Verfahrensgang

LSG für das Saarland (Urteil vom 01.04.1998; Aktenzeichen L 3 Ka 19/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 1. April 1998 wird verworfen.

Der Kläger hat der Beklagten deren Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger, der sich bisher erfolglos gegen den Beschluß des Disziplinarausschusses über die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von DM 3.000 wegen der Nichtvorlage von Unterlagen betr 44 Patienten gewandt hatte, hat mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) keinen Erfolg.

Seine Beschwerde, mit der er Verfahrensmängel und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nrn 3 und 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend macht, ist unzulässig, denn ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.

Die geltend gemachten Verfahrensmängel (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) sind in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG „bezeichnet”, nämlich nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Hinsichtlich seiner Rüge, an dem LSG-Urteil hätte Dr. Kw. nicht als ehrenamtlicher Richter mitwirken dürfen, ist der Beschwerdebegründung die Darlegung eines gesetzlichen Ausschlußgrundes nicht zu entnehmen.

Ein Ausschlußtatbestand nach § 60 SGG iVm §§ 41 ff Zivilprozeßordnung (ZPO) ergibt sich nicht daraus, daß Dr. Kw. im Falle einer erneuten Befassung des Disziplinarausschusses als dessen jetziger Vorsitzender zur Entscheidung berufen wäre. Es handelt sich dabei weder um eine Mitwirkung im vorangegangenen Verwaltungsverfahren (§ 60 Abs 2 SGG), noch ist einer der Ausschlußgründe des § 41 Nrn 1 bis 6 ZPO einschlägig, noch steht eine Befangenheit gemäß § 42 ZPO in Frage. Im übrigen kann es in concreto ohnehin keine Neubefassung durch den Disziplinarausschuß geben, da die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen worden sind.

Die hervorgehobene Stellung des Dr. Kw. innerhalb der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) ist ebenfalls unschädlich. Auch wenn der Vorsitzende des Disziplinarausschusses von der Vertreterversammlung gewählt wird, so ist er doch kein Vorstand iS der § 17 Abs 2, § 60 Abs 3 SGG. Hierfür wäre die Mitgliedschaft im Vorstand, zumindest als stellvertretendes Mitglied, erforderlich (vgl BSG SozR Nr 8 zu § 17 SGG sowie Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage 1998, § 17 RdNr 4 und § 60 RdNr 9). Eine derartige Funktion des Dr. Kw. ist den Darlegungen in der Beschwerdebegründung aber nicht zu entnehmen.

Hinreichend substantiierte Darlegungen fehlen in der Beschwerdebegründung auch bei der Rüge des Klägers, ihm sei ein Prüfarztbericht nicht bekanntgegeben worden, auf den die Beklagte ihre Auskunftswünsche gestützt habe. Abgesehen davon, daß innerhalb der Begründungsfrist des § 160a Abs 2 SGG nicht ausgeführt worden ist, ob diese Rüge nur das Verwaltungs- oder auch das berufungsgerichtliche Verfahren betrifft (nur ein Mangel in diesem Verfahren kann zur Revisionszulassung gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 128 Abs 2 SGG führen), ist nicht vorgetragen, inwiefern das Berufungsurteil auf der Nichtbekanntgabe des Prüfarztberichts beruhen könnte. Im Verlauf des Verfahrens durch mehrere Instanzen ist immer wieder auf den Prüfarztbericht verwiesen worden, so daß jedenfalls hierdurch dem Kläger dessen wesentlicher Inhalt bekanntgeworden ist.

Auch soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), ist seine Beschwerde unzulässig.

Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ist erforderlich, daß in der Beschwerdebegründung eine Rechtsfrage in eigener Formulierung klar bezeichnet sowie dargelegt wird, inwiefern die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Die Beschwerdebegründung beschränkt sich indessen auf Ausführungen dazu, daß das Berufungsgericht falsch entschieden sowie das Recht und die gesetzlichen Bestimmungen falsch angewendet habe. Ihr ist nicht einmal ansatzweise die Formulierung einer Rechtsfrage und die Darlegung deren Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit sowie deren über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung zu entnehmen.

So beschränken sich die Ausführungen zur Zuständigkeit der Beklagten bzw ihres Disziplinarausschusses im Verhältnis zu derjenigen der Ärztekammer auf den konkreten Fall des Klägers.

Ebensowenig finden sich Ansätze für eine allgemeinere Fragestellung bei der Erörterung, wie sich das Unterlagen-Herausgabeverlangen zu einer Honorarkürzung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung verhalte.

Zu der zentralen Frage der Auskunfts- und Unterlagenvorlage-Pflicht fehlen insbesondere Darlegungen dazu, inwiefern es nach den BSG-Urteilen vom 22. Juni 1983 und vom 19. November 1985 (BSGE 55, 150 = SozR 2200 § 368 Nr 8 und BSGE 59, 172 = SozR 2200 § 368 Nr 9) noch Klärungsbedarf geben könnte. Es wird nicht ausgeführt, welche Fragen in diesen Urteilen noch nicht oder nicht vollständig geklärt worden sind, die in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren zur Entscheidung anstehen würden. Die Herausarbeitung einer grundsätzlichen Frage fehlt in der Beschwerdebegründung auch bei den Darlegungen zur Verhältnismäßigkeitsabwägung und zur Auslegung des § 298 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Ebenso hätte es bei der Frage, inwieweit das vertragsärztliche Disziplinarverfahren strafrechtlichen Charakter hat oder ob die Grundsätze des beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens anzuwenden sind, der Darlegung bedurft, daß dies von allgemeinerem Interesse und deshalb klärungsbedürftig sei und in dem angestrebten Revisionsverfahren zur Entscheidung anstehen, also klärungsfähig sein würde.

Mithin ist die Nichtzulassungsbeschwerde mangels ausreichender Darlegungen entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG – mit der Kostenfolge entsprechend § 193 Abs 1 und 4 SGG – zu verwerfen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175782

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