Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn infolge eines Wechsels des Versicherten in eine Transfergesellschaft und der Beendigung des befristeten Transferarbeitsverhältnisses durch Zeitablauf. Insolvenz des früheren Arbeitgebers. insolvenzbedingter Arbeitslosengeldbezug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Voraussetzungen für eine insolvenzbedingte Arbeitslosigkeit iS des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Teils 3 SGB VI sind auch dann erfüllt, wenn es nach bereits eingetretener Insolvenz des letzten Arbeitgebers zu einem Beschäftigungsverhältnis mit einer Transfergesellschaft und anschließend zu keinem auch nur kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber mehr gekommen ist.

2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie der Aufhebungsvertrag und der befristete Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft vom Insolvenzverwalter unterzeichnet worden sind.

3. Fortführung und Abgrenzung zu BSG vom 12.3.2019 - B 13 R 19/17 R = BSGE 127, 262 = SozR 4-2600 § 51 Nr 3.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.06.2018 sowie die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2015 und 24.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, anstelle der bereits bewilligten Altersrente dem Kläger Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 01.07.2015 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte anstelle einer Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.07.2015.

Der Kläger ist 1952 in Rumänien geboren und war dort bis zu seiner Ausreise am 11.04.1987 beschäftigt. Er ist anerkannter Vertriebener mit Vertriebenenausweis A. Im Versicherungskonto bei der Beklagten sind Versicherungszeiten seit dem 08.06.1969 (Fachschulausbildung vom 08.06.1969 bis 15.04.1970 sowie anschließende Beitragszeiten vom 04.05.1970 bis 28.02.1987) gespeichert. Anschließend ist vom 11.04.1987 bis 12.05.1987 eine Ersatzzeit wegen Vertreibung gespeichert. Ab 13.05.1987 bis 31.01.2012 (davon ab 01.07.2009 in Altersteilzeit) war er bei der Firma M. AG (M.) und nach deren Insolvenzanmeldung im November 2011 noch vom 01.02.2012 bis 31.10.2012 in der P. GmbH (P.) versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 01.11.2012 bis 30.06.2015 war der Kläger arbeitslos gemeldet bzw. arbeitsunfähig erkrankt mit versicherungspflichtigem Leistungsbezug.

Am 13.02.2015 beantragte der Kläger aufgrund der anstehenden Altersrente eine Rentenauskunft und bat um schriftliche Mitteilung, ob er die 45 Versicherungsjahre mit der Zeit der Arbeitslosigkeit erfüllt habe und am 01.07.2015 abschlagsfrei in Rente gehen könne. Dazu legte er den mit dem Insolvenzverwalter der M. und dem Geschäftsführer der P. geschlossenen Vertrag vom 01.02.2012 vor. In diesem Vertrag wurde zum einen das Arbeitsverhältnis mit der Firma M. aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 31.01.2012 beendet (§ 1). In § 2 des Vertrages ist anschließend für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der P. geschlossen worden. Geschäftsgrundlage für das Arbeitsverhältnis war danach die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld im Sinne des § 216b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) durch die zuständigen Agenturen für Arbeit und die Bereitstellung der erforderlichen Mittel durch den Insolvenzverwalter. Abweichend von den bisherigen Arbeitsbedingungen beinhaltet der Arbeitsvertrag außerdem die Anordnung von Kurzarbeit und den Wegfall des Beschäftigungsanspruchs (§ 2 Abs. 2.3). Der Vertrag ist nachfolgend bis 30.09.2012 und schließlich bis 31.10.2012 verlängert worden.

Dem Kläger wurde dazu von der Beklagten mit Auskunft vom 23.02.2015 mitgeteilt, dass die Zeit der Arbeitslosigkeit nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren gemäß § 51 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) angerechnet werden könne.

Auf seinen Antrag vom 06.03.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.05.2015 Altersrente für langjährig Versicherte nach §§ 36, 236 SGB VI ab dem 01.07.2015 mit einem Abschlag des Zugangsfaktors um 0,090 für die vorzeitige Inanspruchnahme um 30 Kalendermonate.

Mit Widerspruch seines Bevollmächtigten vom 15.06.2015 beantragte der Kläger, ihm stattdessen Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu bewilligen. Nach dem Versicherungsverlauf seien 541 Beitragsmonate zu berücksichtigen. Die Zeit der Arbeitslosigkeit nach Ende der Beschäftigung in der Auffanggesellschaft sei zur Wartezeit gemäß § 51 Abs. 3a Nr. 3 SGB VI anzurechnen, weil die Arbeitslosigkeit des Klägers auf der Insolvenz der Firma M. beruhe. Die zwischenzeitliche Beschäftigung in der Auffanggesellschaft ändere daran nichts.

Mit weiterem Bescheid vom 24.06.2015 lehnte die Beklagte die ...

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