Einmal im Handelsregister, immer im Handelsregister?
Seit dem 1. August 2022 ist das Handelsregister unter www.handelsregister.de für jedermann kostenfrei einsehbar. Zwar ist das Handelsregister seit jeher öffentlich. Wo früher aber die Entrichtung einer Gebühr für den Download von Unterlagen aus dem Handelsregister erforderlich war, reicht heute ein einfacher Klick aus, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen. Die Hürden für die Einsicht in das Handelsregister sind dadurch faktisch auf ein Minimum gesenkt. Die kostenfreien Einsichtsmöglichkeiten erstrecken sich auf alle Einträge und Bekanntmachungen in Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregistern. Davon umfasst sind insbesondere sämtliche Unterlagen, die beim Handelsregister zur Eintragung angemeldet werden, ungeachtet dessen, ob die Einreichung der Unterlagen auf einer gesetzlichen Vorgabe beruht oder überobligatorisch erfolgt ist.
Nicht selten enthalten solche Unterlagen sensible Informationen, die versehentlich, unüberlegt oder auch mangels ausreichender (Rechts-)Kenntnis bei der Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister in den eingereichten Dokumenten enthalten waren. Typische Beispiele sind Privatanschriften von Gesellschaftern oder Geschäftsführern, Sterbeurkunden oder ganze Verlaufsprotokolle von Gesellschafterversammlungen, denen viel mehr zu entnehmen ist als das, was kraft Gesetzes anmeldepflichtig gewesen wäre. Bislang gab es keine gesetzliche Grundlage, ein einmal beim Handelsregister eingereichtes Dokument zu verändern, sensible Informationen zu löschen oder diese zu schwärzen. Denn einmal in den Registerordner eingestellte Dokumente können im Sinne der Registerwahrheit grundsätzlich nicht verändert oder ausgetauscht werden.
Seit dem 23. Dezember 2022 enthält die Handelsregisterverordnung jedoch eine neue Regelung, die die Grundlage für den Austausch von in den Registerordner einmal aufgenommener Dokumente schafft. Sind in dem ursprünglich eingereichten Dokument teilweise Angaben enthalten, die nicht offenlegungspflichtig sind, besteht nunmehr die Möglichkeit, dieses Dokument gegen ein, um die nicht offenlegungspflichtigen Informationen bereinigtes Dokument auszutauschen. Das Registergericht wird hier auf Antrag eines Notars tätig. Bei dem neuen Dokument wird der Dokumentenaustausch kenntlich gemacht und das Datum der ursprünglichen Einstellung des alten Dokuments angegeben. Dadurch wird darüber informiert, dass das ausgetauschte Dokument ein Ursprüngliches ersetzt. Ob gesamte Dokumente entfernt werden dürfen, die ausschließlich nicht offenlegungspflichtige Angaben enthalten, ist bislang ungeklärt. Fest steht jedenfalls, dass die Veränderung des Ausgangsdokuments z. B. durch Schwärzung oder Löschung jedenfalls nicht vom Anwendungsbereich der neuen Vorschrift umfasst ist.
Mit der Thematik sensible Informationen aus dem Handelsregister zu löschen bzw. diese auf Antrag zu schwärzen, hat sich auch jüngst das OLG Naumburg beschäftigt.
Hintergrund
In dem zugrunde liegenden Fall hatten die Gründungsgesellschafter und der Geschäftsführer die Schwärzung ihrer Unterschriften auf der Gründungsurkunde, der Handelsregisteranmeldung, der Gesellschafterliste, sowie des Beschlussprotokolls in Bezug auf die Geschäftsführerbestellung beantragt – ohne Erfolg. Das OLG Naumburg hat den Antrag zurückgewiesen.
Zur Begründung gab das OLG Naumburg an, dass die Beantragenden ihr Löschungsbegehren nicht auf datenschutzrechtliche Bestimmungen und auch nicht auf Grundrechte stützen können. Und zwar zu Recht: Denn einmal in den Registerordner eingestellte Dokumente können zum Schutz der Registerwahrheit grundsätzlich nicht verändert werden. Es ist nicht Aufgabe des Registergerichts, in freigegebene Dokumente nachträglich einzugreifen. Die beantragte Schwärzung der Unterschriften lässt sich auch nicht auf den mit Wirkung zum 23. Dezember 2022 neu eingefügten § 9 Abs. 7 der Handelsregisterverordnung stützen. Denn die Beantragenden begehren keinen unter die Vorschrift fallenden Austausch von Dokumenten, sondern die Veränderung des Ausgangsdokuments.
Anmerkungen und Praxistipp
Der Austausch von Dokumenten, die sensible nicht offenlegungspflichtige Informationen enthalten, ist mittlerweile zwar möglich. Das Registergericht wird aber nicht von Amts wegen tätig. Die Betroffenen müssen selbst aktiv werden. Wer sensible Informationen aus Dokumenten, die im Handelsregister einsehbar sind, entfernen möchte, sollte prüfen, ob es sich bei diesen Informationen um offenlegungspflichtige Angaben handelt. Wenn und soweit das nicht der Fall ist, kann ein Dokumentenaustausch in Betracht gezogen werden.
Ob auf Grundlage der neuen Vorschrift gesamte Dokumente aus den einsehbaren Dokumenten im Handelsregister entfernt werden können, die keine für den Rechtsverkehr erforderlichen Angaben enthalten, ist bislang nicht geklärt. Und umstritten ist auch, ob ein grundrechtlich begründeter, einklagbarer Anspruch auf einen Dokumentenaustausch besteht. Die Rechtsprechung hat sich hierzu noch nicht geäußert. Das OLG Naumburg hat diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offengelassen. Es bleibt abzuwarten, wie die Registergerichte sich diesbezüglich positionieren werden. In jedem Fall lohnt es sich, in relevanten Fällen mit dem Handelsregister Kontakt aufzunehmen und die Möglichkeit eines Austauschs zu besprechen.
Fazit: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Bei der Gestaltung der Dokumente, die in das Handelsregister zur Eintragung eingereicht werden, sollte auch künftig der Umfang der Angaben in den Dokumenten überprüft und auf das rechtlich Notwendige beschränkt werden. Und wenn in der Vergangenheit Fehler passiert sind, sollte man mit dem Handelsregister Kontakt aufnehmen und den Austausch problematischer Dokumente beantragen.
OLG Naumburg, Beschluss v. 11.1.2023, 5 Wx 14/22
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