis zum Samstag) angegeben war. Da die Personalstärke in einem Krankenhaus an Wochenenden erfahrungsgemäß reduziert und der Behandlungsumfang gegenüber regulären Arbeitstagen herabgesetzt und weitgehend auf Notversorgungen ausgerichtet ist, kann sich bei der Entlassung eines Versicherten an einem Montag, insbesondere an einem Montagvormittag, in Einzelfällen zwangsläufig die Frage aufdrängen, weshalb die stationäre Behandlung dann nicht bereits am davor liegenden Freitag oder spätestens Samstag hätte beendet werden können.

ee) Der Hinweis der Klägerin schließlich, § 301 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V (idF des Gesetzes vom 22.12.1999, BGBl I 2626) regele die Mitteilungspflichten eines Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse auch in dem hier betroffenen Bereich der Überprüfung nach § 275 SGB V enumerativ und abschließend, ist unzutreffend. § 301 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V zielt lediglich darauf ab, ordnungsgemäße Krankenhausabrechnungen zu gewährleisten und die für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Krankenkassen, ua die für in Landesverträgen vorgesehene Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V) und die für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (§ 113 SGB V) erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung ≪Gesundheitsstrukturgesetz≫, BT-Drucks 12/3608 S 124 zu Nr 141) . Deshalb begrenzt die Norm den Datenverkehr auf das hierfür Unerlässliche, verbietet aber nicht die Anforderung und Übermittlung weiterer Daten, wie sie für die Feststellung der Erforderlichkeit von Krankenhausbehandlung benötigt werden. Welche Ermittlungsbefugnisse bei Überprüfungen, in denen die Krankenkasse zwingend den MDK/SMD einschalten muss, konkret bestehen, ergibt sich nicht aus § 301 Satz 1 Abs 1 Nr 3 SGB V, sondern speziell - je nach betroffenem Prüfverfahren - aus § 17c KHG oder, wie hier, aus §§ 275, 276 SGB V.

3. Aus der Tatsache, dass die Klägerin dem Verlangen der Beklagten auf Herausgabe aussagekräftiger medizinischer Unterlagen nicht nachgekommen ist, folgt aber nicht zwangsläufig, dass damit der Erstattungsanspruch der Beklagten begründet ist. Hierzu hat das LSG keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen, sondern ist unzutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und deshalb die gerichtliche Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen eingeschränkt ist.

a) Wie der erkennende Senat mit Urteilen vom 10.4.2008 (- B 3 KR 19/05 R - ua, KH 2008, 1229, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) in Anlehnung an die Entscheidung des GS des BSG vom 25.9.2007 (-GS 1/06 -, BSGE 99, 111, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen ) entschieden hat, ist die Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer daraufhin zu überprüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand (BSG, Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R -,aaO, RdNr 41) . Entsprechend konkrete und am Einzelfall orientierte Fragestellungen sind von den Tatsachengerichten in ihren Beweisanordnungen vorzusehen und den medizinischen Sachverständigen vorzulegen. Dabei können und müssen die Instanzgerichte auf alle ihnen nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Beweismittel zurückgreifen (BSG, aaO, RdNr 42) . Dies gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet. Eine diesen Vorgaben entsprechende Beweiserhebung ist nicht erfolgt, sie wird vom LSG nachzuholen sein.

b) Das LSG ist - ausgehend von den unter a) dargelegten Maßstäben - fälschlich zu dem Ergebnis gelangt, die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung des Versicherten über den 23.8.2002 hinaus sei im vorliegenden Falle nicht nachgewiesen. Diese Schlussfolgerung ist so nicht begründet, denn das LSG durfte seine Amtsermittlungspflicht nicht wegen einer fehlenden Mitwirkungshandlung der Klägerin als erfüllt ansehen.

