hier: Anspruch auf Krankengeld bei einer über das Ende der Freistellungsphase hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit

Sachverhalt:

Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis endet bei einer vereinbarten Freistellung von der Arbeitsleistung mit dem regulären (vereinbarten) Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn bis zu diesem Zeitpunkt Arbeitsentgelt gezahlt wird. Die Krankenversicherungsbeiträge sind aus dem fortgezahlten Arbeitsentgelt für die Zeit der Freistellung nach dem ermäßigten Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung zu erheben, wenn die Wiederaufnahme der Arbeit nach Ende der Freistellung nicht beabsichtigt ist (vgl. Punkt 3 der Niederschrift über die Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 13./14. Oktober 2009). Hierbei wird von der Annahme ausgegangen, dass mit der Vereinbarung der Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung regelmäßig auch eine Regelung einher geht, nach der der Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber - unabhängig von einer Arbeitsunfähigkeit und im Falle einer Arbeitsunfähigkeit über die Dauer von sechs Wochen hinaus - bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses erhalten bleibt. Insofern wird generalisierend angenommen, dass ein Anspruch auf Krankengeld bis zum Ende des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses faktisch nicht realisiert werden kann, sodass die Erhebung der Beiträge nach dem ermäßigten Beitragssatz gerechtfertigt ist.

Schuldet der Arbeitgeber nach der Freistellungsvereinbarung über das Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums von sechs Wochen hinaus bei Arbeits- bzw. Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers keine Vergütung, ist dagegen von der Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes auszugehen, da das wirtschaftliche Leistungsrisiko der Versichertengemeinschaft für Krankengeldzahlungen in diesen Fällen nicht ausgeschlossen ist (vgl. Punkt 2 der Ergebnisniederschrift über die Fachkonferenz Beiträge vom 30. Juni 2010).

Die auf der Annahme eines bis zum Ende des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses faktisch nicht realisierbaren Krankengeldanspruchs basierende Anwendung des ermäßigten Beitragssatzes hat bei betroffenen Arbeitnehmern dazu geführt, dass ihnen im Falle einer über das Ende der Freistellungsphase hinaus andauernden Arbeitsunfähigkeit nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis die Zahlung von Krankengeld verwehrt wurde, sodass sie über eine unzureichende soziale Sicherung im Krankheitsfall verfügten. Der GKV-Spitzenverband hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände im Jahre 2010 in einem Schreiben auf die im Rahmen von Freistellungsvereinbarungen bestehenden vertraglichen Gestaltungsspielräume hingewiesen, die sich nicht nur auf den Krankengeldanspruch und den maßgebenden Beitragssatz während der Freistellung, sondern darüber hinaus auch auf den Leistungsanspruch und die Fortführung der Mitgliedschaft über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus auswirken. Dies gilt zumindest für die Arbeitnehmer, die nach dem Ende der Freistellung nicht dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 29. September 2014 – L 9 KR 389/12 – entschieden, dass ein Krankengeldanspruch in solchen Fällen trotz des für die Freistellungsphase erhobenen ermäßigten Beitragssatzes ein Krankengeldanspruch nicht ausgeschlossen sei. Vielmehr entstünde der Krankengeldanspruch trotzdem und ruhe nur für die Dauer der bezahlten Freistellung. Scheide der Versicherte nach dem Ende der Beschäftigung nicht aus dem Erwerbsleben aus, so würde mit dem Ende der Beschäftigung ein Krankengeldanspruch aufleben und die Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortbestehen. Der Krankengeldanspruch ergebe sich aus §§ 44 und 46 SGB V und nicht daraus, welcher Beitragssatz gezahlt worden sei.

In der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht am 19./20. März 2015 kamen die Besprechungsteilnehmer überein, dem vorgenannten LSG-Urteil grundsätzlich zu folgen. Demzufolge kann für Arbeitnehmer, die unter Fortzahlung der Bezüge bis zum Ende des vereinbarten Beschäftigungsverhältnisses freigestellt werden, aber im direkten Anschluss nicht aus dem Erwerbsleben ausscheiden, ein Krankengeldanspruch während der Freistellungsphase entstehen. Dauert in diesen Fällen die Arbeitsunfähigkeit über das Ende des Arbeitsverhältnisses an, kommt es grundsätzlich zum Bezug von Krankengeld.

Vor diesem Hintergrund wird die bisherige Bewertung zur Anwendung des maßgebenden Beitragssatzes in der Freistellungsphase für die nicht aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Arbeitnehmer angepasst.

Ergebnis:

Während Freistellungen von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge besteht im Falle der Arbeitsunfähigkeit für die Arbeitnehmer ein grundsätzlicher Krankengeldanspruch, wenn mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses kein unmittelbares Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verbunden ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Entgeltanspruch...

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