Sachverhalt:

Mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011) vom 26. April 2011 (BGBl. I S. 678) und der davon erfassten Änderung des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) wird ab 1. Juli 2011 die Aussetzung der Wehrpflicht unter Fortentwicklung des freiwilligen Wehrdienstes realisiert. Darüber hinaus wird das (Wehr-)Übungsrecht zukünftig einheitlich im Soldatengesetz (SG) geregelt. Der bisher auf Männer beschränkte freiwillige Wehrdienst steht in seiner neuen Form auch Frauen offen.

Gesetzliche Grundlage für die Aussetzung der Wehrpflicht ist § 2 WPflG in seiner ab 1. Juli 2011 geltenden Fassung, wonach die §§ 3 bis 53 WPflG nur im Spannungs- oder Verteidigungsfall gelten. Damit kommen insbesondere die Vorschriften über die bisherigen Arten des Wehrdienstes (§§ 4 bis 6d WPflG) ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Anwendung. Dafür wird in das WPflG ein neuer Abschnitt 7 eingefügt, in dem der neue freiwillige Wehrdienst geregelt wird (§§ 54 bis 61 WPflG) und Übergangsvorschriften zum bisherigen Wehrdienst (§62 WPflG) enthalten sind. Der neue freiwillige Wehrdienst besteht nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WPflG aus "sechs Monaten freiwilligem Grundwehrdienst als Probezeit und bis zu 17 Monaten anschließendem freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst." § 56 WPflG bestimmt, dass Regelungen in anderen Gesetzen oder Rechtsverordnungen, die an die Ableistung des Grundwehrdienstes oder des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes im Anschluss an den Grundwehrdienst (§ 6b) anknüpfen, auf Personen, die den neuen freiwilligen Wehrdienst leisten, entsprechend anzuwenden sind. Die Übergangsregelung des § 62 WPflG führt dazu, dass bisherige Wehrdienstverhältnisse in Form des Grundwehrdienstes oder freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes zum 1. Juli 2011 in den neuen freiwilligen Wehrdienst überführt werden.

Außerdem wird ab 1. Juli 2011 ein einheitliches Wehrübungsrecht im SG für alle Reservistinnen und Reservisten begründet. Wehrübungen als sog. nachwirkende Dienstleistungen haben ihre Grundlage zukünftig einheitlich im SG (vgl. §§ 60, 61 SG). Die Verpflichtung zu dem neuen freiwilligen Wehrdienst schließt eine Verpflichtung zur Teilnahme an Dienstleistungen im Sinne des § 60 SG, insbesondere an Wehrübungen, ein.

Zeitgleich mit der Aussetzung der Wehrpflicht wird durch das Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 687) auch der Zivildienstes als bisheriger Wehrersatzdienst ausgesetzt (§ 1a Zivildienstgesetz – ZDG). Als Kompensation wird ein Bundesfreiwilligendienst (BFD) für Männer und Frauen eingeführt, der dem Ziel einer Förderung des bürgerschaftlichen Engagements sowie der Stärkung der bestehenden zivilgesellschaftlichen Strukturen dient und als Ergänzung und Stärkung der bestehenden Freiwilligendienste nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) ausgestaltet wird. In der Regel dauert der BFD zwölf zusammenhängende Monate. Er dauert mindestens sechs und höchstens 18 Monate; ausnahmsweise kann er bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden. Soweit nicht ausdrücklich eine sozialversicherungsrechtliche Regelung vorhanden ist, sieht § 13 Abs. 2 BFDG vor, dass auf den BFD die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen entsprechende Anwendung finden, die für die Jugendfreiwilligendienste (JFD) gelten. In den Artikeln 7 bis 12 des Gesetzes zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes finden sich entsprechende ausdrückliche Regelungen für die einzelnen Bücher des SGB.

Einberufungen zum Zivildienst sind nach der Übergangsvorschrift des § 83 ZDG nur noch bis zum 30. Juni 2011 möglich. In diesen Übergangsfällen endet der Zivildienst spätestens am 31. Dezember 2011, wenn die Person nicht bereits vorher auf Antrag aus dem Dienst entlassen wird. Personen, die noch nach dem 30. Juni 2011 Zivildienst leisten, gelten nach § 83 Abs. 5 ZDG sozialversicherungsrechtlich als Person, die aufgrund gesetzlicher Pflicht Zivildienst leistet.

Ergebnis:

Durch die Einführung des neuen freiwilligen Wehrdienstes sowie des BFD ergeben sich folgende versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen im Recht der Kranken- und Pflegeversicherung:

1. Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses und der Mitgliedschaft nach § 193 SGB V

Bei versicherungspflichtig Beschäftigten, denen nach § 1 Abs. 2 Arbeitsplatzschutzgesetz Entgelt weiterzugewähren ist (Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst für die Zeit einer Wehrübung) gilt das Beschäftigungsverhältnis als durch den Wehrdienst nach § 4 Abs. 1 WPflG nicht unterbrochen (§ 193 Abs. 1 SGB V). In diesen Fällen bleibt auch die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse erhalten. Bereits nach der bisherigen Fassung des § 193 Abs. 4 SGB V gilt Absatz 1 und im Übrigen auch Absatz 2 für Personen, die Dienstleistungen oder Übungen nach dem 4. Abschnitt des SG leisten, entsprechend. Damit kommt § 193 Abs. 1 SGB V sowohl für Übungen von bisher Wehrdienstleistenden als auch für Personen, die den neuen freiwilligen Wehrdienst geleistet haben, zur Anwendung.

Bei anderen Versicherungspflichtigen und bei freiwilligen Mitgliedern ble...

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