Verschulden beim Öffnen der Fahrertür

Wer die Fahrertür seines stehenden Fahrzeugs öffnet, hat dies so zu tun, dass der fließende Verkehr nicht gefährdet wird. Kommt es beim Öffnungsvorgang zu einer Kollision, so trifft in der Regel den Türöffner das überwiegende Verschulden.

Auf einer innerstädtischen Straße öffnete die Fahrerin eines am rechten Straßenrand geparkten Fahrzeugs die Fahrertür. Der mit einem Seitenabstand von ca. 75 cm vorbeifahrende Kläger konnte nicht mehr ausweichen. Es kam zum Zusammenstoß. Die Halterin des parkenden Fahrzeugs war der Auffassung, dass Verschulden an dem Verkehrsunfall treffe den Fahrer des vorbeifahrenden PKW, da er rechtzeitig hätte erkennen können, dass die Fahrertür geöffnet sei und er dennoch keinen ausreichenden Sicherheitsabstand gehalten haben. Dies sah der Kläger völlig anders, so dass eine gerichtliche Auseinandersetzung unvermeidbar war. 

Gesteigerte Sorgfaltspflicht des stehenden Verkehrs

Das zuständige AG bewertete das Geschehen auf der Grundlage des § 14 StVO. Hiernach hat der Fahrer eines geparkten Fahrzeugs sich vor dem Öffnen der Fahrertür sorgfältig davon zu überzeugen, dass der vorbeifahrende fließende Verkehr durch das Öffnen nicht gefährdet wird. Diese gesteigerte Sorgfalt bedeutet nach Auffassung des AG, dass der Fahrer sich vor dem Öffnen der Fahrertür durch Rückschau hundertprozentig davon vergewissern muss, dass sich kein fahrendes Fahrzeug im Schwenkbereich der Tür nähert. Dies habe die Fahrerin des geparkten Pkw im vorliegenden Fall nicht getan, so dass sie das überwiegende Verschulden an dem Unfallereignis treffe.

Haftung nicht nur bei überraschendem Türöffnen

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 hat der BGH hierzu klargestellt, dass § 14 Abs. 1 StVO sich nicht ausschließlich auf solche Vorgänge beschränke, bei denen durch das unvorsichtige Öffnen einer Fahrertür ein Überraschungsmoment für andere Verkehrsteilnehmer eintrete. Das Gesetz stelle nämlich nicht auf das überraschende Öffnen einer Fahrzeugtür ab, sondern auf das Öffnen der Fahrzeugtür überhaupt. Hierbei spreche auch der Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung desjenigen, der die Fahrertür seines Fahrzeugs geöffnet habe. Dieser Beweis werde nur widerlegt, wenn sich herausstelle, dass der Unfall ausschließlich auf einen zu geringen Seitenabstand des Vorbeifahrenden zurückzuführen sei (BGH, Urteil v. 06.10.2009, VIZR 316/08).

Mitverschulden des Vorbeifahrenden

Vor diesem rechtlichen Hintergrund traf nach Auffassung des AG die Fahrerin des geparkten Fahrzeugs denn auch nicht das alleinige Verschulden. Der Fahrer des vorbeifahrenden Fahrzeugs habe sich nämlich nicht wie ein idealer Autofahrer verhalten. Bei aufmerksamer Beobachtung hätte er nach Auffassung des AG erkennen können, dass in dem geparkten Fahrzeug eine Person auf dem Fahrersitz saß. Er hätte daher mit einem Öffnen der Fahrertür rechnen müssen, so dass der von ihm eingehaltenen Seitenabstand von 70-75 cm zu knapp bemessen gewesen sei. Dieses Mitverschulden bewertete das AG mit einem Anteil von 25 %. Im Ergebnis war damit der überwiegende Schadensanteil von der Halterin bzw. der Versicherung des geparkten Fahrzeugs zu zahlen.

(AG Ellwangen, Urteil v. 07. 09.2012, 2 C 3 196/11)

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