Tenor

Die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 1968 und des Sozialgerichts Detmold vom 27. März 1968 werden aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der damals 18-jährige Kläger erlitt am 23. Juli 1962 als Lehrling einen Arbeitsunfall, als beim Bohren von Löchern in eine Betondecke der Steinbohrer abbrach und ein Metallsplitter in das schielschwachsichtige linke Auge eindrang. Der Splitter wurde operativ entfernt. Ein Jahr später löste sich die Netzhaut des verletzten Auges ab; diese konnte operativ durch Aufnähen einer Plombe wieder angelegt werden, allerdings kam es zu einer Faltenbildung auf der Plombe. Wegen reizloser Hornhautnarbe, Linsenlosigkeit, durch Plombenaufnähung versorgter Netzhautablösung bei einem noch vorhandenen Sehvermögen von 6/15 auf dem linken Auge, Ausfall des beidäugigen Sehens bei normalen Gesichtsfeldaußengrenzen bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 24. Januar 1964 dem Kläger vorläufig Rente von 20 v.H. der Vollrente.

In derselben Höhe setzte sie durch Bescheid vom 26. Mai 1964 die Dauerrente fest.

Im Frühjahr 1966 machte sich auf dem linken Auge eine erhebliche Verschlechterung des Sehvermögens bemerkbar. Bei einer Nachuntersuchung im Juni 1966 in der Universitätsaugenklinik Münster ergab sich, daß auf dem Auge eine vollständige Netzhautablösung und dadurch ein fast völliger Ausfall des Sehvermögens eingetreten waren, die Gutachter sind der Meinung, es sei nur noch einäugiges Sehen möglich, mit einer weiteren Verschlechterung der Lichtempfindlichkeit der linken Netzhaut müsse gerechnet werden, die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde nunmehr auf 25 v.H. geschätzt.

Durch Bescheid vom 6. Januar 1967 lehnte die Beklagte die begehrte Rentenerhöhung mit folgender Begründung ab: Durch die Unfallfolgen sei zwar nunmehr die Erwerbsfähigkeit um 25 v.H. gemindert; eine Rentenneufeststellung setze jedoch voraus, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vorliege; diese sei bei einer Änderung des Vomhundertsatzes um nur 5 v.H. nicht gegeben.

Auf Klage hat das Sozialgericht Detmold durch Urteil vom 27. März 1968 die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verurteilt, dem Kläger vom 1. Juni 1966 an Rente von 25 v.H. der Vollrente zu gewähren.

