Schmerzensgeld für Geisterfahrerin auf zwei Rädern

Mit dem Fahrrad auf der Busspur und dann auch noch in falscher Richtung. Für den Zusammenstoß mit einem Auto wollte eine Fahrradfahrerin trotz ihres Fehlverhaltens Schmerzensgeld. Wie hoch das Mitverschulden des Autofahrers ist und ob dies ein Schmerzensgeld rechtfertigt, hat das OLG Frankfurt entschieden.

Geisterfahrende Radfahrer stellen im Straßenverkehr eine massive Gefahr dar. Dennoch sehen viele von ihnen darin nur einen Kavaliersdelikt oder noch weniger. So auch eine Frau, die mit ihrem Fahrrad entgegen der Fahrtrichtung auf einer Busspur fuhr. Sie kollidierte mit einem Auto, das aus einer Ausfahrt herausfuhr und die Busspur kreuzte. Die Fahrradfahrerin verlangte von dem Autofahrer Schmerzensgeld, trotz ihres offensichtlichen Fehlverhaltens.

Sowohl das Landgericht Frankfurt als auch das OLG Frankfurt lehnten dies ab. Die Radfahrerin hat keinen Anspruch aus Schmerzensgeld. Die Richter waren sich in ihrer Einschätzung einig, dass die klagende Radfahrerin ganz überwiegend Schuld an dem Unfall hat.

Verstoß gegen Sorgfaltspflichten

Indem sie die Busspur in falscher Richtung befuhr, hat die Radlerin grob verkehrswidrig gegen die ihr gemäß § 1 Abs. 2 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen. Danach hat jeder Verkehrsteilnehmer sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.

Mögliche Haftung des Autofahrers greift nicht

Dabei rechtfertigt allein die Tatsache, dass die Klägerin die Busspur entgegen der Fahrtrichtung befuhr, die Annahme eines verkehrswidrigen Verhaltens (vgl. OLG Celle, Urteil v. 31.01.2003, 14 U 222/02). Eine mögliche Haftung der Autofahrerin nach § 18 Abs. 1 StVG tritt daher im Rahmen der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 9 StVG, § 254 BGB zurück.

An dieser Einschätzung ändert auch die Tatsache nichts, dass nicht klar festgestellt werden konnte, ob die Autofahrerin vor ihrer Weiterfahrt nicht nur nach links, sondern auch nach rechts gesehen hatte – also in die Richtung, aus der die geisterfahrende Radfahrerin kam – bevor sie ihre Fahrt fortsetzte. Da auch noch Betonsäulen die Sicht nach rechts teilweise versperrten, hätte der Autofahrer zudem ein Stück über die Busspur fahren müssen, um freie Sicht zu haben.

Geringes Verschulden des Autofahrers

Die Richter sahen aufgrund dieser Sachlage bei der Autofahrerin höchstens geringes Verschulden, weil sie sich nicht von einem Dritten einweisen ließ. Einen Schadensersatzanspruch der Radfahrerin rechtfertigt das nicht.

(OLG Frankfurt, Urteil v, 05.06.2012, 4 U 88/11)

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