Orientierungssatz

Zur Frage der pflichtwidrigen Erteilung einer falschen Auskunft, wenn der die Auskunft erteilende Beamte sich nicht darauf beschränkt, die derzeit geltende Gesetzeslage zu erläutern, sondern auch dem Antragsteller die Folgerungen vor Augen führt, die sich für ihn hinsichtlich seines zukünftigen Verhaltens aus dieser Rechtslage ergeben werden.

 

Normenkette

AFG § 15 Fassung: 1969-06-25; BGB § 839 Abs. 1 Fassung: 1896-08-18, § 242 Fassung: 1896-08-18; GG Art. 34 Fassung: 1949-05-23

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 1974 aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Lehrgangsgebühren für einen Lehrgang des Klägers zum "Staatlich geprüften Betriebswirt" an der Wirtschaftsakademie in K in der Zeit vom 1. März 1972 bis 28. Februar 1974 nur in Höhe von 1,25 DM pro Stunde entsprechend der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (AFuU 1971) oder in voller Höhe gem. der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (AFuU 1969) zu tragen hat.

Der 1948 geborene Kläger war bis Anfang 1972 als Industriekaufmann beschäftigt. Mitte 1971 ließ er sich bei der Wirtschaftsakademie in K einen Studienplatz ab 1. Oktober 1971 reservieren. Am 27. Juli 1971 war er zu einer Beratung beim Arbeitsamt L. Er wurde belehrt, daß der Besuch der Wirtschaftsakademie förderungsfähig sei, daß die Lehrgangsgebühren in voller Höhe vom Arbeitsamt übernommen werden könnten und daß sich das während der Fortbildung zu zahlende Unterhaltsgeld (Uhg) nach der Höhe der zuletzt bezogenen Arbeitsvergütung bemesse. Da der Kläger am 1. Januar 1972 eine Gehaltserhöhung erwartete, wurde er darauf hingewiesen, daß es für ihn günstiger sein könne, statt am 1. Oktober 1971 erst mit dem folgenden Semester, am 1. März 1972, die Fortbildungsmaßnahme zu beginnen.

Der Kläger veranlaßte daraufhin die Wirtschaftsakademie, ihm nunmehr einen Studienplatz ab 1. März 1972 zuzuteilen.

Nachdem der Kläger am 2. November 1971 die Fortbildungsförderung beim Arbeitsamt beantragt hatte, teilte der Sachbearbeiter dem Kläger unter dem 6. Dezember 1971 mit, der Verwaltungsrat der Bundesanstalt (BA) habe mit Wirkung vom 1. Januar 1972 die bisherige Anordnung über Fortbildung und Umschulung einschneidend geändert. Künftig könnten beispielsweise nicht mehr die vollen Lehrgangsgebühren übernommen werden, sondern lediglich noch 1,25 DM pro Unterrichtsstunde. Diese Änderung sei zum Zeitpunkt der Beratung des Klägers nicht vorhersehbar gewesen. Die Kürzung der Lehrgangsgebühren gelte auch in den Fällen, in denen nach dem bisher geltenden Förderungsrecht Auskünfte erteilt worden seien.

Der Kläger hatte inzwischen sein Beschäftigungsverhältnis als Industriekaufmann zum 1. März 1972 gekündigt. Er konnte auch nicht die Kündigung rückgängig machen, weil seine Stellung bereits anderweitig besetzt worden war.

Dem Kläger wurden mit den Bescheiden vom 23. März 1972, 22. August 1972, 20. Februar 1973 und 24. Juli 1973 Förderungsleistungen gewährt. Dabei wurden die Lehrgangsgebühren jeweils auf 1,25 DM pro Unterrichtsstunde beschränkt. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23. März 1972 blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1972).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Mai 1973).

Mit Urteil vom 16. Juli 1974 hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter entsprechender Änderung der Bescheide vom 23. März und 22. August 1972, 20. Februar und 24. Juli 1973 Förderungsleistungen für den Besuch der Wirtschaftsakademie K unter Anrechnung der bisher bereits geleisteten Zahlungen mit der Maßgabe zu gewähren, daß für die Berechnung der Lehrgangsgebühren die Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung in der bis zum 31. Dezember 1971 geltenden Fassung anzuwenden und für die Berechnung des Uhg das Einkommen des Klägers im September 1971 zugrunde zu legen sei. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen.