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 22. Oktober 1968 die – zugelassene – Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht ausgeführt: Eine Änderung des Unfallfolgezustandes, welche nach § 622 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zur Neufeststellung einer bindend festgestellten Dauerrente führe, setze nach der Unfallrechtsprechung eine Änderung der MdE um mehr als 5 v.H. voraus. Dieser Grundsatz beruhe auf der Überlegung, daß Differenzierungen von weniger als 10 v.H. nicht möglich seien, insoweit vielmehr eine von subjektiven Bewertungsmaßstäben nicht freie Schwankungsbreite vorliege. Ausnahmen von diesem Grundsatz habe die Rechtsprechung jedoch anerkannt, wenn trotz Änderung der MdE um nur 5 v.H. davon die Gewährung der Rente oder die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Schwerbeschädigteneigenschaft nach Gleichstellung (MdE 30 v.H.) abhängig sei. Im vorliegenden Fall sei eine Ausnahme von der Regel ebenfalls zu bejahen. Es wäre offensichtlich unbillig, dem Kläger Rente in Höhe von 25 v.H. nicht zuzusprechen. Der Verlust des Sehvermögens auf einem Auge werde in der gesetzlichen Unfallversicherung nach diesem Grad der MdE entschädigt; es handele sich hier um einen allgemein feststehenden Entschädigungssatz, wie auch die Beklagte zugebe. Der zur Begründung des Regelfalls angeführte Unsicherheitsfaktor scheide hier aus. Eine weitere Verschlimmerung sei nicht mehr möglich. Nach ärztlicher Erfahrung sei das Entstadium der Unfallfolgen des Klägerse eingereicht. Die Änderung des Grades der MdE um 5 v. H. sei somit wesentlich im Sinnes des § 622 RVO. Andernfalls müßte sichder noch junge Kläger sein Leben lang mit einer Rente von 20 v. H. allein deshalb zufrieden geben, weil die Erblindung nicht sogleich durch den Unfalle oder innerhalb zweier Jahre danach, sondern erst 4 Jahre nach der Verletzung eingetreten sei. Der Hinweis der Beklagten, daß es bei Fingerverlusten feste Entschädigungssätze gebe und insoweit nicht anders verfahren werden dürfe, gehe fehl. Entscheidend sei nicht, daß der Kläger in Hinblick auf die Entschädigungspraxis in jedem Fall für den Verlust eines Auges Rente 25 v. H. zu erhalten habe. Vielmehr sei nur die Frage entschieden worden, ob in diesem Einzelfall eine Änderung uj nur 5 v. H. als wesentlich anzusehen sei. Bie der Prüfung dieser Frage habe allerdings der feststehende Satz von 25 v. H. für den Verlust eines Auges auch eine Rolle gespielt.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und es im wesentlichen wie folgt begründet: Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von dem Grundsatz, daß Abweichungen um nur 5 v. H. bei der Schätzung der MdE im allgemeinen nicht zulässig seien, träfen auf die vorliegende Sache nicht zu. Es sei sehr bedenklich, daß das Berufungsgericht das Abweichen von der Regel mit Billigkeitserwägungen gerechtfertigt habe, da hier subjektive Momente mit hineinspielten. Entgegen der Auffassung des LSG sei es ohne Belang, ob - wie im Falle des Klägers- Unsicherheitsmomente bei der Bewertung der MdE nicht bestünden. Das Berufungsgericht habe überdies unzutreffenderweise die Möglichkeit einer weiteren Verschlimmerung verneint; das verletzte Auge sei nicht operativ entfernt worden, so daß eine Verschlimmerung und damit eine Rentenerhöhung, etwa durch eine Entzündung, eine sympathische Ophtalmie, nicht auszuschließen seien. Nicht nur bei Augenverletzungen, sondern auch bei anderen Verletzungen werde nach festen Sätzen entschädigt. Bei Gliederverletzungen würden unbestrittenermaßen feste Bewertungsmaßstäbe angewandt. Es komme häufig vor, daß nach Feststellung der Dauerrente eine Nachamputation, beispielsweise von Fingergliedern, vorgenommen werden müsse. Selbst wenn durch den neuen Unfallfolgezustand die Erwerbsfähigkeit nunmehr um 25 v.H. herabgesetzt werde, sei im Hinblick auf den auch vom LSG zugrunde gelegten Grundsatz eine Rentenerhöhung nicht zulässig, wenn die erste Dauerrente auf 20 v.H. festgesetzt worden sei. Es sei nicht einzusehen, weshalb zwischen diesen verschiedenen Arten von Verletzungen ein Unterschied bestehen solle. Allein der Grundsatz des feststehenden Bewertungsmaßstabes, auf den das LSG in Wirklichkeit entscheidend abgestellt habe, könne für ein Abweichen von der Regel ebensowenig maßgeblich sein wie das vom Berufungsgericht angeführte jugendliche Alter des Verletzten.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein starres Festhalten an der 10 v.H.-Grenze würde in der vorliegenden Sache zu einem ungerechten Ergebnis führen. Auch bei anderen Verletzungen, deren Entschädigung nach festen Maßstäben vorgenommen werde, müsse eine Ausnahme in dem vom LSG gemeinten Sinn anerkannt werden. Dies gebiete Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Entgegen der Meinung der Beklagten sei es unwesentlich, daß das verletzte Auge nicht entfernt worden sei. Es komme darauf an, daß dieses gebrauchsunfähig und dadurch die Erwerbsfähigkeit um 25 v.H. gemindert sei. Eine etwaige Entzündung der Augenhöhle könne allenfalls eine vorübergehende Erhöhung der unfallbedingten MdE bewirken, sofern dieser Zustand nicht durch Heilmaßnahmen bei Gewährung von Verletztengeld für eine begrenzte Zeit behoben werden könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision ist begründet.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte nach § 622 Abs. 1 RVO verpflichtet ist, die Dauerrente zugunsten des Klägers neu festzustellen, obwohl unstreitig die der Rentengewährung zugrunde liegenden Verhältnisse sich lediglich in einem Ausmaß geändert haben, welches eine weitere Minderung der Erwerbsfähigkeit um nur 5 v.H. zur Folge hat.