aa) Nach § 103 Satz 1 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Zwar muss das Gericht auch bei Verletzung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ermitteln, jedoch gilt dies nicht uneingeschränkt: Unabhängig von der erst mit Wirkung vom 1.4.2008 eingeführten Regelung des § 106a SGG (vgl dazu Hauck, jurisPR-SozR 17/2008 Anm 4) verringern sich die Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht, wenn ein Beteiligter seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 1 RdNr 10; BFHE 156, 38; aus der Literatur zB: Leitherer, aaO, § 103 RdNr 16 mwN; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl 2007, § 86 RdNr 12 mwN) . Andererseits muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen, umfassend Gebrauch machen ( BSGE 30, 192, 205; Leitherer, aaO, RdNr 8 mwN ). Dies verlangt vom Gericht ein aktives Handeln, wie sich schon aus der Formulierung des Gesetzes in § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG ergibt: "Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen." Zudem hat das Gericht nach § 112 Abs 2 Satz 2 SGG "das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären". Auch dies verlangt ein konkretes Tätigwerden; es dient der effektiven Gewährleistung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) und insbesondere der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (Leitherer, aaO, § 112 RdNr 1 und 2 mwN) . Das gilt umso mehr, wenn das Gericht selbst - wie hier - im Laufe des Verfahrens zu einem Streitpunkt Fragen stellt oder Hinweise gibt, in der Folgezeit aber keine weiteren Ermittlungen anstellt, obwohl sich diese aufgedrängt hätten.

bb) Im vorliegenden Fall ist seit Beginn des Klageverfahrens zuvorderst die Frage umstritten, ob in der fraglichen Zeit (Wochenende) noch Krankenhausbehandlung stattgefunden hat und ob diese iS von §§ 109 Abs 4 Satz 2, 39 SGB V erforderlich gewesen ist, vor allem aber auch, ob die beklagte Krankenkasse mit Einwendungen gegen die ursprüngliche Krankenhausforderung ausgeschlossen ist bzw solche im Erstattungsverfahren heute nicht mehr geltend machen darf und deshalb eine Übersendung medizinischer Unterlagen nicht mehr zu erfolgen braucht. Das SG hat - zutreffend - die Auffassung vertreten, dass die ursprüngliche Forderung aus der Krankenbehandlung vom 14. bis 26.8.2002 durch Erfüllung erloschen ist, dann aber - zu Unrecht - gefolgert, dass die Aufrechnung der Beklagten gegen die Sammelrechnung vom 29.10.2002 nicht Streitgegenstand sei und es der Klägerin unbenommen bleibe, insofern eine neue Klage zu erheben; die Frage des Einwendungsausschlusses bzw der Pflicht zur Aktenübersendung hat das SG noch nicht einmal gestreift. Im Berufungsverfahren (Eingang der Berufung: 16.11.2004) sind zunächst Akten angefordert und Schriftsätze gewechselt worden; am 20.10.2006 findet sich sodann eine prozessleitende Verfügung des Berichterstatters beim LSG - die einzige inhaltlich relevante Verfügung im gesamten Berufungsverfahren - mit einem Hinweis auf eine Entscheidung des erkennenden Senats vom 12.5.2006 (- B 3 KR 18/04 R -) und folgendem Zusatz:

"In der Sache wäre dann das Bestehen des Rückzahlungsanspruchs zu klären. Hierzu bitte ich, dem Gericht die Patientenakten zu übersenden. Es soll ggf. weitere Sachaufklärung erfolgen. Sofern keine Patientenakten mehr vorliegen, bitten wir um entsprechende Mitteilung. Gleiches gilt für den Fall, dass Sie eine Übersendung an das Gericht nicht vornehmen wollen. In diesem Fall bitte ich die Gründe anzugeben."

Mit Schriftsatz vom 22.12.2006 hat die Klägerin unter Hinweis auf drei weitere Entscheidungen des erkennenden Senats ausführlich dargelegt, weshalb sie das Verhalten der Beklagten als gesetz- und vertragswidrig ansieht und weiterhin die Ansicht vertritt, dass eine Beiziehung von Patientenakten deshalb nicht erforderlich sei. Ua heißt es darin:

"Im Übrigen wird eine solche Beiziehung der (Patienten)Akte vorliegend nicht für erforderlich gehalten, da weitere Sachverhaltsermittlungen ausscheiden dürften. … Im Hinblick auf die aufgezeigten völlig unsubstantiierten Einwendungen der Beklagtenseite wird für eine Amtsermittlungspflicht des Gerichts kein Raum gesehen."