Es hat ausgeführt:

Der Kläger habe Anspruch auf Gewährung des vollen Unterrichtsgeldes, allerdings unter Anrechnung dessen, was er infolge des durch die Gehaltserhöhung bedingten höheren Uhg mehr bekommen habe als er erhalten hätte, wenn er bereits im Oktober 1971 das Studium an der Wirtschaftsakademie begonnen hätte. Der Anspruch ergebe sich allerdings nicht aus den Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) i. V. m. den Vorschriften der AFuU 1971; denn die Bestimmung des § 12 der AFuU 1971 begrenze gerade im Gegensatz zu der früheren Fassung die zu gewährenden Lehrgangsgebühren auf einen Betrag von höchstens 1,25 DM pro Unterrichtsstunde.

Nach den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über den Folgenbeseitigungsanspruch sei der Kläger aber so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er entsprechend seiner ursprünglichen Absicht bereits im Oktober 1971 mit dem Studium begonnen hätte. Diese Verpflichtung der Beklagten ergebe sich daraus, daß der Förderungsberater dem Kläger die unzutreffende Auskunft erteilt habe, ihm würden auch bei einem Studienbeginn im März 1972 die vollen Lehrgangsgebühren gewährt werden. Es bedürfe, um einen Folgenbeseitigungsanspruch zu begründen, auf seiten der Behörde keines schuldhaften Verhaltens. Es genüge, wenn bei der Auskunftserteilung objektiv pflichtwidrig verfahren worden sei. Der Folgenbeseitigungsanspruch sei nicht darauf gerichtet, dem Betroffenen einen Anspruch zu verschaffen, der ihm nach dem Gesetz nicht zugestanden hätte, die Behörde also zu einem gesetzwidrigen Handeln zu verpflichten. Vielmehr sei das Ziel des Folgenbeseitigungsanspruchs, den Auskunftsuchenden so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er sich einer richtigen Auskunft entsprechend verhalten hätte. Deshalb sei der mit einem Folgenbeseitigungsanspruch erstrebte Erfolg auch nicht mit einem nach § 151 Abs. 1 AFG aufhebbaren rechtswidrigen Leistungsbescheid vergleichbar.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen die §§ 33 ff, 151 AFG und die Vorschriften der AFuU 1971. Sie trägt insbesondere vor: Der Folgenbeseitigungsanspruch setze einen rechtswidrigen Eingriff in die Rechte des Betroffenen voraus. Von einem Eingriff in die Rechte des Klägers könne jedoch bei der Auskunft des Förderungsberaters nicht die Rede sein. Selbst wenn man aber anerkenne, daß eine unrichtige Auskunft einen Folgenbeseitigungsanspruch auslösen könne, so sei ein solcher Anspruch hier nicht gegeben; denn die von dem Berater erteilte Auskunft sei damals richtig gewesen. Erst die spätere Rechtsänderung habe zu Nachteilen für den Kläger geführt. Davon, daß dem Förderungsberater die Rechtsänderung unbekannt gewesen sei, die die AFuU 1971 hinsichtlich der Höhe der Lehrgangsgebühren gebracht habe, gehe das Berufungsgericht zutreffend aus. Die Änderung der AFuU sei erst mit Erlaß vom 10. September 1971, also einen Tag nach Beschlußfassung durch den Verwaltungsrat der Beklagten, aber noch vor Genehmigung durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung den Dienststellen der Beklagten bekanntgegeben worden. Zu verlangen, eine zukünftige Rechtsänderung vor diesem Zeitpunkt in der Auskunft zu berücksichtigen, würde die Anforderungen an eine Auskunftserteilung überspannen.

