Lästiges „Montagsauto“ rechtfertigt keinen sofortigen Rücktritt

Der Käufer eines Neuwagens mit starken Mängeln kann nur vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn er dem Verkäufer zuvor die Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben hat. Wenn die Mängel nach Art, Ausmaß und Bedeutung die Funktionstüchtigkeit stark beeinträchtigen, kann eine Nacherfüllung unzumutbar sein. Wann ist das der Fall?

Der Montag zählt nicht zu beliebtesten Tagen der Woche: Alles wieder auf Anfang, der alltägliche Trott beginnt. Diese Wertung hat sich auch bei der Bezeichnung des Deutschen liebstes Kind durchgesetzt, wenn es nicht so funktioniert, wie es soll:

Hat ein Neuwagen viele herstellungsbedingte Mängel, kann dieses sog. Montagsauto (gerne auch Zitronenauto genannt) ausnahmsweise auch ohne Nacherfüllungsverlangen zurückgegeben werden. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, hatte kürzlich der BGH zu entscheiden.

Ein Mangel folgte dem anderen

Im Juni 2008 kaufte der Kläger ein neues Wohnmobil, das ihm im April 2009 gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 133.743 EUR vom Beklagten ausgeliefert wurde. Innerhalb des ersten Jahres war das Fahrzeug bereits dreimal zur Durchführung von Garantiearbeiten in der Werkstatt des Beklagten, unter anderem wegen des Knarrens der Satellitenantenne, Flecken in der Spüle, schief sitzenden Abdeckkappen der Möbelverbinder, einer losen Stoßstange und wegen des Lösens der Toilettenkassette aus der Halterung während der Fahrt. Am 1.4.2011 rügte der Käufer weitere fünfzehn Mängel und erklärte daraufhin gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt.

Nacherfüllungsangebot abgelehnt

Obwohl der Verkäufer die Beseitigung der vorhandenen Mängel im Wege der Nacherfüllung anbot, lehnte der Käufer dies mit der Begründung ab, wegen der Vielzahl der Mängel handele es sich um ein sog. Montagsauto. In diesem Fall sei der Rücktritt vom Kaufvertrag auch ohne eine vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung zulässig. Da der Verkäufer jedoch den Rücktritt weiterhin ablehnte, verlangte der Käufer im Klagewege die Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich Wertminderung), Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils. 

Fristsetzung zur Nacherfüllung war zumutbar

Sowohl die erste Instanz und als auch die hiergegen eingelegte Berufung blieben erfolglos. Nach Auffassung der Richter war ein Nacherfüllungsverlangen weder entbehrlich noch unzumutbar.

  • Bevor ein Käufer wegen auftretender Mängel vom Vertrag zurücktreten kann und der Vertrag rückabgewickelt werden muss, ist dem Verkäufer von Gesetzes wegen grundsätzlich vorher die Möglichkeit einzuräumen, den Mangel im Wege der Nachbesserung zu beheben (§ 323 Abs. 1 BGB).

  • Nur unter besonderen Umständen ist eine weitere Nacherfüllung entweder nach § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich oder nach § 440 Satz 2 BGB unzumutbar

Mangel ist nicht gleich Mangel 

Die Einschätzung der „besonderen Umstände“ unterliegt der Bewertung des Tatrichters. Diese war nach Auffassung der BGH-Richter rechtsfehlerfrei. Damit hatte auch die Revision keinen Erfolg. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist bei einem sog. Montagsauto nur dann als ausnahmsweise unzumutbar zu werten, wenn aus Sicht eines verständigen Käufers der bisherige Geschehensablauf die Befürchtung rechtfertigt, es handele sich bei dem Neuwagen um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und auch zukünftig nicht frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird.

Funktionsweise des Fahrzeugs nicht betroffen

Hierbei kommt es nicht auf die Anzahl der Mängel an, sondern auf die Art und Schwere. Die meisten der beanstandeten Mängel betrafen „nur“ die Optik und Ausstattung des Fahrzeugs und nicht die technische Funktionstüchtigkeit. Diese, wenn auch sehr vielen Mängel, seien daher als Bagatellprobleme einzustufen gewesen.

„Lästigkeitswert“  bleibt unbeachtet

Die Vorinstanz hatte den Mängeln zwar einen "Lästigkeitswert" beigemessen, dieser muss aber auch nach Auffassung der BGH-Richter unbeachtet bleiben.

Fazit: Kleinvieh macht zwar auch Mist, viele kleine Mängel rechtfertigen aber keinen sofortigen Rücktritt. 

(BGH, Urteil v. 23.1.2013, VIII ZR 140/12).

Schlagworte zum Thema:  Gewährleistungsrecht, Rücktritt