Wenn der Fahrzeughalter die erhöhte Parkgebühr nicht zahlen will

Welche Pflichten hat der Halter eines Fahrzeugs, das - mehrfach - regelwidrig auf einem Privatparkplatz geparkt wurde? Ist der "aus dem Schneider", wenn er pauschal bestreitet, selbst gefahren zu sein bzw. falsch geparkt zu haben? Amts- und Landgericht ließen es dabei bewenden, doch der BGH ließ sich von einer Halterin nicht mit dem Verweis auf einen unbekannten Fahrer/Falschparker abspeisen.

Drei Mal war ein Fahrzeug verkehrsregelwidrig auf dem privat bewirtschafteten Parkplatz eines Krankenhauses abgestellt worden.

  • Einmal wurde die zulässige Höchstparkdauer überschritten,
  • zwei Mal war das Fahrzeug auf einem Mitarbeiterparkplatz geparkt worden.
  • Schilder auf dem Parkplatz wiesen darauf hin, dass bei widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen ein erhöhtes Parkentgelt von mindestens 30 Euro erhoben wird.

Fahrzeughalterin weigert sich zu zahlen

Die drei an dem verkehrswidrig geparkten Pkw hinterlassenen Zahlungsaufforderungen liefen ins Leere – sie wurden nicht bezahlt. Daraufhin ermittelte die Klägerin, ein mit der Bewirtschaftung privaten Parkraums befasstes Unternehmen, die Beklagte als Halterin des Fahrzeugs. Doch diese bestritt, an den betreffenden Tagen die Fahrerin des Autos gewesen zu sein und verweigerte die Zahlung.

Amtsgericht und Landgericht ließen die Aussage verweigernde Fahrzeughalterin gewähren 

Muss die Halterin die erhöhte Parkgebühr zahlen? Amtsgericht und Landgericht hatten das verneint. Begründung des Landgerichts: Schuldner des erhöhten Parkentgelts sei nicht der Fahrzeughalter, sondern nur der Fahrer. Die beklagte Halterin habe aber wirksam ihre Fahrereigenschaft bestritten.

BGH ließ sich nicht mit Verweis auf unbekannten Fahrer / Falschparker abspeisen

Der BGH kam zu einer anderen Einschätzung. Die von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Zwar sah es auch der BGH so, dass das Landgericht es zu Recht abgelehnt hatte, eine Haftung für die Vertragsstrafe allein aus der Haltereigenschaft abzuleiten. Insbesondere schulde der Halter keinen Schadensersatz wegen der Weigerung, die Person des Fahrzeugführers zu benennen, weil ihn gegenüber dem Parkplatzbetreiber keine entsprechende Auskunftspflicht treffe.

BGH ordnet erhöhtes Parkentgelt als Vertragsstrafe ein

Anders als das Landgericht meinte, habe die Beklagte aber ihre Fahrereigenschaft nicht wirksam bestritten, so der BGH.  

Im vorliegenden Fall sei zwischen dem Betreiber des privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer ein Nutzungsvertrag zustande gekommen, indem der Fahrzeugführer das in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs angenommen habe.

Wird der Parkplatz – so wie im vorliegenden Fall – unentgeltlich zur Verfügung gestellt, handele es sich um einen Leihvertrag, nicht um einen Mietvertrag. Durch die Hinweisschilder werde das erhöhte Parkentgelt als Vertragsstrafe in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen.

BGH lässt einfaches Bestreiten nicht genügen

Der Halter eines Fahrzeugs kann sich nicht auf ein einfaches Bestreiten seiner Fahrereigenschaft beschränken. Im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast muss der Halter vortragen, wer als Nutzer des Pkws im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kommt.

Der BGH wies in seinem Urteil darauf hin, dass die grundsätzlich dem Kläger obliegende Darlegungs- und Beweislast nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen eine Erleichterung erfahren kann.

Wann besteht eine sekundäre Darlegungslast?

Wenn die primär darlegungspflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat,  der Prozessgegner dagegen alle wesentlichen Tatsachen kennt, und es ihm möglich und zumutbar ist, hierzu Näheres vorzutragen, sieht der BGH eine sekundäre Darlegungslast.

Parken als anonymes Massengeschäft

Beim Parken auf einem privaten Parkplatz handele es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur – regelmäßig kurzzeitigen – Nutzung angeboten werde. Zu einem persönlichen Kontakt zwischen den beiden Vertragsparteien – Betreiber und Fahrer – komme es regelmäßig nicht.

Für Parkplatzbetreiber nicht zumutbar, Identität des Parkenden zu ermitteln

Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig mache, sei Bestandteil des Massengeschäfts und liege im Interesse der auf den einfachen Zugang zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehrsöffentlichkeit. Für den Betreiber des Parkplatzes sei es nicht zumutbar, die Identität seines Vertragspartners im Nachhinein in Erfahrung zu bringen.

Halter muss Personen benennen, die gefahren sein könnten

Anders sei die Situation für den Halter, wenn dieser bestreite selbst gefahren zu sein. Für ihn sei es regelmäßig selbst mit einem gewissen zeitlichen Abstand ohne Weiteres möglich und zumutbar, die Personen zu benennen, die im fraglichen Zeitraum die Möglichkeit hatten, das Fahrzeug als Fahrer zu nutzen. Denn Halter hätten es regelmäßig in der Hand zu bestimmen, wem sie ihr Fahrzeug überließen.

Das Landgericht müsse der Beklagten deshalb Gelegenheit zu einem wirksamen Bestreiten ihrer Fahrereigenschaft geben. Dazu muss die Halterin angeben, wer im Zeitpunkt des jeweiligen Parkverstoßes als Fahrer in Betracht komme.

(BGH, Urteil v. 18.12.2019, XII ZR 13/19).

Weitere News zum Thema:

Frauenparkplätze als Diskriminierung

Abschleppen wegen nachträglich aufgestelltem Halteverbot

Vor dem Abschleppen muss der Halter nicht gesucht werden

Schlagworte zum Thema:  Recht, Verkehrsrecht, Beweislast