Zusammenfassung

 
Überblick

Bei einer Entgeltabrechnung kann es passieren, dass der Beitragseinzug mit der Abrechnung nicht vorgenommen wurde. Ist der Beitragseinzug unterblieben, kann der Arbeitgeber die Versichertenanteile grundsätzlich für die letzten 3 abgerechneten Entgeltzeiträume nachträglich einbehalten. Für weitere Zeiträume können die Beiträge einbehalten werden, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Nachfolgend wird ausführlich dargestellt, wann, für welche Zeiträume und ggf. in welchen Fällen der Arbeitgeber berechtigt ist, die Arbeitnehmeranteile vom Arbeitnehmer einzubehalten und wann nicht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Rechtsgrundlage für die Frage des möglichen (nachträglichen) Beitragsabzugs ist § 28g SGB IV.

Sozialversicherung

1 Nachholung des Beitragsabzugs bei den nächsten 3 Entgeltzahlungen

Der Arbeitgeber soll die Beitragsanteile des Arbeitnehmers bei jeder Entgeltzahlung einbehalten. Üblicherweise wird daher der Beitragsanteil aus dem Arbeitsentgelt einbehalten (sog. Beitragsabzug). Ist dieser Beitragseinzug unterblieben, kann der Arbeitgeber die Versichertenanteile für die letzten 3 abgerechneten Entgeltzeiträume nachträglich einbehalten.

Bei der Ermittlung der letzten 3 Zahlungen werden Abschlagszahlungen nicht mitgezählt.

Das kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer bei einer Entgeltzahlung neben dem Abzug der Arbeitnehmeranteile für den laufenden Entgeltzahlungszeitraum zusätzlich die Anteile für 3 vorhergehende Zeiträume als Abzüge akzeptieren muss. Der Beitragsabzug ist dabei nicht etwa nur auf pfändbare Teile des Entgelts beschränkt.

 
Wichtig

Kein nachträglicher Beitragsabzug ohne Entgelt

Der Anspruch des Arbeitgebers kann ausschließlich durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt mehr, z. B. weil die Beschäftigung beendet wurde, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmeranteil auch in den Fällen nicht mehr nachträglich verlangen, in denen der 3-Monatszeitraum noch nicht abgelaufen ist.

Wie sich die 3-Monats-Regelung bei der Nachholung des Beitragsabzugs im Einzelnen auswirkt, kann dem folgenden Beispiel entnommen werden:

 
Praxis-Beispiel

Nachberechnung von Beiträgen bei falscher Einstufung

Ein versicherungspflichtiger Arbeitgeber mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 2.000 EUR erhält ab Februar eine Gehaltserhöhung von monatlich 300 EUR. Wegen eines Eingabefehlers wird der Betrag von 300 EUR zunächst als steuer- und beitragsfreier Nachtzuschlag erfasst. Der Fehler wird erst im August bei einer Revision entdeckt. Entgeltzahlungstermin ist der letzte Tag eines Monats.

Beurteilung des nachträglichen Lohnabzugs im Korrekturmonat August:

 
Monate, für die die Gehaltsabrechnung korrigiert wird nachträglicher Lohnabzug möglich
Februar nein
März nein
April nein
Mai ja
Juni ja
Juli ja

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, im August sowohl für Mai, Juni und Juli den Lohnabzug auf einmal nachzuholen. Er kann aber auch eine Verteilung vornehmen (Juni im September, Juli im Oktober), um den Arbeitnehmer nicht finanziell zu überfordern.

2 Nachholung des unterbliebenen Beitragsabzugs nach Ablauf von 3 Entgeltzahlungen

2.1 Kein Verschulden des Arbeitgebers

Ist der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben, so ist auch der Abzug der Arbeitnehmeranteile über die letzten 3 Entgeltzahlungszeiträume hinaus zulässig.

2.1.1 Unterlassener Abzug aufgrund Rechtsirrtum

Ein unterlassener Abzug aus bloßem Rechtsirrtum heraus ist dafür jedoch nicht ausreichend. Gedacht ist vielmehr an Fälle des unterlassenen Abzugs, z. B. wegen einer unrichtigen Auskunft vom Versicherungsträger oder an nicht richtige oder unvollständige Unterrichtung des Arbeitgebers durch den Beschäftigten über Umstände, die für die Beurteilung der Versicherungs- und Beitragspflicht bedeutsam sind.

 
Hinweis

Arbeitgeber berücksichtigt Auffassung des obersten Gerichtshofs

Lässt die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes die Rechtsauffassung erkennen, dass eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern nicht versicherungspflichtig ist, so kann einem Arbeitgeber kein Schuldvorwurf i. S. d. § 28g Satz 3 SGB IV gemacht werden, wenn er bis zum Abschluss eines sozialgerichtlichen Musterprozesses für solche Arbeitnehmer keine Beitragsanteile zur Sozialversicherung einbehält und entrichtet. Ist allerdings in diesem Musterprozess die Versicherungspflicht der betreffenden Arbeitnehmer bejaht worden, muss der Arbeitgeber eine weitere Untätigkeit nach Bekanntwerden der höchstrichterlichen Entscheidung gegen sich gelten lassen.[1]

Ein Verschulden des Arbeitgebers ist auch bereits anzunehmen, wenn er bei zweifelhafter Rechtslage nicht an geeigneter Stelle eine Auskunft über die Beurteilung einholt.[2] Die geeignete Stelle ist i. d. R. die Einzugsstelle.

2.1.2 Streit über die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung

Die Rechtsprechung[1] hat auch entschieden, dass der Verschuldenstatbestand auch dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber zunächst die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung der Einzugsstelle bestritten und aus diesem Grund keinen Beitragsabzug vorgenommen hat.

 
Praxis-Tipp

Im Zweifelsfall Beiträge einbehalten

Ist der Arbeitgeber über die Beitragsforderung mit der Einzug...

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