Der Haftung der Beklagten aufgrund eines Folgenbeseitigungsanspruchs wegen einer unrichtigen Auskunft stehe auch § 151 Abs. 1 AFG entgegen. Wenn schon bewilligte Leistungen und verbindliche Zusagen mit Rücksicht auf § 151 Abs. 1 AFG nicht zu einer rechtswidrigen Förderung führen könnten, dann dürfe erst recht nicht eine Auskunft eine rechtswidrige Förderung nach sich ziehen, wozu es im vorliegenden Fall bei der Anwendung der AFuU 1969 kommen würde. Eine Auskunft sei ihrem Wesen nach noch weniger als eine Zusage.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 3. Mai 1973 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist, soweit die Beklagte verurteilt worden ist. Aufgrund der bisher vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen kann nicht abschließend entschieden werden.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, daß der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Förderung seiner Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme hat. Die Beklagte hat dem Kläger entsprechende Förderungsleistungen gewährt. Nicht zu bezweifeln ist auch, daß der Kläger erst im Jahre 1972 in die Maßnahme eingetreten ist und daß daher nach § 24 der AFuU 1971 (ANBA 1971, 797) die Förderung, die dem Kläger zusteht, sich nach dieser AFuU bemißt. Gemäß § 12 Abs. 2 der AFuU 1971 ist aber die Höhe der Lehrgangsgebühren, die der Teilnehmer an einer Maßnahme erstattet erhält, auf 1,25 DM pro Unterrichtsstunde beschränkt, anders als nach § 12 der AFuU 1969, nach welcher die vollen Gebühren erstattet wurden.

Wie das LSG unangegriffen festgestellt hat, ist dem Kläger bei seiner Beratung im Juli 1971 keine verbindliche Zusage dahin gemacht worden, daß er in jedem Fall Leistungen nach der AFuU 1969 erhalten werde. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 163 SGG). Der Kläger stützt demgemäß sein Begehren auch nicht darauf, daß auf ihn die AFuU 1969 noch anwendbar sei, sondern er begründet seinen Anspruch damit, daß ihm im Jahre 1971 von der Beklagten eine falsche Auskunft erteilt worden sei, wodurch er sich habe verleiten lassen, nicht, wie geplant schon 1971, sondern erst 1972 in die Förderungsmaßnahme einzutreten. Er will also so gestellt werden, wie wenn ihm keine falsche bzw., wie wenn ihm eine richtige Auskunft erteilt worden wäre.

Zutreffend hat das LSG ausgeführt, daß diesem Verlangen nicht § 151 AFG entgegengehalten werden kann. Nach § 151 Abs. 1 AFG können Entscheidungen, durch die Leistungen bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben werden, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Der Senat hat daraus den Schluß gezogen (BSGE 38, 63), daß auch eine Zusage nicht entgegen dem Gesetz einen Förderungsanspruch begründen könne. Das Arbeitsamt sei an eine rechtswidrige Zusage auf Förderung nicht stärker gebunden als an einen entsprechenden rechtswidrigen Verwaltungsakt. Richtig ist, daß gleiches für die noch schwächere Auskunft zu gelten hat.

Doch geht es dem Kläger hier nicht darum, aufgrund der Auskunft der Beklagten (analog einer Zusage) entsprechend der Auskunft behandelt zu werden, vielmehr darum, so gestellt zu werden, wie wenn ihm gar keine Auskunft oder doch eine richtige erteilt worden wäre. Er erwartet daher von der Beklagten nicht eine Leistung, die keine Grundlage im Gesetz hat, sondern eine Wiedergutmachung für eine von ihr begangene rechtswidrige Handlung.

Er macht damit einen Anspruch auf Wiedergutmachung eines Schadens durch Vornahme einer Amtshandlung geltend. Ob es sich bei diesem Anspruch - wie von Haueisen (DVBl 1973, 739 ff) angenommen worden ist - um einen sogenannten Folgenbeseitigungsanspruch handelt, wie er im allgemeinen Verwaltungsrecht von Lehre und Rechtsprechung entwickelt (vgl. Bachof, die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, 1951, S. 98 ff; Weyreuther, Verhandlungen des 47. Deutschen Juristentages, Bd. 1 Teil B S. 1 ff; Rüfner in Badura o. a. Allgemeines Verwaltungsrecht, Lehrbuch, 1975, S. 404 ff; Bundesverwaltungsgericht NJW 1972, 269 ff) und gelegentlich auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSGE 34, 124, 126 f) erwogen worden ist, dürfte zweifelhaft sein. Wie bereits Weyreuther (aaO) ausgeführt hat, kann nämlich der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch nur durch die Beeinträchtigung eines Freiheitsgrundrechtes oder eines gleichgestellten Anspruchs auf Unterlassung entstehen, nicht aber aus der Verletzung von Leistungspflichten (ebenso Rüfner aaO; Meier/Hannemann, DAngVers 1975, 347, 352; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht aaO). Das kann indessen auf sich beruhen. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch wegen falscher Beratung durch die Beklagte könnte nämlich aus einer vertragsähnlichen Nebenpflicht nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), also aus dem öffentlich-rechtlichen Verhältnis folgen, in das der Kläger zu der Beklagten spätestens dann getreten ist, als er bei der Beklagten um Beratung nachgesucht und diese ihn beraten hat (vgl. BSG SozR Nr. 3 zu § 1233 RVO; BSGE 34, 124, 127, BSG-Urteil vom 18. Dezember 1975 - 12 RJ 88/75 -). Da der Kläger, bevor er in die Förderungsmaßnahme eintrat, als Industriekaufmann beschäftigt und damit bei der Beklagten versichert war (§ 168 Abs. 1 AFG) und da diese die Beitragspflicht begründende Beschäftigung auch die Voraussetzung bildete, unter der er von der Beklagten bei der Fortbildungsveranstaltung gefördert werden konnte (§ 42 AFG), ergibt sich diese Pflicht der Beklagten aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Versicherungsverhältnis.