Wie der erkennende Senat in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) entschieden hat (SozR Nr. 8 zu § 608 RVO aF), ist unter einer „wesentlichen” Änderung im allgemeinen nur eine solche zu verstehen, bei der die neu festgestellte MdE von dem bisher zugrunde gelegten MdE-Grad um wenigstens 10 v.H. abweicht. Diese Auffassung gründet sich darauf, daß es sich bei der Beurteilung der MdE, welche in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und Kenntnisse des Verletzten und etwaiger Besonderheiten vorzunehmen ist, lediglich um eine Schätzung handeln kann, weil der Grad der durch einen Unfall verursachten MdE nicht völlig genau feststellbar ist (BSG 4, 147, 149; 31, 185, 186 mit Nachweisen). Von der Rechtsprechung und der Sozialversicherungspraxis entwickelte allgemeine Erfahrungssätze bilden zwar im allgemeinen die Grundlage für eine gerechte Bewertung der MdE, sind jedoch für die Entscheidung im Einzelfall nicht bindend (SozR Nr. 9 zu § 581 RVO; liniger-Molineus, Der Rentenmann, 16. Aufl., 1967, S. 78). Schon das RVA hat deshalb, wenn der Rechtsstreit nicht über den Umfang der Schädigungsfolgen, sondern allein wegen der Höhe der dadurch hervorgerufenen MdE geführt wurde, bei deren Bewertung Abweichungen um nur 5 v.H. als rechtlich nicht bedeutsam, sondern als innerhalb einer natürlichen Fehlergrenze liegend angesehen. Aus demselben Grund hat es die Änderung einer festgestellten Rente nur als rechtens erachtet, wenn die Ergebnisse der früheren und der neuen Schätzung sich wesentlich unterschieden; dies hat es bei einer Änderung um nur 5 v.H. in der Regel verneint (AN 1891, 221 ff; 1897, 267; 1906, 420; 1908, 579; EuM 22, 220, 221; 22, 325, 327). Von dieser Rechtsübung hat das RVA allerdings Ausnahmen zugelassen, „wenn eine andere Entscheidung als die Zulassung einer Änderung um 5 % eine offenbare Unbilligkeit nach der einen oder anderen Seite bedeuten würde, oder wenn das erkennende Gericht seiner Überzeugung nach in der Erhöhung oder Minderung der Rente noch weitergehen würde, daran aber durch die prozessuale Lage des Falles (insbesondere durch die Unzulässigkeit der sogenannten reformatio in peius) gehindert ist” (AN 1906, 420). Das RVA hat insbesondere eine Ausnahme für angezeigt gehalten, wenn es um die Gewährung der Rente ging (EuM 43, 117; abweichend von EuM 33, 157; 39, 397). In gleicher Weise hat die Rechtsprechung zwecks Vermeidung einer offenbaren Unbilligkeit die Änderung der Rentenfeststellung um nur 5 v.H. als gerechtfertigt angesehen, wenn davon die Schwerbeschädigteneigenschaft des Verletzten abhing (OVA Karlsruhe, Breithaupt, 1949, 170; BayLVAmt, Breithaupt 1951, 1243; s. im übrigen die Zusammenfassung bei Schroeder-Printzen, BG 1962, 371 ff).