Nach einer entgegnenden Stellungnahme der Beklagten, in der ebenfalls der Ablauf des Prüfverfahrens problematisiert worden ist, hat das LSG die Streitsache ohne Sachaufklärung und ohne weitere Stellungnahme auf den 16.1.2008 terminiert und das die Berufung zurückweisende Urteil verkündet; die Sitzungsniederschrift von demselben Tag gibt keinen Aufschluss darüber, welche Streitpunkte in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen thematisiert worden sind.

cc) In Anbetracht dieses konkreten Verfahrensablaufs ist die Schlussfolgerung des LSG, die Klägerin habe eine Übersendung der Patientenakten endgültig verweigert und deshalb sei die Amtsermittlungspflicht eingeschränkt, nicht nachvollziehbar. Das LSG hat durch seine prozessleitende Verfügung vom 15.9.2006 deutlich zu erkennen gegeben, dass es den Kernpunkt des Streits erkannt hat und nunmehr Beweis unter Verwertung von medizinischen Unterlagen der Klägerin erheben will; es hat zudem um Angabe von Gründen gebeten, falls gleichwohl eine Übersendung der Patientenakte unterbleiben sollte. Hierzu hat die Klägerin umfänglich Stellung genommen und ihre Sicht der Rechtslage dargelegt. In dem vom LSG ebenfalls am 16.1.2008 entschiedenen Parallelverfahren L 4 KN 44/04 KR (= B 3 KN 1/08 KR R, vom Senat ebenfalls am 20.11.2008 entschieden) hatte die Klägerin auf eine wortgleiche Anfrage des LSG sogar ua wörtlich geantwortet:

"Sollte sich das Gericht vorliegend tatsächlich hiervon distanzieren, möge es bitte darlegen, an welche Einwendungen der Beklagten es vorliegend anknüpft und was es in diesem Zusammenhang (mit Blick auf die 'erhobenen Einwendungen' …) konkret prüfen möchte."

Grundsätzlich besteht zwar für die Gerichte keine allgemeine Aufklärungspflicht über die Rechtslage oder über eine bestimmte Rechtsauffassung, die der Entscheidung möglicherweise zugrunde gelegt werden könnte; auch zu einzelnen Rechtsfragen braucht das Gericht seine Ansicht nicht im Einzelnen kundzutun (Leitherer, aaO, § 62 RdNr 8a mwN) . Dieser Grundsatz erfährt indes Einschränkungen, wenn das Gericht den Rechtsstreit selbst - zB durch eine prozessleitende Verfügung - in eine bestimmte Richtung lenkt, dann aber in dieser Richtung nicht weiter ermittelt, obwohl hierfür konkrete Veranlassung besteht. So liegt es hier: Das Gericht hatte eine Beweisaufnahme ins Auge gefasst und die Klägerin um Angabe von Gründen gebeten, falls beabsichtigt sei, die Patientenakten nicht zu übersenden. Dieser Verfügung war die Klägerin nachgekommen, hatte ihre Rechtsposition nochmals dargelegt und zudem - im gleichzeitig vor dem LSG verhandelten Parallelverfahren - um einen richterlichen Hinweis gebeten, falls das Berufungsgericht anderer Ansicht sein sollte. Deshalb hätte das LSG seine Rechtsauffassung darlegen und die Klägerin dann ggf über die Folgen der Nichtbeachtung der gerichtlichen Aufforderung zur Mitwirkung belehren oder zumindest formlos darauf hinweisen müssen, dass es aus der Weigerung, aussagekräftige medizinische Unterlagen zu übersenden, nachteilige Schlüsse ziehen will (Leitherer, aaO, § 103 RdNr 17a; BSG SozR Nr 55 zu § 103 SGG; SozR 1500 § 103 Nr 23 mwN und Nr 27 ) . Die letztendliche Entscheidung des LSG, von einer Einschränkung der Amtsermittlungspflicht wegen mangelnder Mitwirkung der Klägerin auszugehen, kam für diese völlig unerwartet; derartige Überraschungsentscheidungen verletzen das prozessuale Vertrauen und sind grundsätzlich verboten (vglBVerfGE 84, 188 , 190; 107, 395, 410) .

4. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen zu der Frage, ob in dem streitigen Zeitraum tatsächlich noch eine Krankenhausbehandlung durchgeführt worden und diese notwendig iS von §§ 109 Abs 4 Satz 2, 39 SGB V gewesen ist, also die Aufrechnung der beklagten Krankenkasse rechtens war oder nicht, konnte der Senat entgegen § 170 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGG nicht in der Sache selbst entscheiden; die fehlenden Feststellungen wird das LSG unter Berücksichtigung der vom Senat bereits entwickelten Grundsätze (vgl Urteile vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R - ua, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) nachzuholen haben.

a) Wie der Senat in jüngster Zeit wiederholt festgestellt hat, ist die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung in nachträglichen Abrechnungsstreitigkeiten in der Regel erst dann zu prüfen, wenn feststeht, dass im Einzelfall auch tatsächlich eine den Kriterien "Krankenhausbehandlung" entsprechende Versorgung stattgefunden hat (vgl Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R -, RdNr 19 ff) . Denn erst wenn unter Berücksichtigung der maßgeblichen Krankenunterlagen festgestellt werden kann, welche medizinischen und versorgungstechnischen Leistungen während des Krankenhausaufenthalts tatsächlich erbracht worden sind, stellt sich die Frage der Erforderlichkeit der stationären Behandlung in einem Krankenhaus (Trefz/Flachsbarth, Pflege- & Krankenhausrecht, 2008, S 103) . Entsprechende Feststellungen hat das LSG bislang nicht getroffen; sie sind nachzuholen.

b) Sodann wird das LSG - vorausgesetzt, die unter a) aufgeworfene Frage wird bejaht - zu prüfen haben, ob die dem Versicherten vollstationär gewährte Krankenhausbehandlung in der hier noch streitigen Zeit nach medizinischen Erfordernissen erforderlich war, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden konnte. Hätte nach den Krankheitsbefunden vor allem eine ambulante Therapie ausgereicht, so hätte die Krankenkasse die Kosten des Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen noch vorübergehend im Krankenhaus verblieben wäre (vgl Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R -, RdNr 22 ff) . Dieser Maßstab gilt auch hier für den späteren Erstattungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse.

c) Vor allem wird das LSG aber zu klären haben, ob die Klägerin unter Berücksichtigung dieser Entscheidung des erkennenden Senats bereit ist, die ihr noch zur Verfügung stehenden medizinischen und pflegerischen Unterlagen vorzulegen. Ist das nicht der Fall, dürfte das LSG daraus auf eine mangelnde Mitwirkung und eine Beschränkung der Amtsermittlungspflicht schließen. Andernfalls wäre zu prüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand. Im konkreten Fall wäre also zu beurteilen, ob die besonderen Mittel eines Krankenhauses auch noch am streitigen Wochenende erforderlich waren, um eine Krankheit des Versicherten zu erkennen, sie zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R -, RdNr 39 ff) . Eine diesen Vorgaben entsprechende Beweiserhebung wird das LSG ggf nachzuholen haben. Dabei kann und muss es auf alle ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Beweismittel und nicht nur auf die von der Klägerin geführten Dokumentationen (Krankenakten, Leistungsdokumentation, Medikamentenverordnungsblatt, ärztliche Verlaufseintragungen, Dokumentation über Therapien und Arbeitsversuche usw) zurückgreifen, zumal diese Dokumente in der Regel nur den Verlauf des Krankenhausaufenthalts belegen sollen.

d) Erst wenn sich nach Ausschöpfung aller Beweismittel und Erkenntnisquellen herausstellen sollte, dass es heute nicht mehr feststellbar ist, ob im fraglichen Zeitraum noch Krankenhausbehandlung durchgeführt worden und diese - bejahendenfalls - iS von § 39 SGB V erforderlich gewesen ist, wird sich die Frage stellen, wer die Folgen der Unerweislichkeit dieser Tatsachen zu tragen hat. Dies trifft die beklagte Krankenkasse; denn sie behauptet, gegenüber der Klägerin einen Erstattungsanspruch zu besitzen und trägt insoweit die materielle Beweislast - nach dem Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl oben 2 c cc).

5. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2136288

NZS 2009, 676

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