Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 1 SvEV, welche Zuwendungen nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV sind einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, insoweit nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, als sie lohnsteuerfrei sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit Urteil vom 07.07.2004 - VI R 29/00 - (USK 2004-50) entschieden, dass es sich nicht um die Zahlung von Arbeitslohn handelt, wenn ein Arbeitgeber, der einen Paketzustelldienst betreibt, aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse die Zahlung von Verwarnungsgeldern, die gegen die bei ihm angestellten Fahrer wegen Verletzung des Halteverbots verhängt worden sind, übernimmt. Die Finanzverwaltung ist diesem Urteil in der Vergangenheit gefolgt und sah Verwarnungsgelder nicht als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn an, soweit es sich um Verwarnungsgelder wegen Verletzung des Halteverbots handelte. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hatten sich der im Steuerrecht praktizierten Verfahrensweise angeschlossen. Dementsprechend sollten die vom Arbeitgeber übernommenen Verwarnungsgelder wegen Verletzung des Halteverbots auch nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören (vgl. Punkt 6 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 25./26.04.2006).

Die Übernahme von Verwarnungs- oder Bußgeldern, die wegen anderer Sachverhalte gegen den Arbeitnehmer verhängt worden sind, wurde demgegenüber bislang als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt angesehen (vgl. Punkt 3 der Niederschrift über die Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 11.07.2007). Ausgenommen waren hiervon nach einer Entscheidung des BSG vom 01.12.2009 - B 12 R 8/08 - (USK 2009-117) lediglich Bußgelder, die der Arbeitgeber (Speditionsunternehmer) bei Verstößen seiner Arbeitnehmer gegen Lenk- und Ruhezeiten übernahm, wenn das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Zahlung des Bußgeldes das Interesse des Arbeitnehmers an der Entlastung von dem Bußgeld erheblich überwog. Ein solches Überwiegen des betrieblichen Interesses hatte das BSG darin gesehen, dass durch die Zahlung des Bußgeldes die Weiterfahrt des – bis zur Zahlung durch die Behörde festgehaltenen – Lastkraftwagens und damit die rechtzeitige Auslieferung der beförderten Waren ermöglicht wurde.

In einer aktuellen Entscheidung vom 14.11.2013 - VI R 36/12 - (USK 2013-79) kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass es sich um Arbeitslohn handelt, wenn der eine Spedition betreibende Arbeitgeber die Bußgelder übernimmt, die gegen bei ihm angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten verhängt worden sind. Er begründet seine Auffassung damit, dass Vorteile zwar keinen Arbeitslohncharakter haben, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Das ist der Fall, wenn sie aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Ein rechtswidriges Tun kann jedoch keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung sein. Mit dem Urteil macht der BFH gleichzeitig deutlich, dass er an seiner bisherigen Auffassung, wonach die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt, nicht weiter festhält. Die Finanzverwaltung folgt diesem Urteil.

Die generelle Bewertung der vom Arbeitgeber übernommenen Verwarnungs- und Bußgelder als steuerpflichtigen Arbeitslohn führt auch beitragsrechtlich zum Arbeitsentgelt derartiger Zuwendungen. Der steuerrechtlichen Würdigung des Arbeitslohncharakters unter Berücksichtigung der Frage, ob ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliegt, kommt insofern eine starke Indizwirkung für die – grundsätzlich eigenständige – Prüfung der Arbeitsentgelteigenschaft zu. Eine Beitragsfreiheit der in Rede stehenden Zuwendungen kann in diesen Fällen auch nicht (mehr) über § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV auf die fehlende Arbeitslohneigenschaft oder eine Lohnsteuerfreiheit gestützt werden.

Dem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 25./26.04.2006 (Punkt 6 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs) sowie dem Urteil des BSG vom 01.12.2009 - B 12 R 8/08 - (USK 2009-117), das seine Beurteilung auf die Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung der Finanzgerichte...

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