Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitssuchende. Voraussetzung für einen Ersatzanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens. Notwendigkeit einer rechtmäßigen Leistungsbewilligung. Rechtswidrigkeit der Bewilligung wegen versäumter Vermögensberücksichtigung. verwertbares Waldgrundstück

 

Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzung für den Ersatzanspruch nach § 34 SGB II ist, dass die Leistungen, für die ein Ersatz geltend gemacht wird, rechtmäßig gewährt wurden, dh mit dem materiellen Recht in Einklang standen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der Gesetzessystematik, einer historischen Auslegung sowie nach dem Willen des Gesetzgebers.

2. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, wenn die Leistung nicht zu gewähren war, weil der Kläger über verwertbares Vermögen verfügte. Auf die Frage, ob dem Kläger ein sozialwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, kommt es dann nicht an.

 

Tenor

I. Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 2016 und der Bescheid vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2014 aufgehoben.

II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte macht gegen den Kläger einen Ersatzanspruch wegen sozialwidrigem Verhalten in Höhe von 5.814,63 € für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.07.2013 geltend.

Der 1964 geborene Kläger war Eigentümer eines 6170 qm großen, nach dem Grundbuchauszug nicht belasteten, Grundstücks mit Kiefernbestand, das er laut notariellem Kaufvertrag am 08.07.2017 für einen Kaufpreis von 25.000 € veräußerte. Er war von 1992 bis 2008 als Rangierbegleiter bei der Deutschen Bahn tätig. Mit Bescheid vom 15.11.2011 erteilte das Integrationsamt (ZBFS) die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung woraufhin der Arbeitgeber mit Schreiben vom 24.11.2011 dem Kläger ordentlich aus personenbedingten Gründen zum 30.06.2012 kündigte.

Der Kläger erhielt ab Juli 2009 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Bei der Antragstellung im Juni 2009 gab er das in seinem Eigentum stehende Waldgrundstück an. Nach einer vom Beklagten eingeholten Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft und Forsten, A-Stadt, vom 15.09.2009 betrug der Verkehrswert des Waldes zwischen 1,10 und 1,20 € je qm, d.h. zwischen 6787 € und 7404 €.

Auf den Fortzahlungsantrag im März 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit von Mai bis Oktober 2012 (Bescheid vom 20.03.2012). Am 31.08.2012 meldete sich der Kläger ohne Angabe von Gründen aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II ab. Der Beklagte hörte den Kläger zu einer Erstattung der Leistung für September 2012 an (Schreiben vom 03.09.2012). Hierzu teilte der Kläger mit, dass er die Summe von 759 € bis zum 30.09.2012 zurücküberweisen werde. Weiter wolle er sich nicht äußern.

Am 24.09.2012 floss dem Kläger eine Abfindungszahlung seines früheren Arbeitgebers in Höhe von 23.438,25 € zu. Am selben Tag hob der Kläger eine Summe von 5.000 € und 18.000 €, insgesamt 23.000 €, in bar von seinem Konto ab. Am 12.11.2012 flossen dem Kläger weitere 1.000 € von "A-Stadt-REC" auf das Konto zu.

Am 07.01.2013 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten, hierbei gab er wie auch bei den früheren Anträgen an, dass er Eigentümer des Waldgrundstücks war, dessen Verkehrswert er mit 100 € bezifferte. Der Beklagte vermerkte hierzu handschriftlich auf dem Antrag die Blattzahlen 31, 117, 125; auf Blatt 31 befand sich das Schreiben des Amts für Landwirtschaft und Forsten, A-Stadt, vom 15.09.2009, auf Blatt 125 eine Berechnung des Beklagten zur Vermögensanrechnung.

Der Beklagte forderte den Kläger auf mitzuteilen und zu belegen, was mit der Abfindung in Höhe von 23.438,25 € geschehen sei. Hierzu teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass es für die Bewilligung von Leistungen nur darauf ankomme, ob der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung hilfebedürftig gewesen sei. Der Zufluss am 24.09.2012 sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Kläger nicht im Leistungsbezug gestanden habe. Es komme deshalb nicht darauf an, was aus dieser Summe geworden sei. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet zu erklären, woher diese Summe stamme.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.06.2013 in Höhe von 767 € monatlich (Bescheide vom 13.02.2013 und 22.04.2013 in der Gestalt der Widerspruchbescheide vom 22.02.2013 und 14.05.2013; in der Fassung des Vergleichs vom 17.03.2014 in den Klageverfahren S 54 AS 533/13 und S 54 AS 816/13).

Mit Schreiben vom 16.05.2013 hörte der Beklagte den Kläger zu einem Ersatzanspruch nach § 34 SGB II an. Auf die Anhörung hin legte der Kläger eine Einkommensbescheinigung des früheren Arbeitgebers und eine Aufstellung über die getätigten Ausgaben vor.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 21.05.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit Juli bis Dezember 2013 (Bescheide vom 25.06.201...

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