Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Entstehung des Anspruchs. Tag des Beginns der Aufnahme in das Krankenhaus ab Tagesbeginn um 0 Uhr. Fortbestand des Versicherungsschutzes. nahtlose Abfolge von Krankengeldansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Fortbestand des Versicherungsschutzes nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die Krankengeldansprüche nahtlos aneinander anschließen.

2. Eine nahtlose Abfolge von Krankengeldansprüchen liegt auch vor, wenn sich an eine abschnittsweise erfolgte Bewilligung von Krankengeld auf der Grundlage befristeter AU-Feststellungen gemäß § 46 S 1 Nr 2 SGB V ein weiterer Krankengeldanspruch - gestützt auf eine Krankenhausbehandlung (§ 46 S 1 Nr 1 SGB V) - unmittelbar anschließt.

3. Der Anspruch auf Krankengeld bei einem Krankenhausaufenthalt nach § 46 S 1 Nr 1 SGB V entsteht am Tag des Beginns der Aufnahme in das Krankenhaus ab Tagesbeginn um 0 Uhr.

4. Das Fortbestehen der Mitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V setzt keine Überlappung der Krankengeldansprüche voraus.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.04.2022; Aktenzeichen B 3 KR 4/21 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. Juni 2020 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2018 verurteilt, der Klägerin über den 12. Februar 2018 hinaus bis einschließlich 5. April 2018 Krankengeld zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Krankengeld über den 12.02.2018 hinaus bis 05.04.2018.

Die 1956 geborene Klägerin stand vom 01.04.2014 bis 31.01.2018 in einem Beschäftigungsverhältnis und war bei der beklagten Krankenkasse pflichtversichert.

Vom 23.01.2018 bis 02.02.2018 war die Klägerin wegen einer akuten Radikulopathie (M54.19) krankgeschrieben (AU-Erstbescheinigung des Hausarztes B vom 23.01.2018). Am 29.01.2018 trat zur Radikulopathie eine Mittelohrentzündung (H66.9 G) hinzu, die weitere Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 12.02.2018 begründete (AU-Folgebescheinigung vom 01.02.2018).

Am 13.02.2018 wurde die Klägerin im Kreiskrankenhaus V stationär aufgenommen, wo sie bis zum 22.02.2018 wegen einer Gonarthrose stationär behandelt wurde. Es schloss sich eine stationäre Rehabilitation der Klägerin vom 22.02.2018 bis 15.03.2018 in den W Kliniken in F an, aus der sie nach Mitteilung der Reha-Klinik arbeitsunfähig entlassen wurde. Am 15.03.2018 attestierte B der Klägerin weitere Arbeitsunfähigkeit wegen sonstiger sekundärer Gonarthrose (M17.5 G) bis voraussichtlich 05.04.2018.

Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 15.02.2018 zunächst festgestellt hatte, dass ein Anspruch auf Krankengeld ab 01.02.2018 vorerst nicht eingeräumt werden könne, hob sie diesen Bescheid im Rahmen eines Telefonats mit dem Ehemann der Klägerin am 23.02.2018 auf und bewilligte Krankengeld für die Zeit vom 01.02.2018 bis 12.02.2018. Mit Bescheid vom 13.03.2018 bestätigte sie die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 01.02.2018 bis 12.02.2018 und teilte die Höhe des kalendertäglichen Bruttokrankengeldes mit (50,00 €).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.03.2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ein Anspruch auf Krankengeld über den 12.02.2018 hinaus nicht realisiert werden könne, da ab dem 13.02.2018 eine neue Erkrankung ("sonstige primäre Gonarthrose") die Arbeitsunfähigkeit bedingt habe. Eine Überschneidung von mindestens einem Tag mit der Erkrankung vom 23.01.2018 bis 12.02.2018 liege nicht vor. Die Klägerin sei wegen der neuen Erkrankung am 13.02.2018 um 9:05 Uhr stationär im Krankenhaus aufgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe keine Mitgliedschaft mehr mit Anspruch auf Krankengeld vorgelegen.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, dass lückenlose AU-Zeiten vorlägen. Bei einer Krankenhausbehandlung entstehe der Krankengeldanspruch von ihrem Beginn an, im vorliegenden Fall also am 13.02.2018. Die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der ersten Diagnose habe mit dem 12.02.2018 geendet. Damit habe sich die weitere Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Knieoperation ab dem 13.02.2018 nahtlos angeschlossen. Die Klägerin sei daher zu keiner Zeit aus dem Krankengeldbezug "herausgefallen", sodass der Krankengeldbezug die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung weiterhin habe vermitteln können. Das vermeintliche Erfordernis, dass sich zwei Diagnosen quasi überlappen müssten, sei mit der Systematik des Krankengeldes nicht in Einklang zu bringen. Zur Sicherstellung eines durchgängigen Versicherungsschutzes reichte die Klägerin vorsorglich einen Antrag auf Aufnahme in die Familienversicherung ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2018 zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Die Ansicht der Beklagten, wonach zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme der Klägerin am 13....

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