Der Sozialleistungsträger, der zur Aufrechnung berechtigt ist, entscheidet nach Ermessensgesichtspunkten darüber, ob er eine Aufrechnung durchführen will. Das Gleiche gilt für die Frage gegenüber wem er aufzurechnen gedenkt. Bei der Festsetzung der Höhe des Aufrechnungsbetrags ist er an die gesetzlich vorgegebenen Obergrenzen gebunden. Er kann allerdings im Rahmen seines Ermessens auch eine Aufrechnung vornehmen, die die vorgeschriebene Obergrenze nicht erreicht. Eine Aufrechnung kann nur dann erfolgen, wenn der aufrechnende Sozialleistungsträger die ihm zustehende Leistung (z. B. Beiträge) fordern und die von ihm zu erbringende Leistung (z. B. Krankengeld) bewirken kann. Dies ist spätestens der Fall, wenn die jeweiligen Leistungen fällig sind. Der Sozialleistungsträger hat eine Aufrechnungserklärung gegenüber dem Leistungsberechtigten abzugeben, in der Art und Umfang der Aufrechnung anzugeben sind.

 
Praxis-Beispiel

Aufrechnung nach § 51 Abs. 1 SGB I

Ein Versicherter war 10 Tage in stationärer Behandlung. Die Krankenkasse fordert von dem Versicherten die fällige Krankenhauszuzahlung für diese 10 Tage in Höhe von 100 EUR. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ist der Versicherte noch mehrere Wochen arbeitsunfähig krank und hat Anspruch auf Krankengeld gegenüber seiner Krankenkasse. Der Versicherte hat die Krankenhauszuzahlung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlt. Sein täglicher Krankengeldanspruch beläuft sich auf 25 EUR.

Die Krankenkasse als zuständiger Sozialleistungsträger hat Ansprüche gegen den Versicherten in Form der ihr zustehenden Zuzahlung. Der Versicherte seinerseits hat Anspruch gegenüber der Krankenkasse auf eine Geldleistung (Krankengeld). Die Krankenkasse kann daher nach § 51 Abs. 1 SGB I ihre Forderung auf Zahlung der Krankenhauszuzahlung gegen den Anspruch des Versicherten auf Krankengeld aufrechnen. Pfändungsgrenzen werden nicht erreicht. Die Krankenkasse zahlt daher im hier genannten Fall für 4 Tage (100 EUR) das Krankengeld nicht aus, sondern rechnet den Betrag stattdessen mit der ihr zustehenden Forderung auf 100 EUR Krankenhauszuzahlung auf.

 
Praxis-Beispiel

Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I

Ein freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenversicherung Versicherter hat seit 2 Monaten seine Beiträge nicht gezahlt. Die Krankenkasse fordert die Zahlung dieser Beiträge in Höhe von 600 EUR. Der Versicherte ist mehrere Wochen arbeitsunfähig krank und hat Anspruch auf Krankengeld gegenüber seiner Krankenkasse. Sein täglicher Krankengeldanspruch beläuft sich auf 60 EUR.

Die Krankenkasse als zuständiger Sozialleistungsträger hat Beitragsansprüche nach dem SGB V gegen den Versicherten. Der Versicherte seinerseits hat einen Anspruch gegenüber der Krankenkasse auf eine laufende Geldleistung (Krankengeld). Die Krankenkasse kann daher nach § 51 Abs. 2 SGB I ihre Forderung auf Zahlung der Beiträge gegen den Anspruch des Versicherten auf Krankengeld aufrechnen. Die Aufrechnung kann dabei bis zur Hälfte der Geldleistung erfolgen, soweit der Versicherte hierdurch nicht hilfebedürftig im Sinne der Sozialhilfe wird. Im Beispielsfall wird der Versicherte aufgrund der hälftigen Aufrechnung nicht hilfebedürftig, so dass die Krankenkasse nur ein tägliches Krankengeld von 30 EUR auszahlt. Die andere Hälfte wird im Rahmen der Aufrechnung zur Begleichung ihrer Forderung auf Krankenversicherungsbeiträge verwandt. So ist nach 20 Krankengeldzahltagen die Forderung der Krankenkasse vollständig beglichen.

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