Bei dem Streit um ein solches Begehren auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger pflichtgemäß verfahren wäre, handelt es sich um eine öffentlich rechtliche Streitigkeit aus dem Aufgabengebiet der BA, so daß der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (§ 51 Abs. 1 SGG). Dem steht § 40 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht entgegen. Nach ihrem Wortlaut eröffnet diese Vorschrift allerdings bei Schadensersatzansprüchen aus Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten den Rechtsweg vor den Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit. Indessen wird mit dieser Regelung nur der Zweck verfolgt, den Rechtsweg vor den Zivilgerichten für solche öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zu erhalten, in denen ein enger Sachzusammenhang mit der Amtshaftung (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 des Grundgesetzes - GG -) schon bisher bestanden hat. Es sollen nicht alle Schadensersatzansprüche aus Verletzung öffentlich rechtlicher Pflichten den Zivilgerichten zugewiesen werden; dies war vielmehr nur für Ansprüche beabsichtigt, die bereits bisher vor die Zivilgerichte gehörten (vgl. BSGE 26, 129, 134; BSG SozR Nrn. 46 und 54 zu § 51 SGG; BGHZ 43, 269, 278; BGH JZ 1966, 443, 445; Bundesverwaltungsgericht DVBl 1971, 412, 413; Bettermann JZ 1966, 445, 446; Jakumeit/Wilde, Sgb 1971, 375 und Maier/Hannemann, aaO, S. 347 mit weiteren Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung; BSG vom 18. Dezember 1975 - 12 RJ 88/75 -). Da im vorliegenden Fall Streitgegenstand nicht der nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO allein vor die Zivilgerichte gehörende Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG ist, sondern die Vornahme einer Amtshandlung, ist der ordentliche Rechtsweg bereits wegen der traditionellen Unzuständigkeit der Zivilgerichte für solche Klagen ausgeschlossen (Eyermann/Fröhler, VwGO, 6. Aufl., 1974, § 40 Anm. 80; Maier/Hannemann aaO S. 354; RGZ 150, 140, 143; BGHZ 5, 102; BGH DVBl 1961, 557).

Ob der Kläger wegen einer pflichtwidrigen falschen Beratung durch die Beklagte einen Anspruch auf Herstellung des Zustandes hat, der bestehen würde, wenn die Beklagte pflichtgemäß verfahren wäre, steht aufgrund der bisherigen Ermittlungen nicht fest. Wohl hat die Beklagte bei ihrer Pflicht, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu unterrichten und zu beraten (§ 15 AFG), darauf zu achten, daß ihre Auskünfte richtig sind. Diese Pflicht kann jedoch nicht im Sinne einer Garantie für die Richtigkeit aller ihrer Auskünfte verstanden werden. Voraussetzung dafür, daß eine Pflichtverletzung der Beklagten angenommen wird, ist vielmehr, daß auch der Beklagten die Unrichtigkeit dessen erkennbar gewesen ist, was sie dem Ratsuchenden erklärt hat.

