Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Minderung. Verspätete Arbeitssuchendmeldung. Befristetes Arbeitsverhältnis. Mehrjährige Befristung. Hinweis in Aufhebungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Arbeitssuchendmeldung jedenfalls drei Monate vor Ablauf der Befristung zu erfolgen hat, es sei denn, die Befristung beträgt von vorneherein weniger als drei Monate. Eine Pflicht zur Arbeitssuchendmeldung unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts ist bei einer Befristung auf mehrere Jahre nicht sinnvoll.

2. Der Vordruck BA II DV 028 für Aufhebungsbescheide enthielt unter der Überschrift “Wichtige Hinweise” eine Belehrung über die Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung nach § 37b SGB III und eine mögliche Minderung bei einer verspäteten Meldung.

 

Normenkette

SGB III §§ 37b, 140

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.02.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeld(Alg)-Anspruchs des Klägers wegen verspäteter Meldung gemäß § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Höhe von 1.050,00 EUR streitig.

Der 1978 geborene Kläger meldete sich am 29.04.2004 arbeitslos und beantragte Alg. Am 30.04.2004 bestätigte er mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Verfügung vom 11.06.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg für die Zeit ab 01.06.2004 für 360 Tage, basierend auf einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 516,34 EUR. Aus diesem Alg-Bezug meldete sich der Kläger zum 01.11.2004 wegen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab.

Mit Bescheid vom 05.11.2004 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung des Alg ab 01.11.2004 auf. Zum 29.03.2005 nahm der Kläger aufgrund des Arbeitsvertrags vom 22.03.2005 eine Beschäftigung bei der T. GmbH in B. auf, welche zunächst auf den 17.06.2005 befristet war. Am 06.06.2005 vereinbarten der Kläger und sein Arbeitgeber eine Verlängerung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses bis zum 09.09.2005. Am 12.09.2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 11.10.2005 Alg ab 15.09.2005. Mit Begleitschreiben vom 10.10.2005 teilte die Beklagte dem Kläger ergänzend Folgendes mit: Nach § 140 SGB III mindere sich der Anspruch des Klägers auf Leistungen um 35,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30 Tage). Im Fall des Klägers errechne sich somit ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.050,00 EUR. Der Kläger hätte sich spätestens am 10.06.2005 bei der Beklagten arbeitsuchend melden müssen. Dieser Tag sei der erste Tag mit Dienstbereitschaft der Beklagten drei Monate vor dem vereinbarten Ende des Versicherungspflichtverhältnisses. Die Höhe des Abzugs von der täglichen Leistung betrage 14,01 EUR. Die Anrechnung beginne am 15.09.2005 und ende voraussichtlich mit der Zahlung des Alg für 75 Leistungstag(e). Mit Widerspruch vom 25.10.2005 trug der Kläger hiergegen vor, gemäß § 37b Satz 2 SGB III bedeute frühestens, hier: drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, jedoch durchaus später. Weshalb ein eindeutiger Gesetzeswortlaut einfach übergangen und ein entsprechender Bescheid mit der gegenteiligen Bedeutung des entscheidenden Wortes begründet werde, könne nicht nachvollzogen werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 01.12.2005 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Würde man - entgegen der eindeutigen Bestimmung des Gesetzgebers - aus dem Wort frühestens ein spätestens mit der Begründung machen, es sei auf die Unverzüglichkeit in Satz 1 der Vorschrift abzustellen, so wäre die Vorschrift des § 37b Satz 2 SGB III völlig überflüssig. Konsequent zu Ende gedacht würde dies nämlich bedeuten, dass der Antragsteller, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt ist, sich genau wie der Antragsteller in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes arbeitslos melden müsse, im Gegensatz zum unbefristet beschäftigten Antragsteller jedoch spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wohingegen der unbefristet beschäftigte Antragsteller auch noch einen späteren Zeitpunkt wählen könne, wenn er erst danach Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlange. Nach teleologischer Auslegung des § 37b Satz 2 SGB III, die im Übrigen auch exakt dem Wortlaut des Gesetzes entspreche, habe der Gesetzgeber in den Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse die Meldung der (bevorstehenden) Arbeitslosigkeit zeitlich nach hinten verschieben wollen, um auch in Fällen, in welchen kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine ...

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