Auch der erkennende Senat hat diese langjährige Rechtsübung gebilligt (SozR Nr. 3 zu § 559 a RVO aF; BSG 5, 222, 229; SozR Nr. 8 zu § 608 RVO aF). Er hat eine weitere Ausnahme für berechtigt gehalten, wenn trotz einer Änderung um nur 5 v.H. die Grenze von 30 v.H. erreicht wird und dadurch nach dem Schwerbeschädigtengesetz eine Gleichstellung mit den Schwerbeschädigten erreicht wird (SozR Nr. 13 zu § 608 RVO aF). Sowohl gegen den Grundsatz, daß Abweichungen um 5 v.H. bei der Bewertung der MdE durch die Gerichte im allgemeinen unstatthaft sind, als auch gegen die hierbei zugelassenen Ausnahmen sind im neueren Schrifttum Bedenken erhoben worden (Sprang, SGb 1967, 247; Ricke, SGb 1968, 523). Der von Sprang erhobene Vorwurf, den Gerichten werde verwehrt, einem klägerischen Begehren nachzugehen, eine festgestellte Rente um 5 v.H. zu erhöhen, ist indessen nicht überzeugend. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben zu überprüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Dies ist jedoch im allgemeinen zu verneinen, wenn bei unstreitigen Unfallfolgen die gutachterlichen Beurteilungen der MdE sich lediglich um 5 v.H. unterscheiden, also innerhalb einer bei derartigen Schätzungen zwangsläufig eintretenden Schwankungsbreite liegen. Nicht anders wird es häufig sein, wenn im Rechtsstreit eine weitere Gesundheitsstörung als Unfallfolge angesehen wird, diese sich aber auf die Erwerbsfähigkeit so wenig nachteilig auswirkt, daß die Gutachter unterschiedlicher Meinung sind, ob. durch die gesamten Unfallfolgen die Erwerbsfähigkeit in einem Maße eingeschränkt wird, welche um 5 v.H. über dem bisherigen Ergebnis liegt (a.A. Hess.LSG, Breithaupt 1963, 780, 781). Dagegen wird Sprang und Ricke zugestimmt, daß die von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen – wenn es sich handelt um die Gewährung der Rente, die Schwerbeschädigteneigenschaft, um einen der Schwerbeschädigteneigenschaft gleichgestellten MdE-Grad – rechtssystematisch nicht zu begründen sind. Sie werden ersichtlich allein deshalb gemacht, um im Einzelfall zu einem vermeintlicher Billigkeit entsprechenden Ergebnis zu gelangen. Folgerichtig sind dann aber auch Änderungen um nur 5 v.H. für die Entziehung einer Rente von 20 v.H. der Vollrente sowie für die Herabsetzung von Rente nach einer MdE um 50 v.H. und um 30 v.H. wegen des Wegfalls der Schwerbeschädigteneigenschaft wesentlich im Sinne von § 622 Abs. 1 RVO (vgl. SozR Nr. 8 zu § 608 RVO aF; LSG Nordrhein-Westfalen, BG 1970, 279). Mangels einer rechtssystematischen Begründung für die bisher zugelassenen Ausnahmen wäre jedoch, wie der erkennende Senat in dem heute gefällten, zur Veröffentlichung bestimmten Urteil in der Sache 2 RU 39/70 näher ausgeführt hat, kein zwingender Grund gegeben, weitere Ausnahmen von dem o.a. Grundsatz zu Gunsten von Verletzten abzulehnen. Dies würde aber bedeuten, daß diese Ausnahmen sich auch zu ihren Ungunsten auswirken könnten. Schließlich würde dies aber dazu führen, daß sich der allgemeine Grundsatz nicht mehr aufrechterhalten ließe und Rentenherabsetzungen bei Änderungen um nur 5 v.H. allgemein als rechtens angesehen werden müßten. Daher erschien es dem Senat geboten, an dem auf eine jahrzehntelange allgemeine Erfahrung gestützten Grundsatz, daß Abweichungen um 5 v.H. in der Bewertung der MdE nicht statthaft sind, ausnahmslos festzuhalten und Unbilligkeiten in Einzelfällen im Hinblick darauf, daß sich dieser Grundsatz weitaus überwiegend zugunsten der Verletzten auswirkt, in Kauf zu nehmen. Diese auch den Bedürfnissen der Rechtssicherheit Rechnung tragende Auslegung verstößt nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht gegen Art. 3 GG.

Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts mindert sich die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch den völligen Wegfall des schon vorher erheblich eingeschränkten Sehvermögens um weitere 5 v.H.. Diese Änderung der für die Rentenbewilligung maßgebend gewesenen Verhältnisse ist so gering, daß sie nicht wesentlich im Sinne des § 622 Abs. 1 RVO ist. Die Beklagte hat es daher zu Recht abgelehnt, die bisher unter Zugrundelegung einer MdE um 20 v.H. festgestellte Dauerrente neu festzustellen.

Die Revision der Beklagten ist daher begründet. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren somit aufzuheben, die Klage war abzuweisen.

Der Beklagten ist es ungeachtet dessen jedoch nicht verwehrt, im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles dem Kläger Rente nach einer MdE um 25 v.H. zu gewähren. Sie geht in ihrem, eine Neufeststellung der Rente mangels wesentlicher Änderung der Verhältnisse ablehnenden Bescheid selbst davon aus, daß der jetzige Unfallfolgezustand des Klägers durch eine Rente von 25 v.H. der Vollrente angemessen entschädigt wäre. Zwar liegen die Voraussetzungen des § 627 RVO, welcher dem Verletzten einen Anspruch auf Nachprüfung durch den Versicherungsträger einräumt, nicht vor. Der Bescheid vom 26. Mai 1964, durch den die Beklagte die Dauerrente nach einer MdE um 20 v.H. festgesetzt hat, hat der damaligen Sach- und Rechtslage entsprochen, ist somit nicht falsch gewesen (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 1.9.1970, Bd. II, S. 602). Durch die Bindungswirkung dieses Bescheides ist die Beklagte indessen nicht gehindert, zugunsten des Verletzten die Rente nach einem MdE-Grad festzustellen, welcher von ihr selbst als gerecht empfunden wird (s. auch BVerwG, DÖV 1970, 821, 822). Ebensowenig ist sie durch den o.a. Grundsatz, wie er vom erkennenden Senat nunmehr angewandt wird, gebunden, soweit sie in Würdigung eines Einzelfalls aus Gründen der Gerechtigkeit zu Gunsten des Klägers eine andere Entscheidung treffen will.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Unterschriften

Brackmann, Küster, Dr. Kaiser.

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 02.03.1971 durch Hanisch RegObersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Dokument-Index HI707887

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