Darauf, daß der die Auskunft erteilenden Versicherungsanstalt die Umstände bekannt waren, die sie zu einer richtigen Beratung befähigten, hat es auch der 12. Senat in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 1975 (12 RJ 88/75) abgestellt.

Richtig ist, daß, wie das LSG ausgeführt hat, die Pflichtwidrigkeit der falschen Auskunft im vorliegenden Fall nicht mit dem allgemeinen Hinweis beseitigt werden kann, jede Auskunft stehe unter dem selbstverständlichen stillschweigenden Vorbehalt der gleichbleibenden Rechts- u. Gesetzeslage. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, daß die dem Kläger gegebene Auskunft sich schon nach kurzer Zeit als falsch erwies und daß der die Auskunft erteilende Beamte sich nicht darauf beschränkt hatte, die derzeit geltende Gesetzeslage zu erläutern, sondern auch, wie es allerdings einer guten Beratung entsprach, dem Kläger die Folgerungen vor Augen geführt hatte, die sich für ihn hinsichtlich seines zukünftigen Verhaltens aus dieser Rechtslage ergeben würden. Die Auskunft enthielt demnach auch die Annahme, von der dann der Kläger ebenfalls ausging, daß sich insoweit an der Rechtslage nichts ändern werde.

Die Auskunft war aber nicht schon deshalb pflichtwidrig erteilt, weil sie sich in der Folge als objektiv falsch herausstellte. Ein pflichtwidriges Verhalten des Beamten wäre nur dann anzunehmen, wenn ihm erkennbar gewesen wäre, daß der Kläger schon bei dem wenige Monate später erfolgten Eintreten in die Bildungsmaßnahme von einer für ihn ungünstigeren Neuregelung erfaßt werden würde. Dem LSG kann nicht beigepflichtet werden, wenn es meint, daß der einzelne Förderungsberater die BA als Satzungsgeber repräsentiere und ihm damit das Wissen zugerechnet werden müsse, das der Satzungsgeber zu dieser Zeit gehabt habe. Es würde bedeuten, daß die sich aus § 15 AFG ergebenden Pflichten der BA überspannt würden, wollte man ihr auferlegen, alle bevorstehenden Änderungen der Anordnungen weit genug im voraus anzukündigen, so daß die Beratungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch die BA darauf eingerichtet werden könnten. Es ist dabei zu berücksichtigen, daß die BA eine sich selbst verwaltende rechtsfähige Körperschaft ist, deren Selbstverwaltungsaufgaben jedoch auf verschiedene Organe verteilt sind (§§ 190, 191 AFG), bei der daher auch Änderungen des Anordnungsrechtes durch Zusammenwirken verschiedener Organe erfolgen (Vorbereitung von Anordnungen durch die Verwaltung, Erlaß durch den Verwaltungsrat (- § 191 Abs. 3 AFG -), und bei der es daher einen erheblichen Aufwand verursachen würde, wenn alle in der Diskussion befindlichen Änderungsvorschläge den unteren Verwaltungsinstanzen mitgeteilt werden sollten. Es wäre auch zu bezweifeln, ob die beratenden Beamten in der Lage wären, diese Vielfalt an Informationen aufzunehmen.

Pflichtwidrig erteilt ist eine falsche Auskunft somit nur, wenn dem Beamten erkennbar war, daß die Auskunft falsch war. Eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten könnte allerdings auch darin liegen, daß sie es versäumt hat, von einer lange genug vorher geplanten Änderung der Anordnungen ihre Berater zu unterrichten. Jedoch kann diese Pflichtwidrigkeit nicht mit der allgemeinen Erwägung begründet werden, die Beklagte habe stets ihre Handlungen im voraus anzukündigen. Es müssen schon besondere im einzelnen aufzählbare Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, die Beklagte treffe in dieser Hinsicht ein Versäumnis.

Das LSG wird demnach unter diesen Gesichtspunkten weitere Feststellungen zu treffen haben. Es wird insbesondere zu prüfen haben, ob die Beklagte durch ihre Dienstblätter oder auf andere Weise (z. B. nicht veröffentlichte Rundschreiben) ihre Beamten bereits vor und bis zu dem Zeitpunkt der Beratung des Klägers auf die beabsichtigten Änderungen der AFuU 1969 insoweit hingewiesen hatte (vgl. Dienstbl. A 1971, 148, 150, 568).

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648601

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