Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 5. Mai 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin der Beigeladenen deren außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten hat.

II. Der Beklagten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

III. Der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 Euro auferlegt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Arbeitgeberanteile an Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung.

Der 1948 geborene, am 11. März 2000 verstorbene Ehemann der Beigeladenen (Versicherter) war vom 1. Februar 1978 bis 31. März 1990 Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin. Er war am Stammkapital der GmbH bis zum 1. August 1988 mit 45%, anschließend mit 28,4%, die Beigeladene durchgehend mit 5% beteiligt. Dasselbe galt für den Mitgeschäftsführer R. und dessen Ehefrau.

Für die Zeit vom 1. Februar 1978 bis 31. März 1990 entrichtet die Klägerin für den Versicherten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 135.578,74 DM (Arbeitgeberanteil 67.789,37 DM).

Mit Bescheid vom 10. November 1997 beanstandete die AOK Bayern als zuständige Einzugsstelle die für die Zeit vom 1. Februar 1978 bis 1. August 1988 entrichteten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung (und zur Arbeitslosenversicherung) als zu Unrecht entrichtet. Der Versicherte habe aufgrund der von ihm und seiner Ehefrau gehaltenen Anteile am Stammkapital in Höhe von zusammen 50% so großen Einfluss auf die Geschicke und die Willensbildung der Gesellschaft gehabt, dass seine Arbeitnehmereigenschaft verneint werden müsse. Die AOK nehme ihre (nicht näher bezeichneten) früheren, anders lautenden Bescheide zurück.

Gleichzeitig wies die AOK darauf hin, die Beiträge seien bei Kontoabstimmungen am 17. September 1986, 21. Juni 1988 und 25. Oktober 1991 beim Arbeitgeber nicht beanstandet worden. Der Versicherte könne deshalb gemäß § 26 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Verbindung mit § 45 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) Antrag auf Vertrauensschutz stellen.

Der Versicherte beantragte auf einem Formschreiben der AOK, die Beiträge zur Rentenversicherung bis zur letzten Prüfung sollten als zu Recht entrichtet bei der Beklagten verbleiben. Die (tatsächlich nicht vorhandenen) restlichen Beiträge sollten als freiwillige Rentenversicherungsbeiträge verwendet werden.

Die Klägerin beantragte, ihr die Arbeitgeberanteile der für die Zeit vom 1. Februar 1978 bis 31. März 1990 gezahlten Beiträge (u.a.) zur Rentenversicherung in Höhe von 67.789,34 DM zu erstatten (Antrag vom 16. Dezember 1997). Die Beklagte teilte dem Versicherten und der Klägerin mit, die Pflichtbeiträge seien bei der Prüfung am 25. Oktober 1991 (Prüfungszeitraum bis zum 30. September 1991) nicht beanstandet worden. Eine Beanstandung dieser Beiträge sei ausgeschlossen, wenn der Versicherte auf die Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung vertraut habe. Da der Versicherte auf diese Schutzwirkung nicht verzichtet habe, verblieben die Beiträge als rechtmäßig gezahlte Pflichtbeiträge in seinem Versicherungskonto (Schreiben vom 20. April und 29. September 1998).

Die Klägerin wandte dagegen ein, der Tatbestandes § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X sei nicht erfüllt. Der Versicherte habe nicht erklärt, dass er auf die Rechtmäßigkeit der Beitragszahlung vertraut habe. Er habe auch weder eine erbrachte Leistung verbraucht noch eine Vermögensdisposition getroffen, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Vielmehr liege ein (Vertrauens)Ausschlussgrund nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X vor, denn der Versicherte habe erkennen müssen, dass er nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen und somit zumindest grob fahrlässig im Sinne der Norm gehandelt (Schreiben vom 10. Februar 1999).

Die Beklagte erwiderte, grobe Fahrlässigkeit sei dem Versicherten nicht nachzuweisen und lehnte den Erstattungsantrag vom 16. Dezember 1997 ab (Bescheid vom 10. Mai 1999).

Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, der Versicherte genieße kein schutzwürdiges Vertrauen im Sinn des § 45 Abs. 2 SGB X. Ihm sei von Beginn an klar gewesen, dass er als freier Unternehmer an einer GmbH beteiligt sei. Ihm müsse im täglichen Umgang mit seinen Arbeitnehmern völlig klar geworden sein, dass er keinesfalls ein Arbeitnehmer sein könne, der der Sozialversicherungspflicht unterliege, denn er habe keinen festen Lohn, sondern schwankende Gewinnanteile erhalten, welche er als Gewinneinkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu versteuern gehabt habe. Dies habe er auch als juristischer Laie jederzeit feststellen können. Seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer sei aus gesellschaftsrechtlichen Gründen konstruiert worden. Er sei selbst bei Anspannung nur geringster Geisteskräfte in der Lage gewesen, die Rechtswidrigkeit der seine Sozialversicherungspflicht feststellenden Verwaltungsakte zu erkennen und hätte wegen ihrer offensichtli...

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