Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. freiwillige Unternehmerversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. unternehmerische Tätigkeit. objektive Handlungstendenz. einheitliche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz. Skiabfahrt. Anbahnung von Geschäftskontakten

 

Leitsatz (amtlich)

Daraus, dass die Teilnahme an einer von Dritter Seite organisierten Veranstaltung aus betriebsbezogenen Gründen erfolgt, folgt nicht, dass die gesamte Teilnahme unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünde. Versicherungsschutz besteht nur dann, wenn die konkrete Verrichtung, die zu dem Unfall geführt hat, nach ihrer objektiven Handlungstendenz dem Unternehmenszweck diente.

Hier: Skiunfall anlässlich einer Veranstaltung, die besucht wurde um Geschäftskontakte zu pflegen bzw neu zu begründen.

 

Orientierungssatz

Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.10.2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 01.02.2010 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der Kläger ist Geschäftsführer der K. GmbH & Co KG und bei der Beklagten freiwillig versichert. Er nahm in der Zeit vom 30.01. bis 03.02.2010 am W. Event 2010 in S. teil, welches von der Volksbank M. eG veranstaltet wurde. Nach Angaben der Veranstalterin war dies eine Kombination für Geschäftskunden zwischen Skivergnügen und Informationen zu aktuellen Finanzthemen. Gleichzeitig hätten die Teilnehmer die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, Netzwerke auszubauen und hochwertige Zeit mit potentiellen Kunden und Partnern in den schönsten Skiarenen Europas zu verbringen. Für den 01.02.2010 sah das Programm um 9.30 Uhr ein Skiguiding in zwei Gruppen vor, ebenso um 13.30 Uhr. Ab 16.00 Uhr bestand Zeit zur freien Verfügung und ab 19.00 Uhr war ein Hüttenabend im "S." geplant. Unterkunft fanden die Teilnehmer der Reise im 4-Sterne-"Alpenhotel S." im Zentrum von S..

Am 01.02.2010 erlitt der Kläger gegen 10.30 Uhr einen Skiunfall und infolge dessen einen Riss des rechten Kreuzbandes. Nach Angaben des Klägers befand er sich in der Mittagspause.

Mit Bescheid vom 07.05.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, den er unter anderem damit begründete, der Networking-Gedanke habe bei der gesamten Veranstaltung im Vordergrund gestanden. Deshalb sei es nicht möglich, das Veranstaltungsprogramm in betriebliche und private Tätigkeiten aufzuteilen. Das Skifahren habe somit der betrieblichen Tätigkeit gedient. Darüber hinaus habe sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zum Mittagsessen mit potentiellen Geschäftspartnern befunden, bei dem Anbahnung und Vertiefung von Vertragsbeziehungen im Mittelpunkt standen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Versicherungsschutz im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch ( SGB VII) bestehe nur, wenn der betriebsbedingte und der eigenwirtschaftliche Anteil der Verrichtung der Tätigkeit untrennbar miteinander verbunden seien und die zum Unfallzeitpunkt ausgeführte Verrichtung wesentlich dem Betrieb gedient habe, was beim Skifahren nicht der Fall sei.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und Zeugen dafür benannt, dass er zum Mittagessen mit den Zeugen verabredet gewesen sei, um dabei Vertragsbeziehungen zu intensivieren und konkrete Projekte zu besprechen.

In der mündlichen Verhandlung am 20.10.2010 hat der Kläger u. a. angegeben, dass das besagte Mittagessen in der P.-Alm am K. hätte stattfinden sollen. Der Skiunfall habe sich im Übrigen am Z. bzw. am S. auf der ersten Abfahrt des Tages ereignet. Das SG hat die Zeugen vernommen, die bestätigt haben, dass sie mit dem Kläger zum Mittagessen verabredet waren. Der Kläger hat angegeben, dass die Zeugen nicht in der gleichen Gruppe an der Skiabfahrt teilgenommen haben, wie der Kläger.

Mit Urteil vom 20.10.2010 hat das SG die Klage abgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt.

In der nichtöffentlichen Verhandlung vom 07.10.2013 hat der Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert, dass nach dem I...

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